Hoffnung für kinderlose Paare: Rostocker und Greifswalder Forscher entwickeln Eileiter-Stent
Wenn Paare keine Kinder bekommen können, sind Verwachsungen im Eileiter der Frau eine der möglichen Ursachen für den unerfüllten Kinderwunsch. Eizelle und Spermien können sich dann nur sehr schwer durch den Eileiter aufeinander zu bewegen – eine Schwangerschaft bleibt oft aus. Forscherinnen und Forscher aus Rostock und Greifswald testen jetzt eine Lösung für das Problem im Eileiter: einen Stent. Dieses winzige Röhrchen ist bislang als Stütze für verstopfte Blutgefäße bekannt. Das kleine technische Wunder hat einen Durchmesser von etwa einem Millimeter und ist zwei Zentimeter lang.
Der Prototyp ist bereits fertig. Entwickelt wurde dieser von Dr. Paula Rosam, Ärztin, und Ariane Dierke, Ingenieurin für Biomedizinische Technik. Beide forschen am Warnemünder Institut für ImplantatTechnologie und Biomaterialien (IIB e.V.). Das IIB e.V. ist ein An-Institut der Universität Rostock, das sich unter Leitung von Professor Klaus-Peter Schmitz international mit der Entwicklung von Stents einen Namen gemacht hat. Der Grundgedanke zur Entwicklung eines Eileiterstents entstand im Rahmen des BMBF-Projektes RESPONSE unter dem Management von Andrea Bock, Geschäftsführerin des IIB.
Nach Recherchen der Warnemünder und Greifswalder Forscher gehören sie weltweit zu den wenigen, die einen solchen Lösungsansatz mit Hilfe eines Eileiter-Stents verfolgen.
„Es ist ein riesiger Ansporn, jetzt eine gute Lösung bei der Entwicklung zu finden, damit unser Eileiter-Stent anschließend in eine klinische Phase überführt werden kann“, sind sich Paula Rosam und Ariane Dierke einig. Das große Ziel: Eine der vielen Ursachen für Kinderlosigkeit durch den Stent zu beheben, um den Weg für eine bislang versagte Schwangerschaft möglich zu machen.
„Bis zu 15 Prozent der Paare im so genannten reproduktiven Alter leiden unter unerfülltem Kinderwunsch“, sagt Professor Marek Zygmunt, Direktor der Universitätsfrauenklinik Greifswald und Praxispartner des Warnemünder Forscherteams. Er ist zuversichtlich, dass „mit Hilfe des speziell designten Stents der Transport der Eizelle ermöglicht wird und Frauen mit Kinderwunsch eine aufwendige Behandlung oder Operationen erspart bleiben.“
Ein sehr offenes Design des Stents – die einzelnen Zellen des Stents sind offenporig – ermöglicht, dass sich die kleinen „Flimmerhärchen“, die Bestandteil des Eileiters sind, auf dem Stent ansiedeln, um so einen Transport der befruchteten Eizelle durch den Stent im Eileiter zu gewährleisten. Denn: Eileiter sind komplexer als zum Beispiel Gefäße am Herzen.
Dem Forscherinnenteam gehört auch Finja Borowski an. Sie beschäftigt sich als Maschinenbauerin am IIB mit strömungsmechanischen Fragestellungen am Herzen und bringt ihre Ideen und Erfahrungen aus anderen Forschungsbereichen in das Projekt ein. „Am Anfang stand die Frage, welches Material die Anforderungen für einen Eileiter-Stent erfüllt, um Flexibilität und Passierbarkeit zu gewährleisten“, blicken Ariane Dierke und Finja Borowski zurück. Der in Warnemünde entwickelte Stent besteht aus einem Polymer, einem für Medizinprodukte zugelassenen Kunststoff, der sich aus Makromolekülen zusammensetzt. „Das Polymer, das wir benutzen, hat die positive Eigenschaft, sich binnen eines Zeitraums von ein bis zwei Jahren aufzulösen. Somit handelt es sich hier um kein dauerhaftes Implantat für die Patientinnen“, erklärt Paula Rosam. Sie hat nach ihrer Promotion am IIB beschlossen, noch ein weiteres Forschungsjahr einzulegen, bevor es dann für die Facharztausbildung wieder in die Klinik geht. Sie weiß sehr wohl, „dass eine Kinderwunschbehandlung oft hinter verschlossenen Türen bleibt und für Paare eine große psychische, aber auch finanzielle Belastung sein kann.“ Es sei ein großer Ansporn, einen Beitrag bei der Entwicklung des Stents zu leisten, um Betroffenen eine minimalinvasive Alternative zu den jetzigen Behandlungsmethoden anzubieten.
Am IIB wird der der Gedanke verfolgt, dass eine kliniknahe, erfolgreiche Forschung nur möglich ist, wenn die medizinischen und technischen Fachdisziplinen eng zusammenarbeiten und jede und jeder ihre und seine Expertise und Ideen mit einbringen. „Wir sind wirklich froh und dankbar, mit Marek Zygmunt von der Universitätsfrauenklinik Greifswald einen zuverlässigen, etablierten klinischen und wissenschaftlichen Partner an unserer Seite zu haben“, berichtet Paula Rosam.
Die Zusammenarbeit bringe das Projekt maßgeblich voran. Vor Ort in der Uni-Frauenklinik Greifswald, so die Warnemünder Wissenschaftlerinnen, „haben wir tolle Möglichkeiten, unseren Stent unter Laborbedingungen weiter zu optimieren.“ Gerade das Arbeiten „Hand in Hand“ mit den Greifswalder Klinikern und Warnemünder Forscherinnen ist unverzichtbar für das Forschungsprojekt und ein tolles Beispiel für die gute Zusammenarbeit zwischen beiden Universitätsklinika des Landes Mecklenburg-Vorpommern.
Aktuell suchen Mediziner und Techniker nach einer optimalen Methode, den Eileiter-Stent in einem ambulanten Eingriff ohne Narkose in den funktionsbeeinträchtigten Eileiter einzusetzen. „Und zwar so, dass die Funktion des Eileiters wieder hergestellt und eine natürliche Befruchtung möglich wird“, untermauert Marek Zygmunt, der die Physiologie der menschlichen Fortpflanzung seit vielen Jahren untersucht und die Idee des Stents mitentwickelt hat. Eingesetzt werden könne der Eileiter-Stent mit Hilfe von Ultraschalltechnik während einer Gebärmutterspiegelung.
Der Weg bis zur klinischen Anwendung ist trotz allem noch weit. In den kommenden Monaten wird das Team aus Rostock und Greifswald mit kreativen Ideen und Lösungen versuchen, den Eileiter-Stent weiter zu entwickeln, um in Zukunft vielen betroffenen Frauen und Paaren eine Lösung zu präsentieren, die den Wunsch einer Schwangerschaft möglich macht. Text: Wolfgang Thiel/Universität Rostock