Abschlussbericht des IQWiG bestätigt Aktualisierungsbedarf beim DMP Herzinsuffizienz

Die abschließenden Ergebnisse der Leitlinien-Recherche zum DMP Herzinsuffizienz zeigen: Die meisten Versorgungsaspekte sollten überarbeitet und neue Aspekte ergänzt werden.

Nach der koronaren Herzkrankheit und dem Herzinfarkt zählt die Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) in Deutschland zu den häufigsten Ursachen für Krankenhauseinweisungen und Todesfälle: Im Jahr 2018 waren 456 012 Personen in Deutschland wegen einer Herzinsuffizienz vollstationär untergebracht; 35 297 Patientinnen und Patienten verstarben im Jahr 2019 an einer Herzinsuffizienz.

Disease-Management-Programme (DMPs) sind strukturierte Behandlungsprogramme für chronisch kranke Menschen, die auf den Erkenntnissen der evidenzbasierten Medizin beruhen. Sie sollen sicherstellen, dass die Patientinnen und Patienten eine Versorgung erhalten, die das Risiko von Folgeschäden und akuten Verschlechterungen der Krankheit so weit wie möglich verhindert und die Lebensqualität verbessert. Die inhaltlichen Anforderungen an ein DMP sind in der DMP-Anforderungen-Richtlinie (DMP-A-RL) geregelt, die regelmäßig auf ihre Aktualität hin überprüft werden.

Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) hat nun im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) aktuelle medizinische Leitlinien zur Behandlung von Herzinsuffizienz recherchiert, deren Empfehlungen mit der geltenden DMP-A-RL des G-BA abgeglichen und dabei Diskrepanzen zu den Leitlinien festgestellt.

Das abschließende Fazit des IQWiG nach der Auswertung von insgesamt 591 Empfehlungen aus 14 Leitlinien: Die meisten Versorgungsaspekte des gültigen DMP Chronische Herzinsuffizienz sollten überarbeitet und einige neue Aspekte ergänzt werden.

Medikamentöse Therapie aktualisieren

Rechtzeitig vor Erstellung des Abschlussberichts haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des IQWiG in einigen frisch überarbeiteten Leitlinien, unter anderem in der gerade aktualisierten Nationalen VersorgungsLeitlinie Herzinsuffizienz (NVL 2021) und auch in der aktuellen Leitlinie der European Society of Cardiology, Empfehlungen zur Verordnung von SGLT-2-Hemmern identifiziert. Die Verordnung von SGLT-2-Hemmern soll gemäß der NVL 2021 bei andauernder Symptomatik trotz leitliniengerechter Kombinationstherapie der Herzinsuffizienz erwogen werden – unabhängig davon, ob zusätzlich ein Diabetes mellitus vorliegt oder nicht. Alternativ sei auch eine Kombinationsbehandlung mit Sacubitril/Valsartan (im Austausch mit dem ACE-Hemmer/Angiotensinrezeptorblocker) zur Intensivierung der medikamentösen Therapie zu empfehlen. Derzeit ist die medikamentöse Therapie mit SGLT-2-Hemmern noch nicht Gegenstand des aktuellen DMP-Herzinsuffizienz.

Die im Rahmen der IQWiG-Recherche betrachteten Leitlinien heben zudem auf die verschiedenen Formen und Ausprägungen der Herzinsuffizienz ab, wohingegen als Einschreibungskriterien des DMP nur die systolische Herzinsuffizienz (ab einem definierten Schweregrad) Berücksichtigung findet. Darüber hinaus geben zwei internationale Leitlinien und die NVL 2021 Empfehlungen für den Einsatz von multidisziplinären Behandlungsteams und deren konkrete Aufgaben, die in der aktuellen DMP-A-RL noch nicht enthalten sind.

Weitere Begleiterkrankungen berücksichtigen

Ein großer Teil der Patientinnen und Patienten mit einer Herzinsuffizienz leidet zusätzlich unter Begleiterkrankungen, wie Diabetes mellitus Typ 2, chronischer Niereninsuffizienz oder COPD. Diese Begleiterkrankungen wirken sich auf die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten aus. Sie zu berücksichtigen ist wichtig, weil dies Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf und die Lebenserwartung haben kann. In der NVL 2021 und in mehreren internationalen Leitlinien werden nun weitere Begleiterkrankungen benannt, die in der Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz eine Rolle spielen, allerdings bisher nicht in der DMP-A-RL abgebildet sind.

Multidisziplinäres Entlassmanagement sicherstellen

Eine mangelhafte Überleitung von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz in die ambulante Versorgung nach einer stationären Behandlung kann wiederholte Krankenhauseinweisungen zur Folge haben. Die Langzeitprognose der Herzinsuffizienz wird zudem durch ein multidisziplinäres Entlassmanagement verbessert. Da aber trotz der seit 2017 gesetzlich vorgeschriebenen Sicherstellung einer lückenlosen Anschlussversorgung in Form eines Entlassmanagements weiterhin Versorgungsprobleme nach der Entlassung aus dem Krankenhaus bestehen, sollte das Entlassmanagement als neuer Kerninhalt des Versorgungsaspekts „Kooperation der Versorgungsebenen“ für das DMP Herzinsuffizienz definiert werden.

Hohe Erwartungen an telemedizinische Maßnahmen

Telemedizinische Maßnahmen sind in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt worden und haben in der Patientenversorgung zunehmend an Bedeutung gewonnen – auch bei der Betreuung von Patientinnen und Patienten mit einer Herzinsuffizienz. Sowohl die NVL 2021 als auch eine australische Leitlinie empfehlen im Rahmen einer intensivierten Betreuung den Einsatz von telemedizinischen Maßnahmen. Der G-BA hat im Rahmen des Bewertungsverfahrens zu „Telemonitoring bei Herzinsuffizienz“, zu dem auch eine Nutzenbewertung des IQWiG vorliegt, im Jahr 2020 beschlossen, eine telemedizinische Betreuung bei Patientinnen und Patienten mit einer fortgeschrittenen Herzinsuffizienz in das ambulante Angebot der gesetzlichen Krankenversicherung aufzunehmen. Die Empfehlung solcher Maßnahmen fehlt aber noch in der aktuellen DMP-A-RL.

Zum Ablauf der Berichterstellung

Der G-BA hat das IQWiG im November 2020 mit einer Leitliniensynopse zur Aktualisierung des DMP Herzinsuffizienz beauftragt. Die vorläufigen Ergebnisse, den sogenannten Vorbericht, hat das IQWiG im Juli 2021 veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Nach Ende des Stellungnahmeverfahrens wurde der Bericht überarbeitet und im November 2021 als Abschlussbericht an den Auftraggeber versandt. Die eingereichten schriftlichen Stellungnahmen zum Vorbericht werden in einem eigenen Dokument zeitgleich mit dem Abschlussbericht publiziert. In die Bearbeitung des Projekts wurden externe Sachverständige eingebunden.

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