Varizella-Zoster-Virus-spezifische Hyperimmunglobuline senken Risiko für Post-Zoster-Neuralgie

Kurz & fundiert

  • 40 Herpes-zoster-Patienten mit hohem Risiko für Post-Zoster-Neuralgie (PZN) bekamen zusätzlich zum Virostatikum entweder Varizella-Zoster-Virus-spezifisches Hyperimmunglobulin (VZV-IgG) oder ein Placebo
  • Patienten, die zusätzlich VZV-IgG bekamen, wiesen eine 50 %ige Reduktion der PZN-Inzidenz auf
  • Auch auf das individuelle Schmerzempfinden wirkte sich die frühe, zusätzliche Therapie mit VZV-IgG positiv aus

 

MedWiss – Herpes-zoster-Patienten mit einem hohen Risiko für Post-Zoster-Neuralgie (PZN) konnten von einer frühen Therapie mit einem Varizella-Zoster-Virus-spezifischen Hyperimmunglobulin (VZV-IgG) zusätzlich zum Virostatikum profitieren. Die Patienten, die die Kombinationstherapie erhielten, entwickelten seltener eine PZN als Patienten, die nur das Virostatikum bekamen.


Etwa 9-14 % der Patienten entwickeln nach der akuten Herpes-zoster-Phase eine Post-Zoster-Neuralgie (PZN). Das Risiko steigt unter anderem mit höherem Alter und mit einem schweren Herpes-zoster-Verlauf auf bis zu 65 % stark an. Die PZN äußert sich durch starke, brennende Schmerzen und kann die Lebensqualität der Betroffenen enorm einschränken. Da die Therapie der PZN eine große Herausforderung darstellt, ist es wichtig, dieser Komplikation vorzubeugen. Wissenschaftler aus Deutschland nahmen diesbezüglich ein Varizella-Zoster-Virus-spezifisches Hyperimmunglobulin (VZV-IgG) ins Visier. Es handelt sich hierbei um ein natürliches, polyvalentes IgG-Konzentrat, das einen hohen und standardisierten Anteil an natürlichen Antikörpern gegen das Varizella-Zoster-Virus (VZV) enthält und aus Blutplasma gewonnen wird. Die Wissenschaftler untersuchten, ob eine prophylaktische intravenöse Infusion mit VZV-IgG zusätzlich zum Virostatikum das Auftreten einer PZN bei Patienten mit akutem Herpes zoster und einem erhöhten Risiko verhindern kann.

Patienten mit einem erhöhten Risiko für PZN bekamen zusätzlich zum Virostatikum VZV-IgG oder Placebo

An der doppelblinden, randomisierten kontrollierten Studie nahmen 40 Patienten im Alter von über 50 Jahren und einem akuten Herpes zoster teil. Die Patienten wurden innerhalb von maximal 48 Stunden nach Auftreten der ersten Symptome in die Studie eingeschlossen. Alle Patienten hatten zu Beginn der Erkrankung moderate bis starke Schmerzen und wurden wegen schweren Hautläsionen in einer dermatologischen Klinik behandelt. Da es sich um komplexe Herpes-zoster-Fälle handelte und aufgrund des Alters (durchschnittlich 69,6 Jahre), hatten die Patienten ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung einer PZN. Die Wissenschaftler definierten eine PZN als Schmerz, der auf das zuvor von Herpes zoster betroffene Dermatom beschränkt war und eine Intensität von mindestens 15 Prozentpunkten auf einer visuellen Analogskala (VAS) aufwies. Die Patienten wurden nach dem Zufallsprinzip zwei verschiedenen Behandlungsgruppen (je 20 Patienten) zugewiesen. Während die eine Gruppe zusätzlich zu i.v. Aciclovir (5 Tage lang täglich 15 mg/kg Körpergewicht) an Tag 1 eine einzelne intravenöse Infusion von VZV-IgG (2 ml/kg Körpergewicht) erhielt (VZV-IgG-Gruppe, Verumgruppe), bekam die andere Gruppe statt VZV-IgG zusätzlich 5 % Humanalbumin (2 ml/kg Körpergewicht; Kontrollgruppe). Die Wissenschaftler untersuchten, wie häufig die Patienten beider Gruppen nach 42 Tagen unter einer PZN litten. Zudem analysierten sie das Schmerzempfinden (Intensität und Eigenschaften) der Patienten.

Reduktion der  PZN-Inzidenz nach zusätzlicher VZV-IgG-Infusion

Die Hautläsionen der Patienten waren nach durchschnittlich 7 Tagen verheilt. Diesbezüglich konnten keine Unterschiede zwischen den beiden Behandlungsgruppen festgestellt werden (p=0,35). Anders verhielt es sich bei dem Auftreten einer PZN. Die Wissenschaftler stellten im Vergleich zur Placebo-Gruppe in der VZV-IgG-Gruppe fest, dass signifikant weniger Patienten nach 42 Tagen eine PZN entwickelten. In der Kontrollgruppe entwickelten 70 % der Patienten (14 von 20 Patienten) eine PZN, während in der VZV-IgG-Gruppe 35 % der Patienten (7 von 20 Patienten) betroffen waren (p=0,027).

Verbessertes Schmerzempfinden nach VZV-IgG-Infusion

Die durchschnittliche Intensität der Schmerzen lag an Tag 42 bei der Kontrollgruppe bei 28,37 (visuelle Analogskala (VAS)) bzw. 28,58 (numerische Analogskala (NAS)) und bei der VZV-IgG-Gruppe bei 13,28 (VAS) bzw. 14,17 (NAS). Die Variabilität der Schmerzwahrnehmung war in der Kontrollgruppe größer als in der VZV-IgG-Gruppe (McGill Pain Questionnaire (MPQ)). Außerdem bewerteten die Patienten der Kontrollgruppe ihre Schmerzen als hartnäckiger (Revised Multidimensional Pain Scale (RMSS)). In Zusammenhang mit der VZV-IgG-Gabe traten keine unerwünschten Ereignisse oder Nebenwirkungen auf.

Die Wissenschaftler schlussfolgerten, dass eine frühe intensive Therapie mit VZV-IgG nicht nur die Inzidenz der PZN senkte – und zwar um 50 % – sondern auch positive Auswirkungen auf das individuelle Schmerzempfinden der Patienten hatte, wenn es zusätzlich zum Virostatikum in der akuten Phase angewandt wurde. Die Autoren betonten, dass zukünftige Studien auch den Verlauf über 42 Tagen hinaus untersuchen sollten.