Long-COVID

Coronavirus-Impfstoffe: 5 Fragen, die wir uns stellen müssen

Original Titel:
Coronavirus vaccines: five key questions as trials begin

MedWissIn Seattle (USA) startete letzte Woche die erste klinische Phase-I-Studie zu Impfstoffen gegen das neue Coronavirus SARS-CoV-2. In der renommierten Fachzeitschrift Nature listete der Wissenschaftsjournalist Ewen Callaway nun 5 wichtige Fragen, die in Bezug auf die Entwicklung eines Impfstoffs gegen das Coronavirus relevant sind.


1) Entwickeln die Menschen eine Immunität gegen das Coronavirus?

Durch eine Impfung entwickeln Menschen eine Immunität gegenüber Erregern, ohne diesen im klassischen Sinne ausgesetzt zu sein. Studien zu anderen Coronaviren lassen vermuten, dass Menschen nach der Exposition eine Immunität gegenüber dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 entwickeln – zumindest für eine gewisse Zeit lang. Annahmen zur Immunität gegenüber dem neuen Coronavirus müssen nun durch wissenschaftliche Evidenz belegt werden, fordern Virologen.

Erste Studienergebnisse aus China zeigen, dass sich bei Rhesusaffen eine Immunität gegenüber dem neuen Coronavirus entwickelt. Nun geht es darum, diese Reaktion in klinischen Studien auch beim Menschen zu beweisen.

2) Wenn Menschen Immunität entwickeln – wie lange hält diese an?

Die Immunität des Menschen gegenüber den bekannten Erkältungs-Coronaviren ist nur von kurzer Dauer. Außerdem berichten Corona-Virologen davon, dass sich Personen mit hohem Gehalt an Antikörpern gegen das Virus dennoch infizieren können.

In Bezug auf die beiden anderen Coronaviren, die bereits zu Pandemien bzw. Epidemien geführt haben – SARS (Severe Acute Respiratory Syndrome) und MERS (Middle East Respiratory Syndrome) (MERS) – ist die Datenlage zur Immunität uneinheitlich. Der Corona-Virologe Stanley Perlman berichtete, dass bei Personen, die sich von MERS erholt hatten, ein steiler Abfall der Antikörper zu verzeichnen war. Hingegen ließen sich bei Personen, die SARS überstanden hatten, auch noch nach 15 Jahren Antikörper gegen das Virus nachweisen. Unklar ist allerdings, ob die Immunantwort ausreichen würde, um eine erneute Infektion zu verhindern.

3) Welche Art der Immunantwort sollte bei der Impfstoff-Entwicklung angestrebt werden?

Der derzeit in den USA getestete Impfstoff stammt von der Firma Moderna. Der Impfstoff basiert auf mRNA und soll das menschliche Immunsystem trainieren, Antikörper gegenüber das Spike-Protein zu bilden, welches dem Virus den Eintritt in die Zelle ermöglicht.

Der Virologe Michael Diamond erklärt dazu, dass ein solcher Versuch ein vernünftiger erster Schritt ist, die Zukunft aber auch zeigen kann, dass Immunreaktionen gegenüber dem Spike-Protein nicht ausreichen. So ist denkbar, dass ein wirksamer Impfstoff den Körper dazu anregen muss, Antikörper gegen andere Virusproteine oder T-Zellen, die infizierte Zellen erkennen und töten, zu bilden.

4) Wie können wir wissen, ob der Impfstoff wirkt?

Normalerweise wird erst an Tieren getestet, ob neue Impfstoffe sicher und effektiv sind, bevor klinische Studien an Menschen starten. Die Studien der Firma Moderna zu dem Coronavirus-Impfstoff laufen derzeit parallel an Tieren und Menschen. Gleiches gilt für die Firma Inovio, die ebenso an einem Impfstoff forscht und erste Studien an Menschen im April startet.

Inovio’s Impstoff, ein DNA-Molekül, das die Bauanleitung für das Spike-Protein vom Virus enthält, wurde bereits an Mäusen und Meerschweinchen getestet. Die Tiere produzierten als Reaktion sowohl Antikörper als auch T-Zellen gegen das Virus. Im Anschluss daran starteten Tests an Affen, die den Impfstoff verabreicht bekamen. In Kürze wird geprüft, ob die Affen durch die Impfung vor einer Infektion mit dem Virus geschützt sind.

Bevor nicht weitere Informationen aus Tierstudien vorliegen, werden auch keine größeren Studien an Menschen folgen, resümiert der Virologe Diamond. Wissenschaftler werden aus Studien an Menschen und Tieren mehr über die Infektion lernen und daraus ableiten können, welcher Impfstoff am besten wirken wird, sagt Diamond.

5) Wird der Impfstoff sicher sein?

Der Virologe Peter Hotez empfiehlt, die Sicherheit von Impfstoffen zunächst mithilfe von Tierstudien zu belegen, bevor diese an Menschen getestet werden. Nur so könnte das Risiko, dass eine Krankheitsverstärkung durch den Impfstoff auftritt, ausgeräumt werden.

Bei dem Impfstoff der Firma Moderna werden Studien nur dann fortgeführt, wenn die laufenden Tier- und Humanstudien keine Zweifel an der Sicherheit des Impfstoffs aufkommen lassen, erklärt Barney Graham, Sponsor der Firma Moderna. Während das Risiko für eine Krankheitsverstärkung durch den Impfstoff gering ist, sei das Risiko hingegen hoch, dass Impfstoffe nicht schnell genug weiterentwickelt werden und zur Verfügung stehen, erläutert er weiter.

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