Unerträgliches Leiden lindern
Verbund unter Erlanger Leitung entwickelt Handlungsempfehlungen zu sedierenden Medikamenten in der spezialisierten Palliativmedizin
Auch die letzte Lebensphase in Würde verbringen, möglichst ohne Schmerzen. Das wünschen sich viele Menschen mit schwerer, unheilbarer Erkrankung. „In der Palliativversorgung erreichen wir hierfür mittlerweile ausgesprochen viel. Bei einigen wenigen Patienten kann das Leiden jedoch so schwer sein, dass sie es trotz aller therapeutischer Maßnahmen als unerträglich beschreiben. Als besondere Behandlungsoption besteht in solchen Fällen die Möglichkeit einer gezielten Sedierung“, erläutert Prof. Dr. Christoph Ostgathe, Leiter der Palliativmedizinischen Abteilung des Universitätsklinikums Erlangen. Erhält ein Patient solche Medikamente, wird allerdings sein Bewusstsein eingeschränkt; er nimmt seine Umgebung nicht mehr richtig wahr, wird unselbstständig. Eine schwierige Situation, auch für das medizinische Personal: Wie handelt es richtig im Sinne des Betroffenen? Wie lassen sich seine Schmerzen möglichst gut lindern ohne seine Autonomie unnötig zu gefährden oder gar seine Lebenszeit zu verkürzen? „Mit den von uns entwickelten Handlungsempfehlungen ‚Einsatz sedierender Medikamente in der spezialisierten Palliativversorgung‘ können wir medizinischem Personal nun endlich wissenschaftlich fundierte, konkrete Ratschläge an die Hand geben“, betont Prof. Ostgathe. „Damit haben wir einen entscheidenden Meilenstein in der Versorgung schwer kranker Menschen erreicht.“
Die 42-seitige Broschüre wurde im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Verbundprojekts „SedPall – von der Anxiolyse bis zu tiefer kontinuierlicher Sedierung“ entwickelt und gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin e. V. herausgegeben. Zum Forschungsverbund, dessen Leitung Prof. Ostgathe innehat, gehören neben den Experten der Palliativmedizin des Uni-Klinikums Erlangen Kollegen vom Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Wirtschafts- und Medizinstrafrecht der FAU Erlangen-Nürnberg, der Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin des Universitätsklinikums München sowie des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin des Universitätsklinikums Halle (Saale).
Hilfestellung für Kollegen
Viele schwer kranke Patienten werden aktuell auf einer Palliativstation, durch einen Palliativdienst oder ein Team der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgung (SAPV) behandelt. „Doch die Mehrheit der Betroffenen wird von Hausärzten, niedergelassenen Fachärzten, Pflegediensten, Pflegefachkräften in Senioreneinrichtungen sowie Ärzten und Pflegefachkräften in Krankenhäusern betreut“, erläutert Prof. Ostgathe. „Auch ihnen möchten wir etwas an die Hand geben, damit sie wissen, dass und wann sie in einem konkreten Fall Kollegen aus der spezialisierten Palliativversorgung einbeziehen können; wenn beispielsweise eine Entscheidung zu gezieltem Sedieren getroffen werden muss oder sich ein Krankheitsverlauf andeutet, in dem eine gezielte Sedierung erforderlich wird.“
Übersichtlich und konkret
In der Broschüre sind alle Informationen zu dem komplexen Thema gebündelt und werden gut strukturiert sowie laienverständlich dargestellt. Auf die Vorbemerkungen, eine ethisch-rechtliche Einordnung und eine Übersicht über die Terminologie folgen die Kapitel „Indikation“, „Intention/Zweck“, „Entscheidungsprozess“, „Aufklärung/Einwilligung“, „Medikation und Formen der Sedierung“, „Monitoring/Überwachung“, „Umgang mit Flüssigkeit und Ernährung“, „Fortsetzung sonstiger Maßnahmen“, „Begleitung der Zugehörigen“ und „Unterstützung im Team“. Jedem Aspekt ist eine Doppelseite gewidmet.
Handlungsempfehlung „Einsatz sedierender Medikamente in der spezialisierten Palliativversorgung“