Neue S3-Leitlinie: bessere Versorgung für Betroffene mit follikulärem Lymphom
Das Leitlinienprogramm Onkologie hat unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) die S3-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge für Patient*innen mit follikulärem Lymphom erstellt. Das follikuläre Lymphom zeichnet sich durch ein heterogenes klinisches Erscheinungsbild aus. Ziel der neuen S3-Leitlinie ist es, die Versorgung zu optimieren und sowohl bei der Ersterkrankung als auch bei einem Rückfall ein qualitätsgesichertes Therapiekonzept zu gewährleisten, das an die individuellen Versorgungsbedarfe der Patient*innen angepasst ist.
Die neuen Leitlinienempfehlungen sehen vor, in einem frühen Erkrankungsstadium eine Bestrahlung in Kombination mit einer Systemtherapie durchzuführen. „Bei einer begrenzten Strahlentherapie können Rezidive außerhalb des Bestrahlungsgebietes auftreten. Aus diesem Grund kann eine zusätzliche Behandlung mit einer Immuntherapie in Form einer begleitenden Antikörperbehandlung angebracht sein“, so der Koordinator der Leitlinie, Prof. Dr. Wolfgang Hiddemann vom Klinikum der Universität München.
In einem fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung ist das Behandlungsziel, krankheitsbedingte Symptome zu lindern, sowie das progressionsfreie Überleben und das Gesamtüberleben zu verlängern. Die Wahl der Therapie hängt stark von der Symptomatik, dem klinischen Verlauf und der Tumorlast ab. „Bei symptomfreien Patientinnen und Patienten in fortgeschrittenen Stadien soll ein Watch-and-Wait-Ansatz verfolgt werden, also ein abwartendes Beobachten“, so Hiddemann. „Studien haben gezeigt, dass Betroffene, bei denen dieser Ansatz verfolgt wird, keinen Nachteil gegenüber einer sofortigen Einleitung einer Therapie haben.“ Patient*innen mit hoher Tumorlast, die unter Symptomen leiden, sollen mit einer Kombination aus Chemo- und Antikörpertherapie behandelt werden, sofern sie keine Behandlungseinschränkungen haben. Beim Ansprechen auf diese Therapien soll eine zweijährige Erhaltungstherapie mit einem Anti-CD20-Antikörper durchgeführt werden.
Auch die Therapieauswahl bei einem Rezidiv richtet sich nach individuellen Parametern, beispielsweise nach Vortherapie, Zeitpunkt des Rezidivs, klinischer Symptomatik, Alter, Komorbidität und Patientenwunsch. „Für viele Patientinnen und Patienten kann eine Wiederholung der Therapie mit Antikörpern oder in Kombination mit einer Chemotherapie infrage kommen, dabei ist es wichtig, Toxizitäten zu vermeiden“, sagt Hiddemann. Wenn die Therapie jedoch nicht anspricht und Transplantationsverfahren nicht zur Verfügung stehen, können auch innovative Therapieverfahren zum Einsatz kommen. „Allerdings sollten diese Therapien unbedingt im Rahmen klinischer Studien stattfinden, da der Stellenwert dieser Therapien zum Teil noch nicht vollständig geklärt ist.“
Das follikuläre Lymphom gehört zu der Gruppe der Non-Hodgkin-Lymphome, die eine maligne Erkrankung des Lymphsystems darstellt. Laut dem Robert Koch-Institut erkranken in Deutschland jährlich 3.100 Patient*innen an einem follikulären Lymphom. Frauen erkranken etwas häufiger als Männer, das Durchschnittserkrankungsalter liegt bei 66 Jahren.
An der S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge für Patienten mit einem follikulären Lymphom waren insgesamt 64 ehrenamtlich arbeitende Fachexpert*innen von 21 Fachgesellschaften und Organisationen beteiligt. Die Leitlinie ist auf dieser Webseite abrufbar: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/follikulaeres-lymphom/
Zudem sind die Inhalte in der kostenfreien Leitlinien-App integriert. Android-Smartphone- und iPhone-Nutzer können die Leitlinien-App hier herunterladen: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/app/
Das Leitlinienprogramm Onkologie (OL)
Leitlinien sind systematisch entwickelte Entscheidungshilfen für Leistungserbringer und Patient*innen zur angemessenen Vorgehensweise bei speziellen Gesundheitsproblemen. Sie stellen ein wesentliches Instrument zur Förderung von Qualität und Transparenz medizinischer Versorgung dar. Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. und die Deutsche Krebshilfe haben sich mit dem im Februar 2008 gestarteten Leitlinienprogramm Onkologie das Ziel gesetzt, gemeinsam die Entwicklung und Fortschreibung sowie den Einsatz wissenschaftlich begründeter und praktikabler Leitlinien in der Onkologie zu fördern und zu unterstützen. Mittlerweile umfasst das Leitlinienprogramm 26 S3-Leitlinien, die zu einem großen Teil auch als laienverständliche Patientenleitlinien vorliegen. Mehr unter: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/home/
Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V.
Die DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. besteht seit über 80 Jahren und hat heute mehr als 3.500 Mitglieder, die in der Erforschung und Behandlung hämatologischer und onkologischer Erkrankungen tätig sind. Mit ihrem Engagement in der Aus-, Fort- und Weiterbildung, dem Onkopedia-Projekt, mit der Wissensdatenbank, mit der Durchführung von Fachtagungen und Fortbildungsseminaren sowie mit ihrem gesundheitspolitischen Engagement fördert die Fachgesellschaft die hochwertige Versorgung von Patientinnen und Patienten im Fachgebiet. In mehr als 30 Themen-zentrierten Arbeitskreisen engagieren sich die Mitglieder für die Weiterentwicklung der Hämatologie und der Medizinischen Onkologie. Informationen unter: https://www.dgho.de/