Prostatakrebs
Patienten mit einem metastasierten Prostatakrebs könnten von einer Strahlenbehandlung profitieren
Original Titel:
Radiotherapy to the primary tumour for newly diagnosed, metastatic prostate cancer (STAMPEDE): a randomised controlled phase 3 trial
MedWiss – Ist eine lokale Behandlung trotz Metastasen sinnvoll? Wissenschaftler fanden in der vorliegenden Studie heraus, dass bestimmte Patienten sehr wohl von einer zusätzlichen Bestrahlung der Prostata profitieren konnten – und zwar Patienten mit einer geringeren Metastasen-Last (keine Metastasen in den inneren Organen, nur wenige Knochenmetastasen).
Wenn sich der Prostatakrebs in andere Körperregionen ausgebreitet hat – Metastasen gebildet hat – ist die Erkrankung bereits fortgeschritten. In diesem Fall werden Therapien gestartet, die auf den gesamten Körper wirken. Zu diesen Therapien zählen die Hormon- und die Chemotherapie. In der Regel werden in diesem Krankheitsstadium keine lokalen Behandlungen (Operation oder Bestrahlung) durchgeführt, da diese die Metastasen nicht erreichen. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass Männer mit einem metastasierten Prostatakrebs dennoch von einer lokalen Behandlung profitieren könnten. Dies untersuchte nun ein großes Forscherteam aus dem Vereinigten Königreich mit Unterstützung aus der Schweiz. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler in einer der bestangesehensten medizinischen Fachzeitschriften, dem Lancet.
Einige Männer mit einem metastasierten Prostatakrebs unterzogen sich einer Strahlentherapie
Die Studie wurde in 117 Krankenhäusern in der Schweiz und dem Vereinigten Königreich durchgeführt. 2061 Männer, die erst kürzlich die Diagnose „metastasierter Prostatakrebs“ erhalten hatten, nahmen an der Studie teil. Die Patienten wurden in zwei etwa gleich große Gruppen eingeteilt. Während die eine Gruppe nur die Standardbehandlung bekam (1029 Patienten, im Mittel 68 Jahre alt), erhielt die andere Gruppe zusätzlich zur Standardbehandlung eine Strahlenbehandlung der Prostata (1032 Patienten, im Mittel 68 Jahre alt). Die Standardbehandlung bestand aus einer lebenslangen Hormontherapie. 367 Patienten bekamen vorab eine Chemotherapie mit Docetaxel. Die Männer, die zusätzlich zu der Standardbehandlung eine Strahlentherapie bekamen, erhielten diese entweder täglich (20-mal über 4 Wochen, Strahlendosis: 55 Gy) oder wöchentlich (6-mal über 6 Wochen, Strahlendosis: 36 Gy). Die Wissenschaftler untersuchten, wie häufig es in welcher Gruppe zu Todesfällen kam. Außerdem wurde protokolliert, wie lange die Patienten lebten, ohne dass es zu einem Fortschreiten der Erkrankung kam.
Bestimmte Patienten profitierten von der zusätzlichen Strahlentherapie
Die Auswertung der Daten zeigte, dass die Strahlentherapie zwar die Lebenszeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung (PSA (prostataspezifisches Antigen)-Anstieg, Befall der Lymphknoten, Wachstum des Primärtumors oder der Metastasen, Prostatakrebs-bedingter Tod) verlängerte, jedoch nicht das allgemeine Sterberisiko reduzierte. Interessant war, dass dies anders aussah, wenn die Patienten nach der Anzahl und dem Auftreten der Metastasen eingeteilt wurden. Die Patienten mit Metastasen in inneren Organen oder mindestens vier Knochenmetastasen, von denen sich mindestens eine außerhalb der Wirbelsäule oder des Beckens befand, galten als Patienten mit einer hohen Metastasen-Last. Alle anderen Patienten wurden als Patienten mit einer geringen Metastasen-Last definiert. Im Gegensatz zu den Patienten mit einer hohen Metastasen-Last hatten die Patienten mit einer geringen Metastasen-Last einen Überlebensvorteil, wenn sie sich zusätzlich zur Hormontherapie einer Strahlentherapie unterzogen. Unterzogen sich die Patienten mit einer geringen Metastasen-Last einer Strahlentherapie, lebten 81 % auch nach drei Jahren noch. Ohne Strahlentherapie war dies dagegen nur bei 73 % der Patienten der Fall.
Eine Strahlentherapie verbesserte somit nicht bei allen Patienten mit metastasiertem Prostatakrebs das Überleben. Speziell Patienten mit einer geringeren Metastasen-Last (keine Metastasen in den inneren Organen, nur wenige Knochenmetastasen) schienen jedoch von einer Strahlentherapie zusätzlich zur Hormontherapie zu profitieren.
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