Multiple Sklerose: EU-Zulassung für Ofatumumab
Die Europäische Kommission hat den Anti-CD20-Antikörper Ofatumumab am 29.03.2021 zur Therapie der aktiven schubförmigen Multiplen Sklerose bei Erwachsenen zugelassen.
Das Mittel wird subkutan gespritzt und kann nach Anleitung und supervidierter Therapieinitiierung vom PatientenInnen selbst appliziert werden.
Damit erweitert sich das Repertoire der Multiple-Sklerose-Medikamente erneut. Neben den Medikamenten Ocrelizumab und Rituximab (off-Label) ist der B-Zell-depletierende Wirkstoff Ofatumumab (vermarktet als Kesimpta®, Novartis) ein weiterer Anti-CD20-Antikörper für die Therapie der Multiplen Sklerose bei Erwachsenen. Die Zulassung erfolgte für alle Formen der aktiven schubförmigen Multiplen Sklerose (RMS), definiert durch klinische bzw. bildgebende Untersuchungen. „Das Präparat ist damit auch eine Option zur frühzeitigen Behandlung der aktiven MS“, sagt Prof. Ralf Linker, Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinikum Regensburg und Mitglied des KKNMS Vorstands sowie des Vorstands des Ärztlichen Beirates der DMSG, Bundesverband e.V.
Ofatumumab ist der erste B-Zell hemmende Wirkstoff, den PatientenInnen selbst mit Hilfe eines Fertigpens subkutan injizieren – und zwar einmal monatlich in einer Dosierung von 20mg, nach Einleitung der Therapie über 2 Wochen mit 3 Injektionen (alle 7 Tage). Der monoklonale Antikörper gelangt nach subkutaner Injektion rasch in die Lymphwege, wo er das Zelloberflächenmolekül CD20 spezifisch erkennt und daran bindet. Zwar findet nur die Initialbehandlungen an den Tagen 1, 7 und 14 unter Beobachtung statt. Dennoch ist es zwingend notwendig, dass PatientenInnen, die Ofatumumab erhalten, von spezialisierten und in der Therapie der MS erfahrenen ÄrztInnen engmaschig betreut werden. Zu den notwendigen und empfehlenswerten Kontrolluntersuchungen vor und während der Therapie gibt das KKNMS in Kürze ein Qualitätshandbuch heraus, ansonsten gelten die Vorgaben der Fachinformation.
Wirksamkeit und Verträglichkeit von Ofatumumab wurden in zwei doppelblinden, verumkontrollierten Phase 3-Studien (ASCLEPIOS I und II) untersucht und bestätigt. Dabei erhielten 1.881 PatientenInnen (im Durchschnitt: Erkrankungsbeginn vor 8 Jahren, EDSS-Wert 2,9 und kontrastmittelaufnehmende Läsionen vorhanden bei 40%) entweder Ofatumumab oder Teriflunomid. Die adjustierte jährliche Schubrate nahm in den jeweiligen Studien unter Ofatumumab um 50,5% bzw. 58,5% ab. Auch war das Risiko einer Behinderungsprogression (Verschlechterung des EDSS-Wertes) unter Ofatumumab um 34,4% (nach 3 Monaten) und 32,5% (nach 6 Monaten) verringert.
Die hauptsächlichen Nebenwirkungen nach Ofatumumab-Gabe waren milde bis moderate lokale Injektionsreaktionen sowie Nasopharyngitis (18,0 %), Infektionen der oberen Atemwege (10,3 %) und Harnwegsinfektionen (10,3 %). Eine Herpesvirus-assoziierte Infektion wurde bei 4,9 % der PatientenInnen berichtet.
„Insgesamt sehen sowohl das Wirksamkeits- als auch das Nebenwirkungsprofil zunächst sehr positiv aus, mit der Einschränkung, dass wir momentan erst einen Überblick über die Zeit der Studien haben“, sagt Prof. Zipp, Direktorin der Neurologie am Universitätsklinikum Mainz und Mitglied des KKNMS-Vorstands sowie des Vorstands des Ärztlichen Beirates der DMSG, Bundesverband e.V.
In der Verlängerungsstudie ALITHIOS werden die StudienpatientenInnen weiter nachbeobachtet und auch Daten aus der praktischen Anwendung bei PatientenInnen im Klinikalltag werden nun gesammelt.
Quellen
(1) Hauser, S. L., Bar-Or, A., Cohen, J. A., Comi, G., Correale, J., Coyle, P. K., … & Kappos, L. (2020). Ofatumumab versus teriflunomide in multiple sclerosis. New England Journal of Medicine, 383(6), 546-557.
(2) EMA Zulassungstext https://www.ema.europa.eu/en/medicines/human/EPAR/kesimpta