Corona: Oxford-Impfstoff in Phase 2/3 – besonders gut für Ältere?
Original Titel:
Safety and immunogenicity of ChAdOx1 nCoV-19 vaccine administered in a prime-boost regimen in young and old adults (COV002): a single-blind, randomised, controlled, phase 2/3 trial
- Wie sicher und immunogen ist das Oxford-Vakzin bei älteren Menschen?
- Untersuchung von Wirksamkeit und Sicherheit bei jüngeren und älteren Menschen
- Vakzin-Kandidat effektiv immunogen und verträglicher für Ältere
MedWiss – Der britische Impfstoff ChAdOx1 nCoV-19 ist ein Vakzin für das neue Coronavirus mit einem Adenovirus-Vektor, der aus Schimpansen gewonnen wurde. Nun wurden erste Ergebnisse der Phase 2/3 berichtet, in denen die Sicherheit und Immunogenizität des Vakzins bei nach Alter gruppierten Teilnehmern, darunter auch ältere Erwachsene ab 70 Jahren, untersucht wurden. Das Vakzin war demnach bei älteren Menschen besser verträglich als bei jüngeren Erwachsenen. Die Immunogenizität war dagegen ähnlich über alle Altersgruppen hinweg.
Ältere Erwachsene ab 70 Jahren haben ein erhöhtes Risiko für schwerere Verläufe von COVID-19 – daher werden sie bei der Immunisierung priorisiert, wenn ein wirksames Vakzin entwickelt wird. Die Immunogenizität von Impfstoffen ist allerdings bei älteren Menschen aufgrund der Immunoseneszenz, also der Alterungseffekte im Immunsystem, häufig schwächer.
Der britische Impfstoff ChAdOx1 nCoV-19 ist ein Vakzin gegen das neue Coronavirus mit einem Adenovirus-Vektor, der aus Schimpansen gewonnen wurde. Das Vakzin nutzt das Spike-Protein von SARS-CoV-2. Die Immunogenizität von ChAdOx1 nCoV-19 wurde bereits bei jungen Erwachsenen beschrieben. Nun wurden auch erste Ergebnisse der Phase 2/3 berichtet, in denen auch die Sicherheit und Immunogenizität des Vakzins in einer weiter gefassten Gruppe von Teilnehmern, darunter auch ältere Erwachsene ab 70 Jahren, untersucht wurden.
Wie sicher und immunogen ist das Oxford-Vakzin bei älteren Menschen?
In der einzelblind, randomisiert und kontrolliert durchgeführten Studie wurden die Teilnehmer nach Alter gruppiert (18-55 Jahre, 56-69 Jahre sowie 70 Jahre und älter).
Im vorliegenden Bericht der Phase-2-Komponente wurde spezifisch die Sicherheit und Wirksamkeit (Immunogenizität) von einer Einzeldosis und der Zweifachdosis bei Erwachsenen ab 55 Jahren analysiert und mit den Effekten bei jüngeren Teilnehmern verglichen. Teilnehmer wurden innerhalb ihrer Altersgruppe, Dosierung und Studienzentrum zu Vakzin oder Kontrolle (Meningokokken-Konjugatvakzin MenACWY) randomisiert. Die Impfung erfolgte intramuskulär.
Die erste Impfung enthielt eine geringere Dosis (2·2 × 1010 Viruspartikel). Der Booster wurde 28 Tage nach der ersten Impfdosis gegeben, wiederum randomisiert allerdings mit höherer Dosis (3·5-6·5 × 1010 Viruspartikel von ChAdOx1 nCoV-19).
Blutwerte wurden vor Impfung und danach bestimmt; in der noch laufenden Studie kann dies bis zu ein Jahr nach der Impfung bzw. dem Booster geschehen. Dazu gehörten ELISA-Tests zur Bestimmung von Antikörpern gegen SARS-CoV-2, ein Multiplex-Immunoassay sowie ein Mikroneutralisationsassay gegen SARS-CoV-2 (MNA80). Die zelluläre Reaktion wurde mit ex-Vivo Interferon-γ Immunospotassay bestimmt.
Neben der Wirksamkeit, gemessen anhand der Fälle symptomatischer, virologisch bestätigter COVID-19-Erkrankungen, wurde die Sicherheit der Impfung anhand des Auftretens ernster adverser Ereignisse über 28 Tage nach Impfung untersucht.
Untersuchung von Wirksamkeit und Sicherheit bei jüngeren und älteren Menschen
Zwischen 30. Mai und 8. August 2020 wurden 560 Teilnehmer in die Studie aufgenommen:
- 18-55 Jahre: 160 Teilnehmer, (100 ChAdOx1 nCoV-19, 60 MenACWY)
- 56-69 Jahre: 160 Teilnehmer (120 ChAdOx1 nCoV-19; 40 MenACWY)
- 70 Jahre und älter: 240 Teilnehmer (200 ChAdOx1 nCoV-19; 40 MenACWY)
280 (50 %) von 552 analysierbaren Teilnehmern waren Frauen. Lokale und systemische Reaktionen waren bei Teilnehmern mit ChAdOx1 nCoV-19 häufiger als bei denen, die das Kontrollvakzin erhielten. Diese Reaktionen waren ähnlich zu den bereits berichteten: Schmerzen an der Injektionssstelle, Fiebergefühl, Muskelschmerzen, Kopfschmerz. Diese Reaktionen waren allerdings seltener bei älteren Erwachsenen ab 56 Jahren.
Bei Teilnehmern, die zwei Standarddosen von ChAdOx1 nCoV-19 erhielten, traten lokale und systemische Reaktionen mit folgenden Häufigkeiten auf:
- 18-55 Jahre: lokal 43 (88 %), systemisch 42 (86 %) von 49 Teilnehmern
- 56-69 Jahre: lokal 22 (73 %), systemisch 23 (77 %) von 30 Teilnehmern
- 70 Jahre und älter: lokal 30 (61 %), systemisch 32 (65 %) von 49 Teilnehmern
Bis 26. Oktober 2020 wurden 13 ernste adverse Ereignisse verzeichnet, von denen keines zu einem in der Studie eingesetzten Vakzine in Beziehung stand.
Bei Teilnehmern, die zwei Impfstoffdosen erhielten, zeigte sich im Median eine vergleichbare Antikörperreaktion (IgG Anti-Spike SARS-CoV-2) innerhalb von 28 Tagen nach der Booster-Dosis über alle Altersgruppen.
- 18-55 Jahre: 20 713 arbiträre Einheiten (AU)/mL [IQR 13 898-33 550], n=39
- 56-69 Jahre: 16 170 AU/mL [IQR 10 233-40 353], n=26
- ≥70 Jahre: 17 561 AU/mL [IQR 9705-37 796], n=47
Neutralisierende Antikörpertiter (medianer MNA80 am Tag 42) nach dem Booster waren ebenfalls vergleichbar in allen Altersgruppen:
- 18-55 Jahre, 193 [IQR 113-238], n=39
- 56-69 Jahre: 144 [IQR 119-347], n=20
- ≥70 Jahre: 161 [IQR 73-323], n=47
Bis 14 Tage nach der Boosterdosis zeigten 208 (> 99 %) von 209 Teilnehmern der Booster-Gruppe neutralisierende Antikörper. Die T-Zell-Antworten (mediane Zahl von Spot-formenden Zellen [SFC] pro Million peripherer mononukleärer Zellen im Blut) erreichten ihre Spitze 14 Tage nach der einzelnen Standarddosis von ChAdOx1 nCoV-19:
- 18-55 Jahre: 1187 SFC [IQR 841-2428], n=24
- 56-69 Jahre: 797 SFCs [IQR 383-1817], n=29
- ≥70 Jahre: 977 SFCs [IQR 458-1914], n=48
Vakzin-Kandidat effektiv immunogen und verträglicher für Ältere
ChAdOx1 nCoV-19 schien somit bei älteren Menschen besser verträglich zu sein als bei jüngeren Erwachsenen. Die Immunogenizität war dagegen ähnlich über alle Altersgruppen hinweg, speziell nach der Boosterdosis. Weitere Einschätzungen der Vakzinwirkung müssen nun über Altersgruppen, aber auch speziell für Menschen mit Komorbiditäten gewonnen werden.
[DOI: 10.1016/S0140-6736(20)32466-1]
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