Depression
Ketamin eröffnet Chancen für die therapieresistente Altersdepression
Original Titel:
Pilot Randomized Controlled Trial of Titrated Subcutaneous Ketamine in Older Patients with Treatment-Resistant Depression.
MedWiss – Diese kleine Studie ermittelte die Sicherheit und Wirksamkeit von Ketamin mit nur wenigen Patienten im Alter von über 60 Jahren. Depressionsbetroffene mit Therapieresistenz profitierten deutlich häufiger vom Ketamin als von einem Vergleichsmedikament. Wiederholte Behandlungen erhöhten die Wahrscheinlichkeit der Symptomfreiheit.
Gerade Depressionen bei älteren Patienten können sich besonders renitent zeigen. Die Therapieresistenz im Alter, die auch ein erstes Symptom einer Demenzerkrankung sein kann, deutet auf andere Prozesse im Gehirn, als sei bei einer Depression im jüngeren Alter ablaufen. Zur Behandlung einer therapieresistenten Altersdepression wurde in früheren Studien Ketamin empfohlen. Eine australische Studie, die unter anderem an der Universität von New South Wales in Sydney unter Leitung von Neuropsychiaterin Prof. Loo durchgeführt wurde, überprüfte nun die Wirksamkeit und Sicherheit dieser Behandlung. Dabei wurde zusätzlich analysiert, ob mehrmalige Anwendung verträglich ist und zur verbesserten Wirksamkeit und möglicher Symptomfreiheit beitragen könnte.
Wie wirksam und sicher ist Ketamin bei Therapieresistenz von Altersdepression?
16 Patienten im Alter von mindestens 60 Jahren mit behandlungsresistenter Depression wurden in dieser Studie in abwechselnden Behandlungsphasen zufällig entweder mit einem Vergleichsmedikament (Midazolam) oder mit Ketamin (unter die Haut, also subkutan, injiziert) behandelt. Weder ihre Ärzte noch die Patienten selbst wussten jeweils, ob sie das Medikament oder die sogenannte aktive Kontrolle erhielten. Die Behandlung erfolgte in bis zu 5 Injektionen (0,1, 0,2, 0,3, 0,4 und 0,5 mg/kg) jeweils in einem Abstand von mindestens einer Woche. Nach einer Beobachtungsphase von einem halben Jahr wurden die Teilnehmer, die entweder einen Rückfall erlitten oder nie die Symptomfreiheit erreicht hatten, in einer offenen Studienphase weiterbehandelt. In dieser Phase erhielten die Patienten 12 separate Ketaminbehandlungen. Stimmung, Gehirnaktivität und typische in der Mimik sichtbare Symptome der Depression wurden an den Behandlungstagen von Beobachtern eingeschätzt, die nicht über die jeweilige Behandlung und Dosis informiert waren. Die Patienten wurden jeweils für ein halbes Jahr im Anschluss an die Behandlung beobachtet.
Beobachtungsphase von mindestens einem halben Jahr nach Behandlung mit Ketamin oder Kontrolle (Midazolam) mit kleiner Patientengruppe
7 der 14 Patienten, die die erste Studienphase komplett durchgeführt hatten, erreichten mit der Ketaminbehandlung Symptomfreiheit. Bei 5 dieser Patienten konnte dies mit einer Dosis von unter 0,5 mg/kg erreicht werden. Dosierungen über 0,2 mg/kg waren klar wirksamer als das Kontrollmedikament Midazolam. Ketamin wurde im Allgemeinen gut vertragen. Die wiederholte Behandlung führte außerdem mit höherer Wahrscheinlichkeit zur Befreiung von depressiven Symptomen oder einer längeren rückfallfreien Phase.
Vielversprechend: Symptomfreiheit mit Ketamin bei 50 % der Patienten
Diese Studie bietet damit erste, vorläufige Hinweise auf eine Behandlungsmöglichkeit bei der therapieresistenten Depression bei älteren Patienten. Die Dosierung des Ketamins kann dabei schrittweise für jeden Patienten angepasst werden, um die beste Wirksamkeit zu erreichen und gleichzeitig gut verträglich zu sein. Injektionen unter die Haut sind dabei eine gut anwendbare und akzeptierte Anwendungsform. Die Studie findet zusätzlich, dass wiederholte Behandlungen die Wahrscheinlichkeit der Symptomfreiheit erhöhen können.
Diese Studie war noch sehr klein, es wurden nur wenige Patienten behandelt und beobachtet. Ketamin gewinnt allerdings zurzeit bei verschiedenen Aspekten der Depressionsbehandlung an Bedeutung. Wenn eine Therapieresistenz vorliegt und andere Mittel ausgeschöpft sind, könnte dieser Ansatz also durchaus sinnvoll angedacht werden.
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