UKR setzt neues Verfahren bei Lungenembolien ein
Als erstes Krankenhaus außerhalb der USA setzte das Universitätsklinikum Regensburg (UKR) bei der Behandlung von Lungenembolien auf ein neuartiges Katheterverfahren. Die Regensburger Mediziner konnten dadurch nun schon mehreren Patienten das Leben retten.
Er hatte sprichwörtlich Glück im Unglück. Eigentlich sollte Martin Berger (Name geändert) aufgrund seiner Herzschwäche ein Defibrillator implantiert werden. Er war bereits im Herzkatheterlabor der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin II des UKR für den Eingriff vorbereitet. In dem Moment, als die Narkose eingeleitet werden sollte, versagte sein Kreislauf, so dass er reanimationspflichtig wurde. Völlig unabhängig von dem geplanten Eingriff stellten die Ärzte eine Lungenembolie fest. „Im Normalfall würde der Patient bei einer Lungenembolie ins CT zur Diagnosesicherung gebracht und bei dieser Dramatik mit einer Lysetherapie, also mit starken Blutverdünnern, versorgt werden“, so der behandelnde Arzt Professor Dr. Samuel Sossalla. Im Fall von Martin Berger war hierzu aber keine Zeit. Das rechte Herz versagte, da die Gerinnsel die Lungenstrombahn komplett verlegt hatten. Die Lysetherapie wurde noch im Herzkatheterlabor eingeleitet, blieb jedoch erfolglos. Während bei dem Patienten beständig Wiederbelebungsmaßnahmen durchgeführt wurden, entschied sich Professor Sossalla für ein Verfahren, das die Klinik zum damaligen Zeitpunkt erst einmal durchgeführt hatte und zuletzt überhaupt nur in den USA Anwendung fand: Mittels eines speziellen Katheters wurde das Blutgerinnsel in der Lunge abgesaugt.
Alternativer Therapieansatz: Absaugen statt verdünnen
Da dieses Verfahren aktuell nicht zu den Standardanwendungen zählt, war der Katheter nicht vor Ort verfügbar. Während Martin Berger noch reanimiert wurde, konnte das innovative Behandlungssystem kurzfristig durch den Anbieter zur Verfügung gestellt werden. So hatte Martin Berger doppeltes Glück im Unglück. Zum einen erlitt er die Lungenembolie, als er gerade unter ärztlicher Aufsicht war, und zum anderen war der benötigte Katheter schnell greifbar.
Der Katheter, der je nach Bedarf bis zu 2 cm Durchmesser haben kann, wird über eine große Vene in der Leiste durch das rechte Herz in die Lunge geschoben. Beim Blutgerinnsel angekommen, wird der Katheter positioniert und die Verklumpung durch starken Unterdruck abgesaugt. Reicht die Absaugung nicht aus, können die Blutgerinnsel zusätzlich über ausspannbare feine Metallscheiben eingefangen und abtransportiert werden.
Das Universitätsklinikum Regensburg war das erste Krankenhaus außerhalb der USA, dass dieses System eingesetzt hat. „Wir hoffen, dass dieses Verfahren künftig eine neue therapeutische Option bei schweren Lungenembolien darstellen kann“, zeigt sich Professor Sossalla optimistisch. Am Universitätsklinikum Regensburg werden schwerstkranke und schwerstverletzte Patienten behandelt. Viele davon benötigen eine ECMO-Therapie (extrakorporale Membranoxygenierung), wobei die Funktion von Lunge und gegebenenfalls Herz vorübergehend von einer Maschine übernommen wird. Gerade bei Patienten, die diese hochkomplexe Versorgung aufgrund einer Lungenembolie benötigen, sind aufgrund der hohen Blutungsgefahr Therapien mit Blutverdünnern schwierig. „Die Katheterlösung wäre daher vor allem für diese Patienten eine wertvolle Alternative“, führt Professor Sossalla weiter aus. In der Praxis hat sich dies am UKR bereits bewährt, denn auch Patienten, die ECMO-pflichtig waren, konnte durch das Kathetersystem geholfen werden.
Martin Berger geht es heute gut. Er konnte ohne bleibenden Schaden entlassen werden. Da alle gängigen Therapien der Lungenembolie ausgeschöpft waren, hätte der Patient ohne das innovative Katheterverfahren sicher nicht überlebt. Der Defibrillator, für den er ursprünglich am UKR stationär war, wurde ihm ein paar Tage nach der Lungenembolie implantiert, und nach insgesamt zwei Wochen konnte er das UKR wieder gesund verlassen.