Infektionsrisiken nach einer Transplantation vermeiden
Nach Organ- oder Stammzelltransplantation haben Patienten ein hohes Risiko für schwere Infektionen. Die Zahl dieser Komplikationen ist groß, doch über die Zusammenhänge zwischen Transplantation und Infektionen ist bisher zu wenig bekannt. Im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) wurde eine Kohorte etabliert, die eine exzellente Grundlage für Forschungen in diesem Problembereich bietet: Die Transplantationskohorte des DZIF stellt umfassende medizinische Daten und biologische Proben von transplantierten Patienten in ganz Deutschland zur Verfügung.
Die DZIF-Transplantationskohorte, die seit 2014 eingerichtet wird, enthält derzeit 21.025 Blutproben und 6.605 weitere Bioproben; insgesamt konnten bisher 1.661 Patientinnen und Patienten in die Datenbank aufgenommen werden. Dazu gehören Empfänger von Organen wie Herz, Nieren, Leber, Bauchspeicheldrüse sowie von Stammzellen. Sie alle sind nach einer Transplantation durch Krankheitserreger hochgradig gefährdet, da ihre Immunabwehr unterdrückt wird, um das neue Organ vor Abstoßung zu schützen. Daten aus anderen Registerstudien wie der Swiss Transplant Cohort Study zeigen, dass Infektionen bei bis zu 52 Prozent aller Todesfälle nach einer Organtransplantation als ursächlich gelten.
Eine soeben veröffentlichte Publikation beschreibt den Aufbau und die spezielle Zielsetzung der DZIF-Transplantationskohorte. „Wir müssen besser verstehen, wie es zu Infektionen kommt, welche Faktoren beim Spender und beim Empfänger eine Rolle spielen und wie man das Risiko verringern kann“ sind sich die Erstautoren, Dr. Daniela Schindler und Prof. André Karch, einig. Viel zu viele Fragen seien noch offen, der Forschungsbedarf sei nach wie vor groß. Mehr als 3.500 Organtransplantationen und 7.000 Stammzelltransplantationen werden jedes Jahr in Deutschland durchgeführt.
Obwohl es viele etablierte Kohortenstudien und Register in der Transplantationsmedizin gibt, fehlte es bisher an Daten, die das Infektionsgeschehen genauer in den Blick nehmen, und an der Möglichkeit, diese Daten mit Probenmaterial zu kombinieren. „Die Gewinnung von medizinischen Daten und Proben, nicht nur zu festen Zeitpunkten, sondern auch im Falle einer Infektion, ist die besondere Stärke der DZIF- Transplantationskohorte“, betont Schindler, die das Projekt koordiniert. Da mehrere Universitätskliniken und Transplantationszentren über das DZIF an der Kohorte beteiligt sind, können ausreichend viele Patientinnen und Patienten rekrutiert sowie Proben gesammelt werden. Nach der Aufnahme zum Zeitpunkt der Transplantation werden im ersten Jahr alle drei Monate medizinische Daten erhoben, anschließend jährlich. Dazu gehören Informationen zu Vorerkrankungen, bestehenden Infektionen, dem Verlauf der Transplantation, der Medikation und auftretenden infektiösen Ereignissen. Als Biomaterialien werden Blut-, Urin- und Stuhlproben in Biobanken nach höchsten Qualitätsstandards gesammelt.
Diese Datenbasis steht nun Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus dem DZIF sowie externen Forscherinnen und Forschern für ihre Untersuchungen zur Verfügung. „Indem wir detaillierte Informationen zu den verwendeten Medikamenten zur Immunsuppression sammeln und die Komplikationen sowie die Behandlungen genau dokumentieren, bieten wir ein breites Spektrum an Forschungsmöglichkeiten in diesem Feld an“, erklärt Daniela Schindler. Zukünftige Studien mit Proben und Daten der Kohorte können beispielsweise bestimmte virale Infektionen mit Komplikationen bei den Transplantierten in Verbindung bringen und die langfristige Wirkung von antiviralen Therapien als Vorsorgemaßnahme untersuchen. Bis 2023, so das Ziel der Beteiligten, sollen 3500 Patientinnen und Patienten in die Kohorte eingeschlossen und bis mindestens 2025 nachverfolgt werden.
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