COVID-19 / Erkrankung

Seltene Myokarditis nach mRNA-Impfung: Fallserie

Original Titel:
Myocarditis after BNT162b2 and mRNA-1273 Vaccination

Kurz & fundiert

  • Fallserie: 8 Patienten mit Brustschmerz nach mRNA-Impfung gegen SARS-CoV-2
  • Typische Anzeichen, Symptome und Diagnostik einer akuten Myokarditis
  • Gesunde Männer zwischen 21 und 56 Jahren
  • Gute Erholung teils ohne Medikation
  • Extrem selten: Eventuell nur 399 Fälle unter 129 Millionen mRNA-Geimpften

 

MedWiss – Hier berichteten Mediziner von 8 Patienten, die innerhalb von 2 – 4 Tagen nach der mRNA-Impfung wegen Brustschmerzen ins Krankenhaus eingewiesen wurden. Die Patienten wurden auf Basis von Laborwerten und MRT-Bildgebung mit Myokarditis diagnostiziert. Die Inzidenz scheint extrem selten zu sein (nach CDC-Berichtssystem bislang 399 Fälle bei 129 Mio. Geimpften). Alle hier beschriebenen Patienten erholten sich vollständig und teils ohne medikamentöse Behandlung.


Die mRNA-Impfstoffe der Firmen BioNTech/Pfizer (BNT162b2) und Moderna (mRNA-1273) sind weltweit wichtige Vakzine im Kampf gegen das neue Coronavirus. Bislang liegen vorwiegend Studiendaten und Beobachtungen vor, die nahelegen, dass beim Einsatz der mRNA-Impfstoffe keine wesentlichen unerwünschten Ereignisse zu erwarten sind bis auf sehr seltene allergische Reaktionen. Wie bei jeder Behandlung oder Impfung wird diese Einschätzung allerdings fortlaufend aktualisiert.

Früher wurde, besonders im Zusammenhang mit dem Pocken-Impfstoff, von Myokarditis und inflammatorischen myokardialen zellulären Infiltraten nach Impfungen berichtet. Solche Fälle traten in den klinischen Studien mit den mRNA-Vakzinen dagegen nicht auf.

Fallserie: 8 Patienten mit Brustschmerz nach mRNA-Impfung gegen SARS-CoV-2

Hier berichteten nun Mediziner von 8 Patienten, die innerhalb von 2 – 4 Tagen nach der mRNA-Impfung wegen Brustschmerzen ins Krankenhaus eingewiesen wurden. Die Patienten wurden auf Basis von Laborwerten und MRT-Bildgebung mit Myokarditis diagnostiziert.

Zwei der Patienten hatten eine vorherige SARS-CoV-2-Infektion ohne Bedarf einer Krankenhausbehandlung. Alle Patienten waren ansonsten gesunde Männer zwischen 21 und 56 Jahren. Alle, bis auf einen Patienten, entwickelten Symptome nach ihrer zweiten Dosis. Systemische Symptome begannen innerhalb von 24 Stunden nach der Impfung bei 5 von 8 Patienten. Brustschmerzen traten zwischen 48 und 96 Stunden später auf. Die Schmerzen wurden meist als konstant, nicht Lagerungs-abhängig und nicht pleuritisch beschrieben, sie wurden also nicht schlimmer beim Einatmen oder Husten. Lediglich ein Patient berichtete perikardiale Schmerzen. Dies war demnach konsistent mit einer akuten Myokarditis, meist ohne perikardiale Beteiligung.

Die Troponin-Werte waren bei allen Patienten erhöht und erreichten ihre Spitze am Tag nach Aufnahme im Krankenhaus. Kein Patienten zeigte Eosinophilie. Alle Patienten wurden negativ auf SARS-CoV-2 getestet. Keiner der Patienten benötigte Elektroyte oder mechanischen Kreislaufsupport. Kardiales MRT war konsistent mit Myokarditis in allen Patienten, bei den meisten Patienten zeigten sich auch Hinweise auf myokardiale Ödeme. Bei allen Patienten lösten sich die Brustschmerzen. Alle konnten stabil entlassen werden.

Typische Anzeichen, Symptome und Diagnostik einer akuten Myokarditis

Der zeitliche Zusammenhang mit der Impfung mit einem der mRNA-Vakzine gegen das neue Coronavirus ist auffällig. In den Studien der beiden Impfstoffe wurden systemische Reaktionen häufig erst nach der zweiten Dosis und generell innerhalb von 48 Stunden gesehen. Die hier beschriebenen 8 Patienten entwickelten ihre Symptome der akuten Myokarditis im Schnitt 3 Tage nach der zweiten Impfdosis. 5 von 8 Patienten hatten einen Tag zuvor Fieber. Dies stützt die Hypothese, dass die Myokarditis eine adverse Reaktion auf das mRNA-Vakzin sein könnte. Der einzige Patient, der bereits nach der ersten Impfdosis Myokarditis entwickelte, war bereits früher mit dem neuen Coronavirus infiziert gewesen.

Im Gegensatz zur Myokarditis, die nach der Pocken-Impfung auftreten konnte, wurde bei den Patienten hier keine Eosinophilie festgestellt. Mögliche Mechanismen für eine Myokarditis nach einer mRNA-Impfung könnten unspezifische inflammatorische Antworten oder ein molekularer Mimikry-Mechanismus zwischen dem viralen Spike-Protein und einem unbekannten Herz-Protein sein.

Therapeutisch wurde ein Teil der Patienten nichtsteroidal antiinflammatorisch (3 Patienten) mit Colchizin (2 Patienten) oder mit Prednison (2 Patienten) behandelt. 3 Patienten erhielten keine Medikationen. Aufgrund der wahrscheinlich immunvermittelten Mechanismen, vermuten die Autoren Kortikosteroide als wahrscheinlich sinnvolle Therapie bei einer fulminanten Myokarditis nach mRNA-Impfung. Allerdings können diese Mittel die spezifische Vakzin-getriggerte Immunantwort gegen SARS-COV-2 hemmen. Eine solche Behandlung sollte demnach nur begrenzt erfolgen.

Die Autoren empfehlen, in Anbetracht fehlender langfristiger Daten nach einer solchen mRNA-bezogenen Myokarditis, den Konsensus-Empfehlungen zu folgen und für 3 – 6 Monate keine Wettkampfsportarten zu betreiben und vor Beginn solcher Sportarten eine kardiologische Re-Evaluierung durchzuführen.

Extrem selten: Eventuell nur 399 Fälle unter 129 Millionen mRNA-Geimpften

Zu betonen ist zudem, schreiben die Autoren, dass die Inzidenz der akuten Myokarditis nach mRNA-Vakzin gegen das neue Coronavirus extrem selten zu sein scheint. Im Berichtssystem der CDC (Centers for Disease Control, www.wonder.cdc.gov/vaers.html) wurden Brustschmerzen bei 5 166 Personen und Myokarditis bei 399 Menschen nach mRNA-Impfung berichtet, und dies bei einer Zahl von mehr als 129 Millionen Menschen, die vollständig mit diesen Vakzinen geimpft sind.

 

[DOI: 10.1161/CIRCULATIONAHA.121.055913]

 

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