Neue Pathomechanismen der Spontanen Bakteriellen Peritonitis bei Leberzirrhose
Destabilisierung der Zell-Zell-Kontakte durch zelluläre und bakterielle Proteasen
Wissenschaftlern der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin I des Universitätsklinikums Regensburg um Prof. Dr. Martina Müller-Schilling, PD Dr. Claudia Kunst, PD Dr. Karsten Gülow und Dr. Marika Haderer ist es in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Brochhausen-Delius vom Institut für Pathologie gelungen, einen wichtigen Beitrag zur Pathophysiologie von Lebererkrankungen zu leisten. Bei der Dekompensation einer Leberzirrhose kann es zur Translokation von Bakterien aus dem Darm in den Aszites kommen. Dies führt zu einer lebensbedrohenden Komplikation, der Spontan Bakteriellen Peritonitis (SBP).
Die Regensburger Wissenschaftler klärten den molekularen Mechanismus der bakteriellen Translokation auf, der in drei Abschnitte eingeteilt werden kann:
- Eine Leberzirrhose geht mit einer deutlich reduzierten Mukusschicht im Darm einher. Die Reduktion der schützenden Mukusschicht ermöglicht direkten Kontakt von Bakterien und Darmepithelzellen.
- Bei Kontakt von Bakterien und Darmzellen induzieren die Bakterien ein zelluläres Programm, das den proteasomalen Abbau eines entscheidenden Zell-Zell-Kontaktproteins, Occludin, einleitet.
- Zusätzlich besitzen die Bakterien die Fähigkeit, mit E-Cadherin ein weiteres essentielles Zell-Zell-Kontaktprotein zu spalten. Dies ermöglicht eine erstmals beschriebene bakterielle Protease.
Abbau der Zell-Zell-Kontaktproteine, Occludin und E-Cadherin durch zelluläre und bakterielle Proteasen führt zu einer Destabilisierung der Darmintegrität und begünstigt so den Übertritt von Bakterien aus dem Darm in die Bauchhöhle. Diese neu beschriebenen Pathomechanismen, insbesondere die bakterielle Protease, stellen wichtige Angriffspunkte für zukünftige Therapien dar. Ähnlich wie bei Tumortherapien bereits in klinischen Studien untersucht, kann das Proteasom gehemmt werden. Das Team der Inneren Medizin I arbeitet darüber hinaus bereits an der Identifikation von Inhibitoren der neu beschriebenen Protease. Diese Substanzen könnten in Zukunft, in Ergänzung zur etablierten Antibiotika-Therapie, zur Behandlung einer SBP eingesetzt werden.
Publikation:
Haderer M, Neubert P, Rinner E, Scholtis A, Broncy L, Gschwendtner H, Kandulski A, Pavel V, Mehrl A, Brochhausen C, Schlosser S, Gülow K, Kunst C, Müller M. Novel pathomechanism for spontaneous bacterial peritonitis: Disruption of cell junctions by cellular and bacterial proteases. Gut 2021.
doi: 10.1136/gutjnl-2020-321663