Die Faktoren einer erfolgreichen Heilung
Neuer Sonderforschungsbereich zu Regenerationsprozessen an der Charité
Die Knochenregeneration wird als Blaupause für die narbenlose Heilung verstanden. Welche Faktoren und Mechanismen dabei von Bedeutung sind, wie diese zusammenspielen und wie sie sich während des Alterns verändern, untersucht jetzt der neue Sonderforschungsbereich (SFB) „Gesteuerte zelluläre Selbstorganisation zur Verbesserung der Knochenregeneration“, der von der Charité – Universitätsmedizin Berlin getragen wird. Die Erkenntnisse sollen helfen, die genauen Vorgänge zu verstehen und eine Regeneration bis ins hohe Alter zu ermöglichen. Das Verbundprojekt wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zunächst für vier Jahre mit mehr als 12 Millionen Euro gefördert. Projektstart ist der 1. Januar 2021.
Knochengewebe ist eines der wenigen, das zu narbenloser Heilung und damit kompletter Wiederherstellung von Struktur und Funktion fähig ist. Damit ist Knochen auch ein ideales Modellsystem, um generelle Prinzipien körpereigener Heilung und zellulärer Selbstorganisation zu verstehen. Während diese Heilungsprozesse bei Jungen und Gesunden grundsätzlich gut funktionieren, verändern sich diese Abläufe bei älteren oder vorerkrankten Menschen: Mit zunehmendem Alter, Mangel an Bewegung, chronischen Entzündungen und metabolischen Erkrankungen kommt es auch zu einer Veränderung der Knochenheilung. Muskuloskeletale Erkrankungen treten daher bei Älteren häufiger auf. Grundsätzlich werden jedoch alle diese Patienten ähnlich versorgt, obwohl das Heilungspotenzial von Mensch zu Mensch stark variieren kann. Ein tiefergehendes Verständnis der Veränderungen körpereigener Heilungsprozesse aufgrund von Alterung, Stoffwechselerkrankungen oder veränderter Immunantwort – sogenanntes „Immunoaging“ – fehlt weitestgehend. Ein solches Verständnis ist aber Voraussetzung für eine individuelle Behandlung dieser Patientinnen und Patienten.
„Der Beginn der Heilung ist für den langfristigen Erfolg ausschlaggebend“, erläutert Prof. Dr. Georg N. Duda, Sprecher des neuen Forschungsverbundes, Direktor des Julius Wolff Instituts für Biomechanik und Muskuloskeletale Regeneration an der Charité und BIH-Chair for Engineering Regenerative Therapies. „Wenn die Heilung zu Beginn entgleist, wird dies immer auch dazu führen, dass sie sich verzögert oder ganz ausbleibt. Zentral für eine erfolgreiche Heilung ist eine gut kontrollierte Immunantwort, eine ausreichende Versorgung sowie eine gut strukturierte Gewebegrundsubstanz.“ Bisher wurden diese drei Aspekte – Entzündung, Metabolismus und Mechanik – nur einzeln betrachtet. Der neue SFB 1444 „Gesteuerte zelluläre Selbstorganisation zur Verbesserung der Knochenregeneration – Directed Cellular Self-Organisation for Advancing Bone Regeneration“ soll zu einem besseren Verständnis der beteiligten Mechanismen und ihres koordinierten Zusammenspiels beitragen. Die grundlegenden Mechanismen, die zum Erfolg oder aber zum Scheitern körpereigener Regenerationsprozesse führen, werden hier – am Beispiel der Knochenregeneration – genauer untersucht. So soll entschlüsselt werden, wie die Wechselwirkungen kontrolliert und reguliert werden und wie sie sich während normaler Alterungsprozesse anpassen können, damit Regeneration bis ins hohe Alter möglich bleibt.
Das Verbundprojekt bringt führende Wissenschaftler aus Grundlagenforschung und Klinik der Charité, des Berlin Institute of Health (BIH), des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC), der Freien Universität Berlin, des Zuse-Instituts Berlin (ZIB) sowie des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung (MPIKG) und des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam zusammen. Insgesamt kooperieren 28 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in 16 Projekten. Neben Prof. Duda stellvertretender Sprecher ist Prof. Dr. Hans-Dieter Volk, Direktor des Instituts für Medizinische Immunologie und Sprecher des Regenerativen Schwerpunktes an BIH und Charité (BCRT).
„Unser langfristiges Ziel ist es, die Wechselwirkungen zwischen Entzündung, Metabolismus und Mechanik so zu beeinflussen, dass körpereigene Regeneration selbst in schwierigen Heilungssituationen ermöglicht wird“, sagt Privatdozentin Dr. Katharina Schmidt-Bleek, wissenschaftliche Koordinatorin des SFB. So soll die Voraussetzung für eine verbesserte Risikoabschätzung sowie für personalisierte Therapieansätze für Patientinnen und Patienten geschaffen werden.
Links:
Julius Wolff Institut für Biomechanik und Muskuloskeletale Regeneration