Rekonvaleszenten-Plasma: Keine Silberkugel gegen Corona
Original Titel:
Lessons learned from early compassionate use of convalescent plasma on critically ill patients with Covid-19
- Passive Impfung durch Plasma genesener COVID-19-Patienten: Die Silberkugel gegen Corona?
- Behandlung von drei Patienten mit Rekonvaleszenten-Plasma
- Gesamt-IgG statt neutralisierender Antikörper problematischer als gedacht
MedWiss – Ein Hoffnungsträger für Schwerstkranke mit COVID-19 ist Blutplasma von Menschen, die eine COVID-19-Erkrankung überstanden haben. Die Antikörper im Blut können als passiver Impfschutz gegen das Virus dienen. Ein internationales Expertenteam berichtete nun den klinischen Verlauf von drei kritisch erkrankten Patienten mit COVID-19, die eine Rekonvaleszenten-Plasma-Behandlung erhielten. Das Plasma enthielt nicht nur neutralisierende Antikörper, sondern das gesamte Immunoglobulin G. Es wurde kein therapeutischer Effekt gesehen. Die Experten mahnen zur Vorsicht.
Das Management kritisch erkrankter Patienten mit COVID-19, ausgelöst durch das neue Coronavirus SARS-CoV-2, ist eine große Herausforderung. Ein neuerer Hoffnungsträger für diese Fälle war das Blutplasma von Menschen, die eine COVID-19-Erkrankung überstanden hatten. Die im Blut enthaltenen Antikörper sollten als passiver Impfschutz dienen und so Schwerstkranken im Kampf gegen das Virus helfen. Inzwischen gab es aber verschiedene inkonsistente Berichte zur Behandlung kritisch Erkrankter mit Rekonvaleszenten-Plasma. Plasma sollte mit einem neutralisierenden Antikörpertiter produziert werden und in spezialisierten Labors getestet werden. Allerdings sind die Möglichkeiten zur Massenproduktion und der optimalen Bedingungen für diese Produktion limitiert. Besonders können offenbar viele Hersteller kaum die neutralisierenden Antikörper isolieren. Ein internationales Expertenteam berichtete nun den klinischen Verlauf von drei kritisch erkrankten Patienten mit COVID-19, die eine Rekonvaleszenten-Plasma-Behandlung erhielten. Das Plasma enthielt nicht nur neutralisierende Antikörper, sondern das gesamte Immunoglobulin G.
Passive Impfung durch Plasma genesener COVID-19-Patienten: Die Silberkugel gegen Corona?
Drei Patienten mit COVID-19 waren im Labor positiv auf SARS-CoV-2 getestet und zeigten radiographisch und klinisch eine Pneumonie. Rekonvaleszenten-Plasma wurde nach Gesamt-IgG-Titer gewonnen (160 ml, zwischen 200-225 ml). Die Patienten wurden zwischen 20 und 30 Tagen nach Krankheitsbeginn, in der Phase kritischer Erkrankung, als Versuch ergänzend zur Standardbehandlung transfundiert. Der klinische Verlauf der Patienten wurde anschließend analysiert.
Behandlung von drei Patienten mit Rekonvaleszenten-Plasma
Bei keinem der drei Patienten zeigten sich therapeutische Effekte des Rekonvaleszenten-Plasma. Stattdessen verschlechterte sich der Zustand der drei Patienten, so dass sie mit ECMO (extracorporeal membrane oxygenation) behandelt werden mussten. Ein möglicher Zytokinsturm wurde 4 Stunden nach Infusion mit Rekonvaleszenten-Plasma bei Patient 2 beobachtet. Es wurden keine weiteren Patienten mehr mit Rekonvaleszenten-Plasma in dieser Studie transfundiert.
Gesamt-IgG statt neutralisierender Antikörper problematischer als gedacht
Die Autoren empfehlen extreme Vorsicht bei der Anwendung von Rekonvaleszenten-Plasma bei kritisch erkrankten Patienten, deren COVID-19-Pneumonie bereits mehr als zwei Wochen andauert. Dabei können mehrere Faktoren eine kritische Rolle spielen: Die Dauer der schweren Erkrankung, und die Zusammensetzung des Rekonvaleszenten-Plasma, das mit dem gesamten Immunoglobulin G, statt mit isolierten neutralisierenden Antikörpern gegen SARS-CoV-2, eventuell mehr schaden als nutzen könnte.
[DOI: 10.1111/trf.15975]
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