Dynamisches Modell des Sars-CoV-2-Spike-Proteins zeigt Ziele für neue Impfstoffe
Ein neues Modell erfasst Glykanmoleküle, deren Bewegungen einen Großteil des Spike-Proteins vor den Immunabwehrzellen abschirmen
Ein Schlüsselmerkmal von Sars-CoV-2 ist sein Spike-Protein, das sich auf seiner Oberfläche erstreckt und es ihm ermöglicht, menschliche Zellen anzuvisieren und zu infizieren. Umfangreiche Forschungen haben zu detaillierten statischen Modellen des Spike-Proteins geführt, aber diese Modelle erfassen weder die Flexibilität des Spike-Proteins selbst noch die Bewegungen der schützenden Glykan-Ketten der Zuckermoleküle, die es umhüllen. Ein neues, detailliertes Modell der Oberfläche des Spike-Proteins von Sars-CoV-2, das von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Biophysik in Frankfurt am Main erstellt wurde, zeigt bisher unbekannte Schwachstellen auf, die zur Entwicklung von Impfstoffen führen könnten.
Um die Impfstoffentwicklung zu unterstützen, wollten Mateusz Sikora und seine Kollegen neue potenzielle Zielstellen auf der Oberfläche des Spike-Proteins identifizieren. Dazu entwickelten sie Molekulardynamik-Simulationen, die die komplette Struktur des Spike-Proteins und seine Bewegungen in einer realistischen Umgebung erfassen.
Diese Simulationen zeigen, dass Glykane auf dem Spike-Protein wie ein dynamisches Schutzschild wirken, das dem Virus hilft, sich dem menschlichen Immunsystem zu entziehen. Ähnlich wie bei Autoscheibenwischern bedecken die Glykane fast die gesamte Spike-Oberfläche, indem sie hin- und herflattern, auch wenn ihre Abdeckung zu jedem Zeitpunkt minimal ist.
Durch die Kombination der dynamischen Spike-Protein-Simulationen mit weiteren bioinformatischen Analysen identifizierten die Forscher Stellen auf der Oberfläche der Spike-Proteine, die am wenigsten durch die Glykan-Schilde geschützt sind. Einige der entdeckten Stellen wurden bereits in früheren Forschungen identifiziert, aber einige sind neu. Die Anfälligkeit vieler dieser neuen Stellen wurde von anderen Forschergruppen in anschließenden Laborexperimenten bestätigt. „Wir befinden uns in einer Phase der Pandemie, die durch das Auftreten neuer Varianten von Sars-CoV-2 ständig verändert wird, wobei sich die Mutationen insbesondere im Spike-Protein konzentrieren“, sagt Sikora. „Unser Ansatz kann das Design von Impfstoffen und therapeutischen Antikörpern unterstützen, insbesondere wenn etablierte Methoden versagen.“ Die für diese Studie entwickelte Methode könnte auch angewendet werden, um potenzielle Schwachstellen anderer viraler Proteine zu identifizieren.
Originalveröffentlichung
Sikora, M.; von Bülow, S.; Blanc, F. E. C.; Gecht, M.; Covino, R.; Hummer, G.
Computational epitope map of SARS-CoV-2 spike protein
PLoS Comput. Biol. 17 (4): e1008790 (2021)
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DOI