Welchen Einfluss haben E-Zigaretten auf die Lunge?
Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) untersuchen in einem neuen Projekt, wie sich E-Zigaretten-Dampf auf die Lungengesundheit auswirkt. Der interdisziplinäre Ansatz bündelt Projekte aller fünf Standorte. Das Vorhaben wird aus dem Preisgeld der Balzan Stiftung und zusätzlichen Mitteln des Zentrums finanziert. Den Balzan Preis erhielt das DZL im November 2019 für seine bedeutende Arbeit auf dem Gebiet der Pathophysiologie der Atmung.
Die Auswirkungen von E-Zigaretten auf die Lungengesundheit sind weitgehend unerforscht. Einerseits unterstellt man eine geringere Schädlichkeit im Vergleich mit herkömmlichen Zigaretten. Andererseits kam es im letzten Jahr in den Vereinigten Staaten zu einer Serie von schweren Lungenverletzungen – zum Teil mit Todesfolge. Unser Wissen über den Einfluss, den das Rauchen von E-Zigaretten auf das Zellgewebe von Lungen und Atemwegen hat, ist begrenzt. Auch die Langzeitauswirkungen sind unklar. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor besteht hinsichtlich der Vielzahl verschiedener Zusatzstoffe. Sicher ist jedoch, dass der Konsum von E-Zigaretten in der Bevölkerung sehr stark zunimmt.
Aus diesem Grund nutzt das DZL das Preisgeld der Balzan Stiftung für ein interdisziplinäres Projekt mit dem Titel “Effects of Short and Long Term Exposure to E-Cigarette Vapour” um zu untersuchen, wie E-Zigaretten die Lungengesundheit beeinflussen. Das thematische Forschungsspektrum reicht von zellbiologischen Untersuchungen in Tiermodellen bis hin zum Studium epidemiologischer Datenbanken. Das Forschungsprogramm umfasst drei Teilprojekte:
- Fruchtfliegen werden dem Dampf von E-Zigaretten aussetzt. Ändert sich daraufhin deren Lebensdauer? Kann man körperliche Veränderungen in der frühen Entwicklung der Atemwege feststellen? Werden Gene verändert abgelesen? Solche Fragestellungen kann man in diesem Tiermodell gut untersuchen. Fruchtfliegen besitzen ein einfaches Immunsystem, das auf Stressfaktoren ähnlich reagiert wie das angeborene Immunsystem von Säugetieren. Die einfache Züchtung der Fliegen erlaubt es, schnell Ergebnisse zu erhalten und viele Substanzen zu testen.
- In einem zweiten Teilprojekt stehen mit E-Zigaretten-Dampf behandelte Mäuse im Zentrum der Untersuchungen. An ihnen studieren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Einfluss auf entzündliche Vorgänge der Lunge, die Lungenfunktion und das Blutgefäßsystem. Wie kommen diese Mäuse mit Infektionen zurecht? Was passiert, wenn die Lungen zunächst eine lange Zeit konventionellem Zigarettenrauch ausgesetzt werden und erst dann E-Zigaretten-Dampf? Dieser Versuch soll die umstrittene Frage beantworten, ob es sinnvoll ist, E-Zigaretten zur Substitution und anschließenden Entwöhnung zu nutzen.
- Im epidemiologischen Teilprojekt greifen die DZL-Wissenschaftler auf Daten aus der deutschlandweiten NAKO-Gesundheitsstudie zurück. Als grundsätzliche Frage steht im Raum, wie viele Menschen welchen Alters E-Zigaretten wie oft nutzen. Gibt es Verbindungen zu chronischen Lungenerkrankungen wie COPD oder Asthma? Sieht man in Magnet-Resonanz-Tomographien (MRT) von E-Zigaretten-Nutzer Veränderungen der Atemwege, der Lunge und des Herz-Kreislauf-Systems? Die NAKO eignet sich zur Beantwortung dieser Fragen besonders, da sie mit 200.000 Teilnehmern einen Querschnitt durch die Gesellschaft darstellt.
Über die Laufzeit von drei Jahren erwarten sich die Beteiligten wichtige Erkenntnisse, die Risiken und Gefahren des Konsums von E-Zigaretten besser einschätzen lassen. Das Projekt wird aus dem Preisgeld des Balzan Preises finanziert und um zusätzliche Eigenmittel des DZL ergänzt. Den Preis hatte das DZL im November 2019 für seine hervorragenden Leistungen auf dem Gebiet der Pathophysiologie der Atmung erhalten. Das nun startende Forschungsvorhaben beruht hauptsächlich auf Projekten junger Wissenschaftler, die das DZL so besonders unterstützen möchte.
Titel des Projekts: “Effects of Short and Long Term Exposure to E-Cigarette Vapour”
Principal Investigators: Prof. Dr. med. Werner Seeger, Gießen; Prof. Dr. med. Hans-Ulrich Kauczor, Heidelberg; Prof. Dr. med. Klaus F. Rabe, Großhansdorf, Prof. Dr. med. Erika von Mutius, München; Prof. Dr. med. Tobias Welte, Hannover
Co-Applicants (Research Group Leaders, Junior Investigators and Post-Docs): Dr. rer. nat. Hanna Angstmann, Forschungszentrum Borstel; PD Dr. med. Sascha David, Medizinische Hochschule Hannover; Dr. med. Stefan Karrasch, Klinikum der Universität München; Dr. med. Claudius Melzig, Universitätsklinikum Heidelberg; PD Dr. med. Natascha Sommer, Justus-Liebig-Universität Gießen; Prof. Dr. med. Susanne Krauss-Etschmann, Forschungszentrum Borstel