Morbus Crohn

Schwere Nebenwirkungen bei der Behandlung von chronischen Darmentzündungen – Wirkstoffe im Vergleich

Original Titel:
Comparative Risk of Serious Infections With Biologic and/or Immunosuppressive Therapy in Patients with Inflammatory Bowel Diseases: a Systematic Review and Meta-analysis

MedWiss – Chronische Darmentzündungen können mit einer Vielzahl von Medikamenten behandelt werden. Doch welche Medikamente bringen ein größeres Risiko für schwere Nebenwirkungen mit sich und welche haben ein besseres Sicherheitsprofil? Wissenschaftler verglichen in der vorliegenden Studie das Risiko für schwere Nebenwirkungen zwischen verschiedenen Wirkstoffgruppen, indem sie die derzeitige Datenlage zusammenfassten und neu auswerteten.


Für die Behandlung von chronischen Darmentzündungen stehen zahlreiche Wirkstoffe zur Verfügung, die auf unterschiedliche Weise wirken. Um die Entzündungen zu hemmen, werden häufig Steroide eingesetzt, doch auch klassische Immunsuppressiva wie Thiopurine und Methotrexat haben sich bei der Behandlung von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa bewährt. Neuerdings drängen immer mehr Biologika auf den Markt. Es handelt sich dabei um Wirkstoffe, die aus lebenden Zellen gewonnen werden. Für die Behandlung von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa spielen hier die sogenannten TNF-Hemmer eine zentrale Rolle. TNF-Hemmer gehören zu den Biologika. Sie hemmen – wie der Name es vermuten lässt – den Tumornekrosefaktor (TNF), welcher eine wichtige Rolle bei Entzündungsprozessen einnimmt. In Deutschland sind für die Behandlung von chronischen Darmentzündungen derzeit drei solcher TNF-Hemmer zugelassen: Infliximab, Adalimumab und Golimumab (nur für Colitis ulcerosa). In der Regel werden TNF-Hemmer dann eingesetzt, wenn die konventionellen Wirkstoffe wie die Steroide oder Immunsuppressiva gescheitert sind. Doch heutzutage werden TNF-Hemmer bereits immer früher verschrieben oder auch mit den anderen Wirkstoffen kombiniert (Studie von Larsen und Kollegen, 2018 in der medizinischen Fachzeitschrift Inflammatory bowel diseases veröffentlicht). Es stellt sich daher die Frage, wie sicher diese Kombinationen sind und wie hoch das Risiko für schwere Nebenwirkungen bei den verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten ist. Wissenschaftler aus den USA, Italien und Kanada gingen diesen Fragen gemeinsam auf den Grund. Sie sichteten die derzeitige Datenlage zu dieser Thematik und verglichen das Risiko für schwere Nebenwirkungen zwischen den verschiedenen Wirkstoffgruppen.

Die Wissenschaftler fassten die Ergebnisse mehrerer Studien zusammen und werteten sie neu aus

Die Wissenschaftler suchten in internationalen Datenbanken nach Studien, in denen Patienten mit einer chronischen Darmentzündung unter anderem mit TNF-Hemmern und/oder klassischen Immunsuppressiva (Thiopurine oder Methotrexat) behandelt wurden und in denen das Risiko für schwere Nebenwirkungen der Behandlungen miteinander verglichen wurde. Sie fanden insgesamt 15 geeignete Studien, die sie in ihre Analyse miteinbezogen.

Wurden TNF-Hemmer mit anderen Wirkstoffen kombiniert, erhöhte sich das Risiko für schwere Nebenwirkungen

Bei ihrer Analyse stellten die Wissenschaftler fest, dass schwere Nebenwirkungen häufiger auftraten, wenn TNF-Hemmer zusammen mit einem klassischen Immunsuppressivum angewandt wurden statt alleine. Noch deutlicher war die Erhöhung des Risikos für schweren Nebenwirkungen, wenn TNF-Hemmer mit einem Kortikosteroid kombiniert wurden. Und auch die Kombination aller drei Wirkstoffe (TNF-Hemmer, Immunsuppressivum und Kortikosteroid) erhöhten das Risiko für schwere Nebenwirkungen im Vergleich zu einer alleinigen Anwendung eines TNF-Hemmers. Wurden TNF-Hemmer mit anderen Wirkstoffen, die üblicherweise bei der Behandlung von chronischen Darmentzündungen angewandt werden, kombiniert, erhöhte sich somit das Risiko für schwere Nebenwirkungen.

Immunsuppressiva waren seltener mit schweren Nebenwirkungen verbunden als TNF-Hemmer

Was schwere Nebenwirkungen anging, schnitt eine alleinige Therapie mit einem Immunsuppressivum besser ab als eine alleinige Therapie mit einem TNF-Hemmer oder eine Therapie mit einem TNF-Hemmer kombiniert mit einem Immunsuppressivum.

Infliximab führte seltener zu schweren Nebenwirkungen als Adalimumab – jedoch nur bei Patienten mit Colitis ulcerosa

Es gab jedoch nicht nur Unterschiede zwischen den verschiedenen Wirkstoffklassen, sondern auch innerhalb der TNF-Hemmer. So stellten die Wissenschaftler fest, dass Infliximab seltener mit schweren Nebenwirkungen verbunden war als Adalimumab. Interessanterweise war dies jedoch nur bei Patienten mit Colitis ulcerosa der Fall, nicht aber bei Patienten mit Morbus Crohn. Bei Patienten mit Morbus Crohn schien es bezüglich schwerer Nebenwirkungen keinen Unterschied zu machen, ob sie mit Infliximab oder Adalimumab behandelt wurden.

Wenn TNF-Hemmer mit anderen Wirkstoffen (Immunsuppressiva oder Steroide oder beidem) kombiniert wurden, erhöhte sich das Risiko für schwere Nebenwirkungen – besonders bei einer Kombination mit Steroiden. Eine alleinige Therapie mit einem klassischen Immunsuppressivum (Thiopurine oder Methotrexat) schnitt bezüglich schwerer Nebenwirkungen hingegen besser ab als eine alleinige Therapie mit TNF-Hemmern. Natürlich geht es bei der Behandlung von chronischen Erkrankungen nicht nur um das Risiko für Nebenwirkungen, sondern auch um die Wirksamkeit der Arzneimittel. Die Kosten und der Nutzen eines Wirkstoffes sollten somit bei jedem Patienten individuell abgewogen werden. Neben den TNF-Hemmern stehen bereits weitere Biologika und andere innovative Wirkstoffe für die Behandlung von chronischen Darmentzündungen zur Verfügung. Weitere Studien müssen zeigen, welche Position diese bei dem Risiko für schwere Nebenwirkungen einnehmen.

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