Hoffnung auf Linderung schwerer Atemstörungen

„Für die Erkrankten sind die Atembeschwerden die größte Gefahr“, beschreibt der Neurologe Dr. Guglielmo Lucchese die Ausgangslage, „aber die tatsächlichen Schäden der Lunge erklären nicht in allen Fällen, warum es zu diesen starken Beschwerden kommt und dass so viele Menschen daran sterben“. Dieses medizinische Phänomen sei seit März bekannt, so der Wissenschaftler und Assistenzarzt. Da zudem erwiesen ist, dass das Coronavirus das Nervensystem angreift, hat sich das Forschungsteam der Neurologischen Klinik der Universitätsmedizin Greifswald dieser Schädigung angenommen.

Dabei stellten die Forscher um Klinikdirektorin Prof. Agnes Flöel fest, dass die Viren eine sehr ähnliche Struktur wie menschliches Eiweiß von Hirnstammzellen aufweisen. Es kann also sein, dass das körpereigene Immunsystem zumindest bei einem Teil der Erkrankten das zentrale Nervensystem angreift. Betroffen sind insbesondere die Nervenzellen, die als Schrittmacher für die Atmung dienen: „So ein immunologischer Mechanismus ist bei dieser Schädigung wahrscheinlich“, fasst Lucchese die Ergebnisse zusammen. Diese These müsse jetzt bei Infizierten überprüft werden.

Sollten Flöel und ihr Team Recht behalten, wären die zentral bedingten Atemstörungen bei schweren Verläufen von Corona möglicherweise auch mit Wirkstoffen zu bekämpfen, die auf das Immunsystem wirken. „Solche Medikamente gibt es längst“, versichert Lucchese, „es gab bisher nur keinen Grund, sie bei Corona zu benutzen“.

Zur wissenschaftlichen Veröffentlichung der Ergebnisse
https://doi.org/10.1016/j.autrev.2020.102556