Industriechemikalien PFAS: Einige Bevölkerungsgruppen überschreiten teilweise den gesundheitsbasierten Richtwert
BfR empfiehlt Studien und Maßnahmen für eine weitere Minimierung der Aufnahme
Einige Bevölkerungsgruppen in Deutschland überschreiten mit ihrer Ernährung den gesundheitsbasierten Richtwert für bestimmte industriell hergestellte per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS). Dies ist das Ergebnis einer Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR). „PFAS sind in Lebensmitteln unerwünscht“, sagt Professorin Dr. Tanja Schwerdtle, Vizepräsidentin des BfR. „Obwohl die PFAS-Gehalte im Blut der Bevölkerung in den letzten Jahrzehnten deutlich zurückgegangen sind, weisen aktuelle Untersuchungen darauf hin, dass auch die derzeitigen Gehalte noch zu hoch liegen.“ Es bestehen derzeit allerdings noch wissenschaftliche Unsicherheiten bei der Abschätzung, wieviel PFAS tatsächlich aufgenommen werden und welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erwarten sind. „Die Menschen in Deutschland können die Aufnahme von PFAS kaum beeinflussen. Umso wichtiger ist es, Datenlücken zu schließen und die Aufnahme von PFAS trotz des rückläufigen Trends weiter zu vermindern“, ergänzt Vizepräsidentin Schwerdtle.
Link zur Stellungnahme „PFAS in Lebensmitteln: BfR bestätigt kritische Exposition gegenüber Industriechemikalien“
Die Gesamtschau der Ergebnisse zeigt, dass Teile der Bevölkerung in Deutschland gegenüber bestimmten PFAS oberhalb des gesundheitsbasierten Richtwerts exponiert sind. Betrifft dies Mütter, kann es bei ihren lange gestillten Säuglingen in den ersten Lebensjahren zu einer verminderten Konzentration an Impfantikörpern im Blutserum kommen. Bisher ist die Datenlage nicht ausreichend um zu beurteilen, ob für diese Kinder tatsächlich ein allgemein erhöhtes Infektionsrisiko besteht. Ebenfalls unzureichend ist gegenwärtig die Datenlage zur Frage, ob es bei entsprechender Expositionshöhe auch bei Erwachsenen und Jugendlichen zu Auswirkungen auf die Höhe der Konzentrationen von Impfantikörpern kommen kann.
Möglichen Risiken durch eine verminderte Bildung von Impfantikörpern bei lange gestillten Kindern stehen die zahlreichen und gut untersuchten Vorteile langen Stillens für Kind und Mutter entgegen.
Die mediane Exposition Erwachsener und Jugendlicher liegt im Bereich der tolerierbaren Aufnahmemenge für PFAS. Das heißt, dass bei etwa 50 Prozent der Erwachsenen und Jugendlichen die langfristige Aufnahme über die Ernährung den gesundheitsbasierten Richtwert von PFAS überschreitet. Besonders hohe Gehalte an PFAS wurden in Innereien, im Fleisch von Wildtieren und in bestimmten Fischarten nachgewiesen.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA, European Food Safety Authority) hat im Jahr 2020 eine neue tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge publiziert. Das BfR hat in der aktuell vorliegenden Stellungnahme die Ableitung des neuen gesundheitsbasierten Richtwerts überprüft und empfiehlt, diesen für Risikobewertungen zukünftig anzuwenden.
Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) sind Industriechemikalien, die aufgrund ihrer wasser-, fett- und schmutzabweisenden Eigenschaften vielfach in industriellen Prozessen und Verbraucherprodukten wie antihaftbeschichteten Pfannen, Outdoorbekleidung und Kosmetika eingesetzt werden. PFAS sind sehr langlebig und mittlerweile überall nachweisbar – in der Umwelt, in der Nahrungskette und im menschlichen Körper.
Über das BfR
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftlich unabhängige Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien- und Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.