Metastudie zu epigenetischen Veränderungen im Gehirn bringt neue Einsichten in Demenzerkrankung
Saarländische Forscher waren an einer internationalen Studie beteiligt, in der epigenetische Veränderungen bei der Demenzerkrankung Alzheimer erforscht wurden. In der bislang weltweit größten Meta-Studie mit einzigartigem Probenmaterial wurden 84 neue Gene identifiziert, die erkrankungsassoziierte epigenetische Veränderungen aufweisen. Untersucht wurden in insgesamt sechs vereinten Studien 1400 Proben. Die Ergebnisse wurden jetzt im renommierten Fachjournal Nature Communications veröffentlicht.
All sechs Studien nutzten Proben von verstorbenen Patienten, die an Morbus Alzheimer erkrankt waren und vor dem Ausbruch der Krankheit einer Probenentnahme nach ihrem Ableben zugestimmt hatten. Die epigenetischen Veränderungen der DNA-Methylierung wurden an nahezu einer halben Million Stellen entlang des gesamten Genoms vermessen – alle Projekte erzeugten dabei vergleichbare Daten.
Die Daten der Saarbrücker Forscher um Epigenetik-Professor Jörn Walter wurden bereits 2018 als Einzelstudie veröffentlicht und konnten bereits damals zeigen, dass die verschiedenen Zelltypen des Gehirns unterschiedliche alters- und krankheitsabhängige Veränderungen des Epigenoms aufweisen. Die englischen Kollegen haben diese Erkenntnisse und weitere Studiendaten nun in ihre Meta-Analysen mit einbezogen und so einen viel tieferen Einblick in diese Veränderungen erhalten. Das Besondere an der Meta-Studie war, dass alle Studien die DNA-Methylierung in Gehirnzellen gemessen hatten und zudem den neurofibrillären Vernetzungsgrad in Gehirngeweben als einen wichtigen Parameter zur Definition der Schwere der Alzheimer-Erkrankung miteinbezogen hatten. So ergab sich eine breite Vergleichbarkeit der Daten.
Insgesamt wurden über alle Proben hinweg 220 Stellen mit epigenetischen Veränderungen gefunden, die nur in von Alzheimer betroffenen Regionen oder Zellen des Gehirns auftraten. Diese Stellen konnten insgesamt 84 Genen zugeordnet werden. Die Hälfte der Stellen zeigte auch eine deutliche Korrelation zur Schwere der Erkrankung – ein klarer Hinweis auf den Bezug zur Erkrankung.
Professor Jörn Walter und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter Gilles Gasparoni, die den saarländischen Beitrag der Studie leiteten, bemerken hierzu: „Diese fantastische Metastudie unserer englischen Kollegen zeigt, wie wichtig epigenetische Studien sind, um komplexen Erkrankungen wie Morbus Alzheimer biomedizinisch näher zu kommen. Die nächste Stufe ist, die biologische Bedeutung der Gene mit epigenetischen Veränderungen durch weitere biochemische und molekulare Analysen zu erforschen. Dies könnte unter anderem den Weg weisen, wie bereits existierende Substanzen verbessert eingesetzt werden können, um den Verlauf beziehungsweise die Symptome der Erkrankung zu mildern.”
Für die internationale Studie haben Forscherinnen und Forscher aus England (Universität Exeter, Leitung), den USA (Columbia Universität und Mount Sinai School of Medicine in New York, das Rush University Center in Chicago sowie die Arizona State University) und Europa (Universität Maastricht und die Universität des Saarlandes) zusammengearbeitet. Die Publikation hat den Titel: ‘A meta-analysis of epigenome-wide association studies in Alzheimer’s disease highlights novel differentially methylated loci across cortex’, und erscheint am heutigen Donnerstag in Nature Communications.
Originalpublikation: http://dx.doi.org/10.1038/s41467-021-23243-4