Depression

Depressionen an der Bewegung erkennen

Original Titel:
Relationship between depression and movement quality in normal young adults

Kurz & fundiert

  • Ist eine psychische Erkrankung wie die Depression anhand des Bewegungsmusters erkennbar?
  • Forscher im japanischen Kobe verglichen Bewegungsqualität und depressive Symptome gesunder junger Menschen
  • Milde Depressionen spiegelten sich in Auffälligkeiten des Bewegungsbilds wider

 

MedWiss – Gebeugte Haltung, ein Gang ohne Elan und Schwung – Depression ist oft im Bewegungsbild sichtbar. Wie eine Einschätzung der Bewegungsqualität durch physiotherapeutische Methoden mit depressiven Symptomen übereinstimmt, untersuchten nun Forscher im japanischen Kobe. Die Beurteilung der Bewegungsabläufe schien dabei milde depressive Symptome widerzuspiegeln. Demnach könnte eventuell eine Früherkennung von Depression anhand der Bewegungsqualität möglich sein.


Eine Depression kann man oft schon von Weitem erkennen – der Erkrankte geht ohne Schwung, häufig sieht man eine eher gebeugte Körperhaltung, die auch in Gemälden oft als Sinnbild für die Psyche steht. Selbst bei Patienten mit starkem Bewegungsdrang sehen die Körperbewegungen oft weniger rund und stimmig aus als außerhalb der depressiven Episode. Diesem bildlichen Eindruck einer veränderten Körperhaltung und Bewegung folgend wurde eine Skala entwickelt (body awareness rating scale, kurz BARS, von Skjaerven et al., 2015 im European Journal of Physiotherapy beschrieben), mit der die Bewegungsqualität von Patienten eingeschätzt werden soll. Eine Grundlage für die veränderte Bewegung soll die durch psychische Erkrankungen beeinflusste Wahrnehmung des Körpers sein.

Wie diese Einschätzung der Bewegungsqualität mit depressiven Symptomen übereinstimmt, untersuchten nun Forscher im japanischen Kobe. Die Teilnehmer wurden mit einem Fragebogen zu eventuellen depressiven Symptomen befragt. Auf der Skala von 20 bis 80 Punkten galten Ergebnisse unter 40 Punkten als normal, zwischen 40 und 50 Punkten deuteten auf milde depressive Symptome hin. Anschließend schätzte ein qualifizierter Physiotherapeut die Bewegungsqualität der jungen Leute mithilfe der Bewegungsqualitäts-Skala ein. In 12 alltäglichen Bewegungen, die jeweils fünfmal wiederholt durchgeführt wurden, konnten je bis zu 12 Punkte gegeben werden – je mehr Punkte, desto auffälliger, unrunder oder steifer war die jeweilige Bewegung.

Steife, unrunde Bewegung: stimmt die Psyche mit auffälligen Bewegungsmustern überein?

Zwanzig gesunde Studenten (10 Männer, 10 Frauen) im durchschnittlichen Alter von 20,9 Jahren nahmen an der Untersuchung teil. Aufgrund des Depressionsfragebogens wurden bei 9 Teilnehmern (davon sieben Männer, durchschnittlicher Punktwert 44,3) milde depressive Symptome ermittelt. Die übrigen 11 Teilnehmer (drei Männer, mittlerer Punktwert 36,0 Punkte) zählten als normal bzw. psychisch unauffällig.

Im Vergleich mit dem Bewegungsablauf insgesamt unterschieden sich die Teilnehmer mit milden depressiven Symptomen von den Teilnehmern ohne Depression messbar. Dabei waren besonders vier verschiedene Bewegungsgruppen auffällig: beim symmetrischen Strecken im Liegen, Armbewegungen, Bewegungen relativ zu anderen Personen und dem einfachen Gang im Kreis. Allgemein zeigten die Teilnehmer mit depressiven Symptomen auffälligere Werte bei der Beurteilung der Bewegungsqualität, die Teilnehmer ohne depressive Symptome dagegen waren auch im Bewegungsablauf unauffällig.

Ein stimmiges Bild: Bewegungsqualität und depressive Symptome

Zusammenfassend zeigte diese Untersuchung eine Übereinstimmung zwischen depressiven Symptomen und Bewegungsqualität. Manche Aspekte der BARS-Beurteilung der Bewegungsabläufe scheinen dabei besonders depressive Symptome widerzuspiegeln. Damit könnte die Beurteilung der Bewegungsqualität auch eine Möglichkeit zur Früherkennung depressiver Episoden bieten. Ob im Umkehrschluss eine physiotherapeutische Behandlung der Bewegungsabläufe auch auf die psychischen Symptome rückwirken könnte, ist bisher noch unklar. Die Studie war zudem mit körperlich gesunden jungen Teilnehmern mit höchstens milden depressiven Symptomen durchgeführt worden – wie weit sich die Ergebnisse also auf stärkere Depressionen oder Betroffene mit Begleiterkrankungen ausdehnen lässt, muss in weiteren Studien mit mehr Teilnehmern untersucht werden.

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