Dresdner Uniklinikum startet Patientenversorgung mit neuem Linearbeschleuniger
Im August sind die ersten Patienten mit einem neuen hochmodernen Linearbeschleuniger in der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden behandelt worden. An mehreren Tagen hintereinander haben sie die jeweils etwa zehnminütigen Therapiesitzungen an diesem neuen, hochmodernen Gerät absolviert. In den kommenden Wochen erhöht sich die Anzahl der im Neubau des Nationalen Zentrums für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) bestrahlten Patienten weiter. Durch den neuen Linearbeschleuniger kann die Klinik ihr Behandlungsspektrum erweitern und zudem die Dauer der Therapiesitzungen für die Patienten verkürzen.
„Mit der neuen Gerätegeneration machen wir einen großen Sprung nach vorn“, sagt Prof. Esther Troost, die gemeinsam mit Prof. Mechthild Krause die Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie leitet. Davon profitiert auch Jens Ulrich. Er ist der erste Patient, der mit dem neuen Linearbeschleuniger in der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie des Dresdner Uniklinikums behandelt wurde. Durch Zufall hatten die Ärzte bei dem 50-Jährigen aus dem westsächsischen Dennheritz einen bösartigen Tumor im Beckenbereich diagnostiziert. Das war im vergangenen Dezember. Davor behandelten die Ärzte eine Thrombose im linken Bein. In der Computertomographie (CT) jedoch entdeckten die Mediziner den Tumor, der sich an und um die Gefäße im Becken entwickelt hatte.
Nach der Krebsdiagnose erhielt Jens Ulrich eine etwa sechsmonatige kombinierte Immun-Chemotherapie, der eine alleinige Immuntherapie folgte. Vorbereitend auf die Operation absolvierte der 50-Jährige parallel eine Strahlentherapie mit fünf Therapiesitzungen am Linearbeschleuniger (LINAC). „Mit der präoperativen Strahlentherapie haben wir die Möglichkeit, die Bereiche des Tumors zu bestrahlen, die sich gefäßnah befinden und können dort gezielt die Tumorzellen abtöten“, sagt die behandelnde Ärztin Dr. Christina Jentsch. „Die Strahlentherapie als Bestandteil der multimodalen präoperativen Therapie, kann somit wesentlich dazu beitragen, dass der Tumor von den Chirurgen komplett entfernt werden kann“. Jens Ulrich ist zufrieden mit der Therapie. Nachdem er auf der Liege des LINAC platziert wurde, dauert die Bestrahlung etwa zehn Minuten. „Man liegt entspannt und hat ein angenehmes Gefühl“, sagt er. Nun hofft er, dass die Operation gut verläuft und er als geheilt die Klinik verlassen kann.
Das Beispiel verdeutlicht den Einsatz des neuen Bestrahlungsgerätes („Versa HD – signature mit IntelliBeam“ der Firma Elekta). So kann die Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Dresden die Zahl der stereotaktischen Bestrahlungen erhöhen. Diese Therapieform, bei der die Behandlungsstrahlen aus verschiedenen Winkeln in großer Präzision punktgenau auf den Tumor treffen, ist hochwirksam und gleichzeitig für die Patienten gut verträglich. Neben der Vielzahl der technischen Neuerungen am Bestrahlungskopf und dessen Steuerung sorgt das bewegliche Patienten-Lagerungssystem für ein erweitertes Behandlungsspektrum: „Künftig können wir sehr kleine Felder mit hoher Dosis in kurzer Zeit bestrahlen“, sagt Prof. Troost. Ziele sind unter anderem Metastasen, kleinste Tumore oder auch zwei bis drei Millimeter große Lymphknoten. „Insbesondere für Patienten, bei denen in Folge einer Krebserkrankung nur einzelne Metastasen aufgetreten sind – Oligometastasierung genannt –, bietet sich durch die intensive Bestrahlung eine Chance für eine komplette Heilung.“ Davon profitieren unter anderem Patienten, die an Brust- oder Prostatakrebs sowie an Melanomen leiden.
Ein weiterer entscheidender Vorteil ist die Kombination von Bestrahlungskopf und integriertem Röntgengerät. Dies ermöglicht hochauflösende dreidimensionale Bildgebung während der Therapiesitzung, um die Lage des zu bestrahlenden Gewebes permanent zu kontrollieren. Dies ist insbesondere für Tumore in oder in der Nähe von beweglichen Organen wie Lunge, Darm oder Blase von großem Vorteil. Bisher verfügt die Klinik an zwei Behandlungsplätzen über die Kombination eines Linearbeschleunigers mit einem fahrbaren Computertomographen – ein CT on Rails. Hier wird jedoch mehr Zeit benötigt, um die notwendigen Bilder anzufertigen und mit dem Therapieplan abgleichen zu können. Dank der neuen, modernen Technik wird sich nun die Dauer der Vorbereitung und der eigentlichen Bestrahlung deutlich verkürzen. „Der Effekt dieser Technik für die Patienten und das Therapieansprechen soll in translationalen, patientennahen Studien des OncoRay erforscht werden“, ergänzt Prof. Mechthild Krause, die zudem das OncoRay – Nationales Zentrum für Strahlenforschung in der Onkologie – leitet.
„Mit dem neuen Linearbeschleuniger können wir das Therapiespektrum bei Krebserkrankungen maßgeblich erweitern“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Dresdner Uniklinikums. „Wir sind optimistisch, die Zahl der Patienten, die in den kommenden Monaten eine Behandlung mit dem Linearbeschleuniger erfahren, weiter zu erhöhen. Die positiven Rückmeldungen nach den ersten Therapiesitzungen machen uns zuversichtlich.“