Neuartige Hormontherapie bei fortgeschrittenem Prostatakrebs
Original Titel:
Abiraterone plus Prednisone in Metastatic, Castration-Sensitive Prostate Cancer
Das Wachstum und die Funktion normaler Prostatazellen sind abhängig von den männlichen Geschlechtshormonen, den sogenannten Androgenen. Auch für das Wachstum bösartiger Prostatazellen spielen Androgene eine wichtige Rolle. Die künstliche Absenkung der Androgene durch eine Androgenentzugstherapie, die auch Androgendeprivationstherapie (ADT) oder Hormontherapie genannt wird, also die Gabe von Medikamenten, die die männlichen Geschlechtshormone blockieren (Anti-Androgene), zeigte sich in der Vergangenheit wirksam bei fortgeschrittenem Prostatakrebs. Die meisten Patienten entwickeln jedoch eine Resistenz, d. h., die Therapie wird unwirksam. Häufig finden die medikamentös blockierten Prostatazellen neue Wege, um die Geschlechtshormone freizusetzen. Dadurch steigt der Hormonspiegel wieder an und die Erkrankung schreitet fort zum sogenannten kastrationsresistenten Prostatakrebs.
Ein neuartiges Medikament zur Hormontherapie ist das Abirateronactetat, welches die Bildung der männlichen Geschlechtshormone verhindert. Es muss allerdings in Kombination mit dem entzündungshemmenden, kortisonähnlichen Wirkstoff Prednison oder Prednisolon verabreicht werden, um die Giftigkeit zu senken. Bisher wurde es erfolgreich eingesetzt, wenn die Patienten auf eine Hormontherapie nicht mehr ansprachen, d. h., wenn sie kastrationsresistent wurden. In der LATITUDE-Studie wurde nun die klinische Wirksamkeit von Abirateronacetat (1000 mg in Tablettenform einmal täglich) kombiniert mit Prednison (5 mg täglich) und einer Hormontherapie untersucht. Hierbei wurden 1199 neu diagnostizierte Patienten mit metastasiertem Prostatakrebs untersucht, die den kastrationsresistenten Zustand noch nicht erreicht hatten. Da es sich um eine placebokontrollierte Studie handelte, wurden die Patienten in zwei Gruppen eingeteilt. Die Placebogruppe bekam nur eine Hormontherapie und die Abirateron-Gruppe bekam zusätzlich zu der Hormontherapie noch Abirateronacetat und Prednisolon verabreicht.
Der mittlere Beobachtungszeitraum betrug 30,4 Monate. Die Patienten in der Abirateron-Gruppe lebten deutlich länger als in der Placebogruppe. Das mittlere Gesamtüberleben lag bei 34,7 Monaten in der Placebogruppe, wohingegen das Ergebnis in der Abirateron-Gruppe so gut war, dass der Endpunkt der Auswertung in diesem Zeitraum nicht erreicht wurde. Das krankheitsfreie Überleben war in dieser Gruppe mit 3 Monaten ebenfalls deutlich länger als in der Placebogruppe, in welcher die Patienten 14,8 Monate ohne Wiederauftreten der Erkrankung überlebten. Auch das Auftreten von Schmerzen und allgemeinen symptomatischen Erscheinungen sowie die Zeit bis zur nächsten Therapie wurde in der Abirateron-Gruppe deutlich verzögert. Einzig Bluthochdruck und ein niedriger Kalium-Spiegel im Blut waren nennenswerte Nebenwirkungen, die vermehrt in der Abirateron-Gruppe auftraten, aber leicht zu behandeln waren.
Die hervorragenden Ergebnisse dieser Phase III Studie führten dazu, dass das Überwachungskomitee die Entblindung (Offenlegung der erhaltenen Behandlung) vorschlug und den Patienten der Placebogruppe die Verabreichung von Abirateronacetat plus Prednison ermöglichte. Mit der zusätzlichen Gabe von Abirateronacetat und Prednisolon zur Hormontherapie kann, dieser Studie zufolge, ein deutlich verlängertes Gesamtüberleben und ein verzögerter Krankheitsrückfall bei Patienten mit metastasiertem Prostatakrebs erzielt werden. Die Forscher schlussfolgern, dass eine frühzeitige Anwendung dieser Behandlung, die bereits die Bildung der männlichen Geschlechtshormone hemmt, möglicherweise effektiver für den Patienten sein könnte als die bisher angewandte Hormontherapie, bei der die Freisetzung der Hormone zwar für einen bestimmten Zeitraum blockiert wird, die allerdings meistens mit dem Auftreten eines Wirkungsverlustes (Kastrationsresistenz) und folglich einem Krankheitsrückfall verbunden ist.
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