Therapieangebot für traumatisierte Geflüchtete im Saarland – verbunden mit wissenschaftlicher Studie
Etwa ein Drittel der Menschen, die aus Krisengebieten nach Deutschland geflüchtet sind, leidet unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung oder Depressionen. Bisher gibt es für sie nur wenige Therapieangebote, auch aufgrund von Sprachbarrieren. Im Rahmen einer Studie können jetzt rund 60 Betroffene in der Psychotherapeutischen Universitätsambulanz unter Leitung der Professorinnen Tanja Michael und Monika Equit behandelt werden.
Sie werden zugleich ein Ausdauersportprogramm absolvieren, das von Professor Tim Meyer am Institut für Sport- und Präventivmedizin wissenschaftlich begleitet wird.
Zerbombte Städte, Gewalterfahrung in Flüchtlingscamps, Todesangst im Schlauchboot auf dem Mittelmeer – für viele Geflüchtete ist der Weg nach Europa mit traumatischen Erlebnissen verknüpft. Laut verschiedener internationaler Studien leidet etwa ein Drittel der Geflüchteten noch Jahre später unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) oder Depressionen, oft auch gleichzeitig unter beiden Syndromen. Um die psychische Belastung Betroffener zu reduzieren, werden diese in einer traumafokussierten Therapie nochmals gedanklich mit den Erlebnissen konfrontiert. „Die Narrative Expositionstherapie (NET) hat sich hierbei als Behandlungsmethode bewährt, um den Leidensdruck von Opfern organisierter Gewalt und Kriegsgeflüchteten zu reduzieren. Bei depressiven Erkrankungen weiß man zudem seit Jahren, dass der Aufbau von Aktivitäten die Symptome lindern kann. Sport kann sich dabei besonders positiv auf die Behandlung auswirken“, erläutert Professorin Monika Equit, Leiterin der Psychotherapeutischen Universitätsambulanz der Universität des Saarlandes.
Gemeinsam mit Tim Meyer, Professor für Sport- und Präventivmedizin der Saar-Universität und Tanja Michael, Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie, will Monika Equit traumafokussierte Psychotherapie und Sport kombinieren und begleitend evaluieren. Die wissenschaftliche Studie wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit rund 525.000 Euro gefördert. „Bisher wurde nur untersucht, ob und wie Ausdauersport die Therapie von Depressionen oder Posttraumatischen Belastungsstörung verbessern kann. Ob und inwiefern sich dieser positive Effekt auch auf die Therapie gleichzeitig bestehender PTBS und Depression übertragen lässt, bleibt noch zu untersuchen“, erläutert die projektleitende Doktorandin, Charina Lüder.
Im Rahmen der NET-Studie wird eine solche Therapieform nun rund 60 Betroffenen aus dem Saarland sowie dem Saarpfalz-Kreis ermöglicht. Dabei werden auch Gelder bereitgestellt, um die Sprachmittlung in der Diagnostik und psychotherapeutischen Behandlung in verschiedenen Sprachen, wie Arabisch oder Farsi, gewährleisten zu können. Teilnehmen können erwachsene Geflüchtete mit bestehender Krankenversicherung und einer Verdachtsdiagnose einer Posttraumatischen Belastungsstörung und depressiver Symptomatik. Ausgenommen sind allerdings Schwangere sowie Personen, die schon viel Ausdauersport betreiben oder eine Erkrankung haben, die ein moderates Training ausschließt.
„Die Psychotherapie wird in der Universitätsambulanz auf dem Saarbrücker Campus und am Weiterbildungsinstitut für Psychotherapie in Saarbrücken (WIPS) durchgeführt. Das Ausdauersportprogramm, an dem die Hälfte der Probandinnen und Probanden teilnehmen wird, soll dreimal wöchentlich wohnortnah stattfinden und zu einem Termin pro Woche von wissenschaftlichen Hilfskräften der Sportmedizin und Klinischen Psychologie begleitet werden“, sagt Monika Equit. Sie bittet Beratungsstellen, Wohlfahrtsverbände, niedergelassene Psychotherapeuten, Ärztinnen und Ärzte sowie Privatpersonen, die in Kontakt mit Geflüchteten stehen, darum, diese auf die wissenschaftliche Studie aufmerksam zu machen.
Weitere Informationen: www.uni-saarland.de/lehrstuhl/michael/net-studie.html
Für mehr Informationen zur Studie oder bei Interesse an einer Studienteilnahme, wenden Sie sich an
B.Sc. Charina Lüder
Projektkoordination NET-Studie
Lehrstuhl für Klinische Psychologie und Psychotherapie
der Universität des Saarlandes
Tel. 0681 302-71037
Mail: charina.lueder(at)uni-saarland.de