Studie belegt antidepressive Wirksamkeit des digitalen Selbstmanagement-Programms iFightDepression

Eine neue Studie des Forschungszentrums Depression der Stiftung Deutsche Depressionshilfe spricht für die gute Wirksamkeit des Online-Programms iFightDepression bei leichter und mittelgradiger Depression. Die Ergebnisse zeigen, dass das Selbstmanagement-Programm die depressiven Symptome deutlich verbessern kann. iFightDepression ist ein internetbasiertes, kostenfreies Selbstmanagement-Programm der Stiftung Deutsche Depressionshilfe für Menschen mit leichteren Depressionsformen ab 15 Jahren. Ähnlich wie bei einer Psychotherapie lernen die Betroffenen in sechs Kernmodulen, wie sie Selbstüberforderung vermeiden, mit negativen Gedankenschleifen umgehen oder wie Schlaf und Stimmung zusammenhängen.

iFightDepression-Tool verbessert depressive Symptome stärker als Entspannungstraining
In der randomisierten kontrollierten Studie erhielten die Patienten zufällig entweder Zugang zu dem iFightDepression-Tool oder einem Online-Entspannungstraining, wobei in beiden Gruppen eineunterstützende Begleitung durch das Studienzentrum angeboten wurde. Über sechs Wochen nahmen insgesamt 347 Teilnehmer und Teilnehmerinnen, begleitet durch Psychologen des Studienzentrums, an einem der beiden Programme teil. Die Probanden füllten wöchentlich Fragebögen zu ihrem Befinden aus. Um Langzeiteffekte zu prüfen, wurden die TeilnehmerInnen nach drei, sechs und zwölf Monaten erneut befragt.

Nach sechs Wochen zeigten PatientInnen, die iFightDepression genutzt hatten, eine signifikant bessere gesundheitsbezogene Lebensqualität als die PatientInnen in der Kontrollgruppe mit dem Online-Entspannungstraining (5,3 Punkte im Vergleich zu 2,8 im Entspannungstraining, gemessen mit der Skala SF-12). Nach drei Monaten war zudem in der iFightDepression-Gruppe gegenüber der Kontrollgruppe eine signifikante Besserung der depressiven Symptomatik nachweisbar (Reduktion um 8,2 vs. 5,9 Punkte im Symptomfragebogen IDS-SR). iFightDepression-NutzerInnen bewerteten zudem das Programm im Vergleich besser und würden es lieber weiterempfehlen oder erneut nutzen. Die erreichten Verbesserungen blieben über ein Jahr hinweg stabil und vergrößerten sich sogar noch. Am Ende der Nacherhebungszeit berichteten die TeilnehmerInnen beider Gruppen im Durchschnitt „leichte“ depressive Symptome und verbesserten sich damit von „mittelgradigen“ Symptomen, die zu Studienbeginn berichtet wurden.

Besonders stringentes Studiendesign

Die Ergebnisse der aktuellen Studie stimmen mit anderen Studien zur Wirksamkeit von Online-Programmen überein, stärken diese sogar durch das besondere Studiendesign. Bisherige Forschungsergebnisse basieren häufig auf Studien, die Programme gegen Wartelisten oder inaktive Kontrollbedingungen getestet haben. „Das Problem bei der Interpretation der meisten Studien ist jedoch, dass depressiv Erkrankte eher mit Verzweiflung und Frustration als mit Hoffnung reagieren, wenn sie nur in eine Warteliste oder eine inaktive Kontrollgruppe gelost worden sind.Es wird deshalb nicht gegen ein Placebo geprüft, sondern eher gegen das Gegenteil, ein Nocebo“, erläutert Prof. Ulrich Hegerl, Vorsitzender der Stiftung Deutsche Depressionshilfe/ Senckenberg-Professur an der Goethe-Universität Frankfurt. In der Studie des Forschungszentrums Depression der Stiftung Deutsche Depressionshilfe wurdedeshalb als aktive und hoffnungs-vermittelnde Kontrollbedingung ein Online-Entspannungstraining verwendet, um diese mögliche Verfälschung zu vermeiden.Die Studie wurde im Journal of Medical Internet Research veröffentlicht und kann unter www.jmir.org/2020/7/e15361/ abgerufen werden. Die Studie wurde gefördert von der Deutsche Bahn Stiftung gGmbH.

Online-Programme gewinnen an Bedeutung

Die große Mehrheit der in Deutschland über 5,3 Millionen depressiv Erkrankten wird von Hausärzten und Fachärzten (Psychiater, Nervenärzte) überwiegend mit Antidepressiva behandelt. Nur ein kleinerer Teil der PatientInnen erhält primär Psychotherapie und dies oft erst nach langen Wartezeiten. Beschleunigt durch das Inkrafttreten des digitalen Versorgungsgesetzes in diesem Jahr in Deutschland und durch mehr Offenheit für Digitalisierung als Reaktion auf COVID19 findet ein Wandel im Gesundheitssystem hin zu Onlineangeboten statt. „In der Behandlung der Depression können internetbasierte Programme von Hausärzten, Fachärzten oder Psychologischen Psychotherapeuten unterstützend zu einer Behandlung mit Antidepressiva oder face-to-face-Psychotherapie eingesetzt werden. Daher ist es besonders wichtig, solide wissenschaftliche Wirksamkeitsnachweise zu haben“, resümiert Prof. Ulrich Hegerl. „Diese methodisch stringente Studie unterstreicht den Stellenwert von professionell begleiteten Online-Programmen in der Versorgung der Menschen mit Depressionen. Sie leisten einen Beitrag, Versorgungsdefizite zu reduzieren und die Patienten im Umgang mit dieser schweren Erkrankung zu unterstützen“, so Hegerl weiter.<

Neue Version anhand von Nutzer-Feedback erarbeitet

Aktuell arbeitet die Stiftung Deutsche Depressionshilfe an einer neuen Version von iFightDepression. Auf Basis zahlreicher Rückmeldungen wird die Funktionalität weiter verbessert und die Inhalte leichter zugänglich dargestellt.

Das Programm ist derzeit in zwölf Sprachen verfügbar (deutsch, englisch, italienisch, estnisch, ungarisch, griechisch, norwegisch, spanisch, katalanisch, baskisch, albanisch, arabisch). Zudem gibt es in vielen Sprachen eine spezielle Version für junge Menschen. iFightDepression setzt eine Begleitung durch einenArztoderPsychologischenPsychotherapeutenvoraus, da es wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass begleitete Programme wirksamer sind. Das Programm ist sowohl für Fachpersonal als auch für PatientInnen kostenfrei. Mehr Informationen unter: www.deutsche-depressionshilfe.de/ifightdepression

Über die Stiftung Deutsche

DepressionshilfeZiel der 2008 gegründeten Stiftung Deutsche Depressionshilfe ist es, einen wesentlichen Beitrag zur besseren Versorgung depressiv erkrankter Menschen und zur Reduktion der Zahl der Suizide in Deutschland zu leisten. Vorstandsvorsitzender ist Prof. Dr. Ulrich Hegerl, der auch die Senckenberg-Professur an der Goethe Universität Frankfurt innehat. Die Schirmherrschaft hat der Entertainer und Schauspieler Harald Schmidt übernommen. Neben Forschungsaktivitäten bietet die Stiftung Betroffenen und Angehörigen vielfältige Informations-und Hilfsangebote wie das Diskussionsforum Depression und das deutschlandweite Info-Telefon Depression (0800 33 44 5 33). Unter dem Dach der Stiftung Deutsche Depressionshilfe koordiniert das Deutsche Bündnis gegen Depression zahlreiche lokale Maßnahmen: In über 87Städten und Kommunen haben sich Bündnisse gebildet, die auf lokaler Ebene Aufklärung über die Erkrankung leisten. www.deutsche-depressionshilfe.de