Coronamutant

Original Titel:
Effects of a major deletion in the SARS-CoV-2 genome on the severity of infection and the inflammatory response: an observational cohort study

Kurz & fundiert

  • Ist eine neue Mutation von SARS-CoV-2 klinisch relevant?
  • Analyse schwerer Verläufe bei Wildtyp-Virus und ∆382-Variante
  • Erste Daten deuten auf mildere Verläufe mit mutiertem Coronavirus

 

MedWiss – Forscher analysierten klinische Verläufe mit einer mutierten Variante von SARS-CoV-2 (∆382-Variante), die in Singapur, aber auch anderen Ländern gesehen wurde. Nach diesen ersten Daten könnte die ∆382-Variante von SARS-CoV-2 mit einer milderen Infektion assoziiert sein.


Das neue Coronavirus SARS-CoV-2 mutiert. Ob dies beunruhigend oder eher eine gute Nachricht ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ein Element ist die Wirksamkeit eines neuen Impfstoffs gegen die abgewandelten Viren, ein weiteres Element ist die Wirkung der Mutation auf die Erkrankungsschwere bei Infektion. Forscher analysierten nun eine Variante, in der eine Nukleotid-Deletion (382-Nukleotid, ∆382) in einer speziellen Region des Virusgenoms (ORF8) entdeckt wurde. Die ∆382-Variante wurde in Singapur, aber auch anderen Ländern gesehen. Betrachtet wurde nun der Effekt dieser Virusmutation auf die klinischen Eigenschaften der Infektion.

Ist eine neue Mutation von SARS-CoV-2 klinisch relevant?

Die Wissenschaftler identifizierten rückblickend Patienten, die auf die ∆382-Variante gescreened wurden. Die Patienten wurden für eine prospektive, beobachtende Kohortenstudie gewonnen, die in sieben öffentlichen Kliniken in Singapur durchgeführt wurde. Klinische, radiologische und Labordaten wurden aus den elektronischen Patientendaten gewonnen. Analysiert wurden auch die seriellen Blut- und Atemwegsproben, die während des Krankenhausaufenthalts und nach Entlassung genommen worden waren. Patienten, die mit der ∆382-Variante infiziert waren, wurden mit Patienten verglichen, die mit dem ursprünglichen Virus SARS-CoV-2 infiziert waren. Mittels Regressionsanalyse untersuchten die Forscher den Zusammenhang zwischen Infektionsgruppen und der Entwicklung von Hypoxie, durch die zusätzliche Sauerstoffzufuhr notwendig wurde. Dies galt als Indikator für eine schwere COVID-19-Erkrankung, den primären Endpunkt.

Analyse schwerer Verläufe bei Wildtyp-Virus und ∆382-Variante

Zwischen 22. Januar und 21. März 2020 wurden 278 Patienten mit PCR-bestätigter SARS-CoV-2-Infektion auf die ∆382-Deletion untersucht. 131 der Patienten wurden in die Studie aufgenommen. Von diesen waren 92 (70 %) mit dem Wildtyp infiziert, bei 10 Patienten (8 %) wurden sowohl Viren des Wildtyps als auch der ∆382-Variante nachgewiesen und 29 Patienten (22 %) hatten nur die ∆382-Variante.

Die Entwicklung einer Hypoxie mit zusätzlichem Sauerstoffbedarf war seltener bei Patienten, die mit der ∆382-Variante infiziert waren (0 von 29 Patienten) als bei Patienten, die mit dem Wildtyp infiziert waren (26 von 92, 28 %). Nach Adjustierung für Alter und Komorbiditäten war die Infektion mit der ∆382-Variante mit niedrigerem Risiko für eine Hypoxie mit zusätzlichem Sauerstoffbedarf im Vergleich zur Wildtyp-Infektion assoziiert (adjustierte Odds Ratio 0,07; 95 % Konfidenzintervall 0,00–0,48).

Erste Daten deuten auf mildere Verläufe mit mutiertem Coronavirus

Nach diesen ersten Daten könnte die ∆382-Variante von SARS-CoV-2 mit einer milderen Infektion assoziiert sein. Weitere Daten werden zeigen müssen, ob diese Mutation sich durchsetzt und sich der Effekt auf die klinischen Verläufe bestätigt. Welchen Implikation dies für die Entwicklung von Behandlungen oder Impfstoffen hat, ist noch offen.

[DOI: 10.1016/S0140-6736(20)31757-8]

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