Rätsel nach 16 Jahren gelöst
Die langjährige Fragestellung wie der Proteinkomplex CDK-activating kinase (CAK), der die zentralen Prozesse der Zellteilung und Transkription kontrolliert, genau aktiviert wird, konnte eine Würzburger Forschungsgruppe nun klären. Die Gruppe analysierte die aktive Form des Proteinkomplexes und konnte auf molekularer Ebene die Funktionsweise entschlüsseln. Diese neuen Erkenntnisse liefern die Grundlage für weitere Forschung an Krebsmedikamenten und wurden in dem renommierten Fachjournal PNAS veröffentlicht.
Die Zellteilung und die Transkription, also das Ablesen der Gene, gehören zu den wichtigsten Aufgaben einer Zelle und werden sehr genau reguliert, da Fehler in diesen Prozessen fatale Folgen wie Krebsentwicklung nach sich ziehen können. Spezielle Proteine, sogenannte Cyclin-abhängige Kinasen (CDK), regulieren im Zusammenspiel mit weiteren Proteinen diese Abläufe. CDK7 ist eine der wichtigsten dieser Kinasen beim Menschen. Die Struktur der Kinase selbst war schon seit 2004 bekannt, aber bislang wurde nicht verstanden, wie das Zusammenspiel der Proteine Cyclin H, MAT1 und CDK7 dazu führt, dass die Kinase innerhalb dieses Komplexes (CAK) ihre Aktivität entfalten kann. Dies gelang nun den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern um die Professorin Dr. Caroline Kisker vom Rudolf-Virchow-Zentrum – Center for Integrative and Translational Bioimaging der Universität Würzburg, indem sie die Struktur des Komplexes in seiner aktiven Form entschlüsselten.
Genaue Funktionsweise des CAK aufgelöst
Der CAK-Komplex nimmt eine Schlüsselposition zwischen der Steuerung des Zellzyklus und der Transkription ein. „Über das Protein MAT1 kann der Komplex an den Transkriptionsfaktor TFIIH binden und damit kann das Ablesen der DNA starten“, erklärt Stefan Peissert, der Erstautor der Studie.
Normalerweise werden die Cyclin-abhängigen Kinasen, wie ihr Name das bereits andeutet, durch Cycline aktiviert. „Die CDK7 nimmt aber eine besondere Stellung unter den Kinasen ein, da sie neben ihrem Bindungspartner Cyclin H noch den Aktivator MAT1 benötigt um aktiv zu werden“, erläutert Kisker. Der Aufbau der CDK7 war schon länger bekannt, allerdings nicht der des gesamten Komplexes, da die Bildung eines stabilen Proteinkristalls, der für die Strukturbiologie nötig ist, nicht möglich war. Der Forschungsgruppe gelang es jetzt mittels Röntgenkristallstrukturanalyse die Struktur des trimeren Komplexes erstmals in der aktiven Form zu entschlüsseln. Dabei konnten sie die entscheidenden Strukturveränderungen sichtbar machen, die zur Aktivierung führen. „Genau zu wissen, was auf molekularer Ebene passiert, hilft uns diesen wichtigen Proteinkomplex zu verstehen“, betont Kisker.
CDK7 als Zielprotein der Krebstherapie
In Krebszellen ist der CAK, und somit auch CDK7, durch seine zentrale Position ein hervorragender Angriffspunkt für Krebsmedikamente. In bestimmten Krebsarten können Inhibitoren, die die Funktion des Proteins hemmen, das Tumorwachstum bremsen. „Da nun die Struktur des aktiven Zentrums des Proteinkomplex bekannt ist, ergeben sich ganz neue Angriffsmöglichkeiten für CDK7-Inhibitoren“, sagt Jochen Kuper, der als Postdoc in der Gruppe forscht. Ein weiterer Aspekt den die Forschungsgruppe in Zukunft untersuchen möchte, ist der biochemische Mechanismus nachdem unterschieden wird, ob die Transkription oder der Zellzyklus reguliert wird.
Wie hochaktuell die Forschung an dem CAK ist, zeigt auch die Tatsache, dass eine weitere Forschungsgruppe um Prof. Dr. Eva Nogales an der Berkeley University fast zeitgleich mit einer anderen Methode die Struktur des Komplex entschlüsselte. Die Ergebnisse der beiden Studien ergänzen sich und sind beide in PNAS erschienen.
Publikation
Stefan Peissert, Andreas Schlosser, Rafaela Kendel, Jochen Kuper, Caroline Kisker: Structural basis for CDK7 activation by MAT1 and Cyclin H. PNAS (Oktober 2020) doi: org/10.1073/pnas.2010885117.
Personen
Stefan Peissert forscht als Doktorand in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Caroline Kisker am Rudolf-Virchow-Zentrum – Center for Integrative and Translational Bioimaging der Universität Würzburg.
Dr. Jochen Kuper (Postdoktorand) forscht in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Caroline Kisker am Rudolf-Virchow-Zentrum – Center for Integrative and Translational Bioimaging der Universität Würzburg.
Prof. Dr. Caroline Kisker ist unter anderem Leiterin des Lehrstuhls für Strukturbiologie und Dekanin der Graduate School of Life Sciences der Universität Würzburg. Sie ist die Sprecherin des Rudolf-Virchow-Zentrum – Center for Integrative and Translational Bioimaging der Universität Würzburg. Mehr Informationen: https://www.uni-wuerzburg.de/rvz/lehrstuehle/lehrstuhl-fuer-strukturbiologie/about/