Was Immunzellen über Schlafkrankheiten verraten
Daniela Latorre wollte schon als Kind Wissenschaftlerin werden. Am Institute for Research in Biomedicine, das zur USI in Bellinzona und zum Institut für Mikrobiologie gehört, findet sie Hinweise dafür, dass es sich bei der Narkolepsie um eine Autoimmunkrankheit handelt. Für ihre Pionierarbeit wurde sie unter anderem mit dem Pfizer Forschungspreis ausgezeichnet.Ist Narkolepsie eine Autoimmunerkrankung?
Die Narkolepsie zählt zu den chronischen Schlaf-Wach-Störungen und wird durch den Verlust an Neuronen im hinteren Hypothalamus ausgelöst. Das Gehirn kann als Folge davon nur geringfügig das Neuropeptid Hypokretin produzieren, das für den Schlaf-Wach-Rhythmus verantwortlich ist. Eine von 2000 Personen ist von dieser Krankheit betroffen.
Grundsätzlich besteht eine grosse Lücke auf diesem Forschungsgebiet, welche die junge Forscherin mit ihren Untersuchungen schliessen möchte. «Mit unseren Ergebnissen wird sich das Bewusstsein verbessern, was sich hinter dieser Krankheit versteckt», ist sie überzeugt. So will sie den Ursachen dieser Erkrankung weiter auf den Grund gehen. «Die Symptome können zwar behandelt werden, eine Heilung existiert hingegen nicht», merkt Latorre an. In ihrem gegenwärtigen und bisher grössten Forschungsprojekt untersucht sie autoimmune Faktoren, die zu dieser Krankheit führen könnten. Denn man vermutet, dass es sich bei der Narkolepsie um eine Autoimmunkrankheit handelt. Latorre konnte nun zeigen, dass dies sehr wahrscheinlich der Fall ist.
Die dazugehörige Forschung gestaltet sich alles andere als einfach: «Es ist äusserst schwierig, Forschungen auf diesem Gebiet zu betreiben. Man muss präzise und sensitive Messmethoden verwenden, um überhaupt die seltenen Immunzellen im Blut und der Zerebrospinalflüssigkeit bestimmen zu können», sagt Latorre. Bei einer Fehlfunktion des Immunsystems werden diese Zellen jedoch im Übermass produziert; sie schädigen dann die Neuronen im Hypothalamus und beeinträchtigen die Produktion des Hypokretins, was zur Narkolepsie führt.
Obwohl sich die Untersuchungen umständlich gestalteten, schaffte Latorre es dennoch, die autoreaktiven T-Zellen zu isolieren und charakterisieren. Dabei zielte sie auf neuronale Antigene in Narkolepsie-Patienten ab. Dies unter der Leitung von Federica Sallusto, Professorin für Immunologie an der ETH Zürich, und Professor Claudio Bassetti vom Inselspital Bern. Gemeinsam mit ihren Teamkollegen konnte Latorre erstmals nachweisen, dass autoreaktive T-Lymphozyten im Immunsystem von Patienten mit Narkolepsie gefunden werden. «Das ist eine klare Evidenz dafür, dass es sich bei Narkolepsie um eine Autoimmunerkrankung handelt », erklärt die gebürtige Italienerin.
Der Weg in die Klinik
Es war Sallusto’s Forschungskoordinator Claudio Bassetti, der Latorre während ihrer Zeit als Post-Doc am Institute for Research in Biomedicine in Bellinzona auf das Gebiet der Narkolepsie aufmerksam machte. So entstand die Kooperation zwischen dem Forschungsteam um Sallusto und dem Inselspital Bern. «Mediziner benötigen die Hilfe von Forschern, um praktische Fragen zu beantworten», sagt Latorre. Dank den Forschungsergebnissen können Klinikfachleute Mechanismen der Schlaferkrankung besser verstehen und effiziente Behandlungsmethoden entwickeln. «Noch ist es in einem zu frühen Stadium, um schon Patienten gezielt behandeln zu können. Aber wir arbeiten fieberhaft daran», meint sie.