Migräne
Kann elektrische transkutane Nervenstimulation akute vestibuläre Migräne lindern?
Original Titel:
External trigeminal nerve stimulation: Potential rescue treatment for acute vestibular migraine.
MedWiss – Für akute Anfälle vestibulärer Migräne, der Migräne mit ausgeprägtem Schwindel, gibt es bislang keine eigens dafür zugelassene und gezielte Therapie. Ob die Stimulation des Trigeminusnerven mittels elektrischer transkutaner Nervenstimulation (eTNS) akute Schwindelmigräne lindern kann, untersuchten nun Forscher in einer rückblickenden Analyse von Behandlungsdaten. Die kleine Patientengruppe zeigte vielversprechende Linderung. Die Wirksamkeit und Verträglichkeit dieses Behandlungsansatzes sollte nun also weiter untersucht werden.
Vestibuläre Migräne ist der häufigste neurologische Grund für Schwindel bei Erwachsenen. Gezielte Therapien für akute Anfälle vestibulärer Migräne sind allerdings noch nicht untersucht oder zugelassen. Zur Diskussion stehen aber aktuell mehrere Verfahren zur Nervenstimulation, die vor allem elektrisch über die Haut wirken (elektrische transkutane Nervenstimulation, eTNS). Dabei kann beispielsweise der Trigeminusnerv elektrisch durch die Haut angeregt werden, um bei akuten Attacken vestibulärer Migräne Symptome zu lindern.
Kann elektrische transkutane Nervenstimulation (eTNS) akute Schwindelmigräne lindern?
Forscher untersuchten nun rückblickend die Behandlungsdaten von 19 Patienten mit akuter vestibulärer Migräne, die in einer Klinik zwischen Mai 2018 und Juni 2019 jeweils eine 20minütige Behandlung mit eTNS erhielten. Vor der Behandlung wurde von jedem Patienten jeweils der Schweregrad der Schwindelattacke und Kopfschmerzen auf einer 10-Punkte-Skala (sogenannte visuelle Analogskala) eingeschätzt. Mit 0 Punkten wurden dabei keinerlei Schwindel bzw. kein Kopfschmerz angegeben. Mit 10 Punkten konnten die Patienten die schlimmsten vorstellbaren Schmerzen-/Schwindelattacken angeben. Im Anschluss an die eTNS-Behandlung sollten die Patienten erneut ihre Symptome bewerten (nach 15 min). Zusätzlich zu dieser Behandlung erfolgte auch eine genauere neuro-otologische Untersuchung vor und nach der eTNS-Sitzung.
Pilotstudie zur Wirksamkeit von Trigeminus-Stimulation mit eTNS
Die Patienten berichteten alle von einer Verbesserung ihres Symptomschweregrads mit Blick auf den Schwindel. Im Mittel bewerteten sie den Schwindel mit 6,6 Punkten auf der Skala bis 10 vor der Behandlung. Im Anschluss an die eTNS-Behandlung sank der Schweregrad auf durchschnittlich 2,7 Punkte. Im Mittel lag die Verbesserung der Schwindelsymptome bei einer Linderung um 61,3 % (+/- 32,6 %). Während der Schwindelattacken litten 14 der 19 Patienten auch unter Kopfschmerzen. Der Schweregrad der Kopfschmerzen wurde vor der eTNS-Behandlung im Mittel auf 4,8 Punkte auf der 10-Punkte-Skala eingeschätzt. Nach der Behandlung sank der Kopfschmerz auf durchschnittlich 1,4 Punkte und verbesserte sich somit im Mittel um 77,2 % (+/- 32,7 %). Neuro-otologisch zeigten sich keine Auffälligkeiten während der vestibulären Migräne-Anfälle – lediglich ein Patient zeigte einen spontanen Nystagmus, der nach der eTNS-Sitzung verschwand. Die Patienten berichteten weiter über Linderungen von empfundenem Augendruck, Kopfdruck und chronischen Gesichtsschmerzen. Es wurden keine Nebeneffekte der Behandlung berichtet, die die Patienten als intolerabel empfanden.
Weniger Schwindel, geringerer Schmerz nach Nervenstimulation
Diese kleine Studie deutet damit auf eine mögliche Linderung vestibulärer Migräne mit eTNS, der elektrischen transkutanen Nervenstimulation des Trigeminusnerven. Weitere Studien müssen mit größeren Patientengruppen evaluieren, wie verträglich und sicher die Behandlung ist und ob sie auch längerfristig für Patienten mit vestibulärer Migräne als Akuttherapie in Frage kommen könnte.
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