Lungenerkrankung COPD in Sachsen-Anhalt häufiger als im bundesweiten Durchschnitt: Regionale Unterschiede bei der Krankheitshäufigkeit von 7 Prozent im Landkreis Stendal bis 9 Prozent im Landkreis Anhalt-Bitterfeld
Es ist ein tückisches, weit verbreitetes und dennoch weitgehend unbekanntes Leiden. In Sachsen-Anhalt sind überdurchschnittlich viele Menschen von der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung COPD betroffen. Mit einer Krankheitshäufigkeit von 7,9 Prozent liegt das Land über dem bundesweiten Durchschnitt von 7,1 Prozent. Das zeigt der aktuelle „Gesundheitsatlas COPD“ des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), den die AOK Sachsen-Anhalt im Vorfeld des Weltnichtrauchertages am 31. Mai veröffentlicht hat.
Die COPD ist eine häufige Erkrankung der Lunge, bei der betroffene Patienten typischerweise unter Atemnot, Husten und Auswurf leiden. In Deutschland sind laut Gesundheitsatlas 3,4 Millionen Menschen davon betroffen. Der Landesbericht macht regionale Unterschiede bei der Krankheitshäufigkeit bis auf die Ebene der Kreise und kreisfreien Städte transparent. Insgesamt waren im Jahr 2019 unter allen Sachsen-Anhaltern ab 40 Jahren ca. 110.000 Menschen an COPD erkrankt. Die regionale Spanne ist dabei relativ gering. Der niedrigste Anteil an Patienten findet sich mit 7,0 Prozent im Landkreis Stendal, der höchste mit 9,0 Prozent im Landkreis Anhalt-Bitterfeld. In der Landeshauptstadt Magdeburg liegt er bei 7,9 Prozent.
Die Krankheitshäufigkeit steigt mit zunehmendem Alter. Männer sind insbesondere in den höheren Altersgruppen anteilig häufiger an COPD erkrankt als Frauen. Der höchste Anteil liegt in Sachsen-Anhalt bei Männern mit 16,6 Prozent in der Altersgruppe ab 90 Jahren und bei Frauen mit 12,1 Prozent in der Altersgruppe von 85 bis 89 Jahren. „Die Differenz zwischen den Geschlechtern kann durch das unterschiedliche Rauchverhalten bei Männern und Frauen erklärt werden“, sagt Marion Strickmann, Leiterin des Geschäftsbereichs Gesundheit und Medizin bei der AOK Sachsen-Anhalt. Denn: „Das Rauchen ist der wichtigste Risikofaktor für die Entwicklung einer COPD.“
In Deutschland raucht laut „Tabak-Atlas 2020“ des Deutschen Krebsforschungszentrums mit 23,0 Prozent etwa jeder vierte Erwachsene. Unter Männern ist der Raucheranteil mit 27,1 Prozent deutlich höher als unter Frauen, von denen 19,1 Prozent rauchen. Sachsen-Anhalt liegt über diesen Werten. Hier greifen 25,3 Prozent der Bevölkerung, 30,5 Prozent der Männer und 20,3 Prozent der Frauen regelmäßig zum „Glimmstängel“. Erfreulich, dass der Anteil der Rauchenden besonders bei den Jüngeren insgesamt sinkt. Laut Mikrozensus 2017 ist er seit 2013 um rund 3 Prozentpunkte von 27,9 Prozent auf 24,8 Prozent im Jahr 2017 zurückgegangen. Für die 55- bis 65-Jährigen war hingegen ein Anstieg um rund 0,5 Prozentpunkte zu verzeichnen. Von den über 75-Jährigen in Sachsen-Anhalt rauchten immerhin noch rund 4 Prozent laut Statistischem Landesamt.
Strukturierte Behandlung für eine bessere Kontrolle der Erkrankung
„Angebote und Kurse zum Rauchverzicht sind daher eine der wichtigsten Maßnahmen zur Bekämpfung von COPD “, so Marion Strickmann. Die AOK Sachsen-Anhalt engagiert sich seit Jahren für eine bessere und strukturierte medizinische Versorgung ihrer Versicherten mit einer COPD. So ist das Disease-Management-Programm (DMP) „AOK-Curaplan“ für COPD-Patienten ein fester Bestandteil der Versorgung. Aktuell sind rund 8.000 Versicherte der AOK Sachsen-Anhalt in dieses Programm eingeschrieben. „Das wichtigste Ziel bei der Versorgung von COPD-Erkrankten ist es, die Lebensqualität möglichst lange zu erhalten“, berichtet Strickmann. „Neben dem Rauchverzicht wird ein angemessenes körperliches Training angestrebt. Zudem sollen akute Verschlechterungen des Gesundheitszustands und nachfolgende Krankenhausaufenthalte vermieden werden, sodass das Alltagsleben der Patienten möglichst wenig eingeschränkt wird.“ COPD-Patienten gehören zu den Risikopersonen, die bevorzugt gegen Corona geimpft werden sollen, betont Marion Strickmann: „Insgesamt scheint bei COPD-Erkrankten der Verlauf der Covid-19-Erkrankung schwerer zu sein. So ist das Risiko für eine Krankenhausaufnahme bei COPD-Erkrankten leicht erhöht. Die Notwendigkeit einer intensivmedizinischen Behandlung, der Gabe von Sauerstoff oder einer invasiven Beatmung war bei Vorliegen einer COPD etwa doppelt so hoch.“
Weitere Risikofaktoren
Neben dem Anteil der Rauchenden scheint auch die Feinstaubbelastung eine Rolle für die Häufigkeit der COPD zu spielen. Zudem zeigt der Gesundheitsatlas auch einen Zusammenhang zwischen der COPD-Häufigkeit und der sozialen Struktur der Regionen. Menschen aus materiell und sozial benachteiligten Regionen sind häufiger von COPD betroffen als Menschen aus vergleichsweise wohlhabenden Regionen mit einem hohen sozialen Status. Auch berufliche Umstände (frühere) Tätigkeit im Bergbau spielen eine Rolle.
Der Gesundheitsatlas für Sachsen-Anhalt bietet neben einem Vergleich der tatsächlichen Krankheitshäufigkeit auch eine Modellrechnung, die einen „fairen“ Vergleich zwischen den Regionen ermöglicht. Hierbei werden die Unterschiede herausgerechnet, die durch die unterschiedliche Alters- und Geschlechtsstruktur der Bevölkerung in den einzelnen Kommunen des Landes entstehen. „Insgesamt bleiben die regionalen Unterschiede bei der Krankheitshäufigkeit im fairen Vergleich bestehen, die Ergebnisse unterscheiden sich kaum“, so Strickmann.
Hochrechnungsverfahren ermöglicht Aussagen auf lokaler Ebene
Für den Gesundheitsatlas wurde ein Hochrechnungsverfahren verwendet, das vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) in Zusammenarbeit mit der Universität Trier entwickelt wurde. Es erlaubt auf Basis der Abrechnungsdaten der AOK-Versicherten zuverlässige Aussagen zu Krankheitshäufigkeiten in der Gesamtbevölkerung Deutschlands bis auf die regionale Ebene. Unterschiede zwischen den AOK-Versicherten und der Gesamtbevölkerung in Bezug auf Alter, Geschlecht und Krankheitshäufigkeit werden dabei durch ein innovatives statistisches Verfahren herausgerechnet. Erklärtes Ziel dieser Analysen ist es, den Akteuren vor Ort fundierte Informationen über das Krankheitsgeschehen in ihrer Region bereitzustellen. In die Analyse einbezogen wurden Personen ab 40 Jahren mit Teilnahme am Disease-Management-Programm COPD oder einer ärztlich dokumentierten COPD-Diagnose.
Der „Gesundheitsatlas Sachsen-Anhalt“ zur chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung COPD steht zum kostenlosen Download zur Verfügung unter www.gesundheitsatlas-deutschland.de.
COPD: Was ist das?
Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung COPD ist eine Erkrankung, bei der eine Einengung der Atemwege („Obstruktion“) und in vielen Fällen eine Überblähung der Lunge („Emphysem“) vorliegen. Dadurch verschlechtert sich die Lungenfunktion und der Gasaustausch bei der Atmung funktioniert weniger gut. Typischerweise zeigen COPD-Patienten die „AHA“-Symptome: Atemnot, Husten und Auswurf. Diese Symptome nehmen im Krankheitsverlauf typischerweise zu, da die der COPD zugrunde liegende Lungenschädigung irreversibel ist. Zu Beginn der Erkrankung verspüren die Patienten Atemnot nur bei erhöhter körperlicher Belastung, in späteren Stadien liegt die Luftnot dann dauerhaft auch schon im körperlichen Ruhezustand vor.