Sensormatte beugt Haltungsschäden vor
Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA haben in Zusammenarbeit mit der isoloc Schwingungstechnik GmbH eine Sensormatte für Steharbeitsplätze entwickelt. Sie erfasst die Fußposition eines Mitarbeiters und erkennt Gewichtsverlagerungen. Damit könnte sie helfen Haltungsschäden vorzubeugen.
Sensormatten kommen in Fabrikhallen bisher vor allem dort zum Einsatz, wo Mensch und Roboter eng zusammenarbeiten. Sie sind dort im Einzugsbereich von Robotern ausgelegt und dienen der Arbeitssicherheit: Sobald ihre Sensoren einen Mitarbeiter registrieren, schalten sie den Roboter ab und verhindern so folgenschwere Arbeitsunfälle.
Dabei könnten die Sensormatten auch an Steharbeitsplätzen ohne Roboter Gutes bewirken. Sie könnten dabei helfen, das ergonomische Arbeiten zu verbessern, Haltungsschäden und daraus resultierende Arbeitsausfälle vorzubeugen. Denn langes Stehen, bei dem immer dasselbe Bein mehr belastet wird als das andere oder das Gewicht ungleichmäßig auf den Füßen verteilt ist, kann auf lange Sicht zu Beckenfehlstellungen, verspannten und schmerzenden Muskeln im Bereich der Wirbelsäule aber auch der Beine, des Nackens und der Schulter führen. Bandscheibenschäden und eine erhöhte Belastung der Gelenke durch veränderte, ungünstige Bewegungsabläufe können die Folge sein.
Sensoren messen durch die Schuhsohle hindurch
Raphael Neuhaus und Julian Stübing von der Abteilung Funktionale Materialien am Fraunhofer IPA haben nun zusammen mit isoloc eine Sensormatte für Steharbeitsplätze entwickelt, deren kapazitive Sensorik die Fußposition eines Mitarbeiters in Echtzeit erfasst und Gewichtsverlagerungen erkennt. »Damit können sie selbst kontrollieren, ob sie eine gesunde Körperhaltung einnehmen und bei Bedarf sofort korrigieren«, sagt Entwicklungsingenieur Stübing.
48 Sensoren pro Fuß haben die beiden Wissenschaftler schachbrettartig in ihre Steharbeitsplatz-Matte integriert. »Die Messungen erfolgen berührungslos durch die Schuhsohle hindurch«, erläutert Stübing. »Wenn ein Mitarbeiter also Sicherheitsschuhe mit starren Sohlen trägt, beeinträchtigt das das Messergebnis nicht. Es werden nur die Signale erfasst, die von der Fußsohle ausgehen.«
Über ein Bus-System und einen USB-Anschluss ist die Matte mit dem Computer des Mitarbeiters verbunden. Über ein Schachbrettmuster, bei dem jedes der 48 Felder für einen bestimmten Sensor steht, zeigt eine Software dem Mitarbeiter echtzeitnah an, wie stark welche Bereiche seiner Füße gerade belastet sind. Rot steht dabei für hohen, gelb für mittleren und grün für geringen Druck.
Ampelsystem zur Selbstkontrolle
»Im Moment liefert die Matte lediglich die Messdaten und veranschaulicht diese über das Benutzerinterface«, so Stübing, »eine Auswertung findet bisher nicht statt.« Das könnte sich aber bald schon ändern. Denkbar wäre zum Beispiel ein Ampelsystem, das anzeigt, ob ein Mitarbeiter gut steht (grün), ob es Verbesserungspotenzial gibt (gelb) oder er sein Gewicht sofort verlagern muss (rot), weil ein Bein zu lange zu stark belastet wurde.
Außerdem planen Stübing und Neuhaus, die Anzahl der Sensoren in der Matte zu erhöhen, um die Bildgebung zu verbessern. Ob und wie gut das funktioniert und ob eine Sensormatte mit derart hoher Auflösung überhaupt zu finanzieren wäre − das sind Fragen, die die beiden Wissenschaftler in einem weiteren Forschungsprojekt klären wollen.