Mit Killerzellen gegen Hautkrebs

Forscher*innen der Universitätsmedizin Göttingen entdecken Biomarker, mit dem sich das Ansprechen von Immuntherapien bei Hautkrebs vorhersagen lässt. Veröffentlicht in der Fachzeitschrift „Cancer Research“.

(umg) Der schwarze Hautkrebs, das sogenannte maligne Melanom, ist eine der aggressivsten und tödlichsten Hautkrebsarten. Hat ein malignes Melanom gestreut und Metastasen in anderen Organen gebildet, sind die Heilungschancen geringer. Obwohl die Behandlung im fortgeschrittenen Stadium weiterhin eine Herausforderung darstellt, hat sich das Überleben der Patient*innen in den letzten zehn Jahren bedeutend verbessert. Dies ist insbesondere auf den Einsatz der Immuntherapie zurückzuführen: Hier wird das Immunsystem gegen den Tumor aktiviert, indem bestimmte Antikörper eingesetzt werden. Dennoch sprechen lediglich bis zu 40 Prozent der Patienten*innen auf eine solche Immun-Checkpoint-Therapie an. Und auch nach erfolgreichem Ansprechen kann es zu einem erneuten Wachstum des Tumors kommen. Deshalb werden neue therapeutische Ansätze benötigt, um das metastasierende Melanom zu behandeln.

Forscher*innen der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Ivan Bogeski, Professor für Molekulare Vegetative Physiologie am Institut für Herz-Kreislauf-Physiologie, haben dafür jetzt den Einsatz von natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) untersucht. Die Forscher*innen konnten anhand ihrer Ergebnisse erstmals neue NK-Zell-bezogene Biomarker nachweisen, die zu einer verbesserten und personalisierten Melanom-gerichteten Immuntherapie beitragen könnten. So könnte eine bessere Vorhersage getroffen werden, ob und wie gut eine Immuntherapie wirkt. Die Studie wurde im November 2021 in der renommierten Fachzeitschrift „Cancer Research“ veröffentlicht.

Originalveröffentlichung: Protein Signatures of NK Cell–Mediated Melanoma Killing Predict Response to Immunotherapies.Sabrina Cappello, Hsu-Min Sung, Christian Ickes, Christine S. Gibhardt, Adina Vultur, Hilal Bhat, Zhongwen Hu, Patricia Brafford, Andreas Denger, Ioana Stejerean-Todoran, Rixa-Mareike Köhn, Verena Lorenz, Nicolas Künzel, Gabriela Salinas, Hedwig Stanisz, Tobias Legler, Peter Rehling, Michael P. Schön, Karl S. Lang, Volkhard Helms, Meenhard Herlyn, Markus Hoth, Carsten Kummerow and Ivan BogeskiCancer Research Nov 1;81(21):5540-5554.doi: 10.1158/0008-5472.CAN-21-0164.

Bisher wurden natürliche Killerzellen (NK-Zellen) bei der Entwicklung von Immuntherapien beim Melanom nicht berücksichtigt, dabei könnten diese therapeutische Vorteile für die Krebsbehandlung bieten. Natürliche Killer-Zellen haben zytotoxische Eigenschaften und können erkrankte Zellen abtöten. Im Gegensatz zu T-Zellen können sie ihre antitumorale Wirkung gegen einen Tumor richten, ohne vorher antigenspezifisch stimuliert werden zu müssen. Dies macht NK-Zellen zu einem vielversprechenden Werkzeug bei der Behandlung solider Tumoren. Allerdings sind NK-Zell-basierte Therapien bislang noch nicht verfügbar, obwohl aktuell einige vorklinische Studien laufen.

ZUM FORSCHUNGSPROJEKT

Die Immun-Checkpoint-Therapie verbessert die Überlebenserwartung bei Patient*innen mit Melanomen und anderen Krebserkrankungen. Diese Therapien sind jedoch teuer und haben erhebliche Nebenwirkungen. Zudem liegen die Ansprechraten unter 40 Prozent. Bei der Immuntherapie wird das Immunsystem, insbesondere zytotoxische T-Zellen, gegen den Tumor aktiviert, indem Antikörper gegen CTLA4 (CTL-assoziiertes Protein-4) und PD (Programmed Cell Death Protein)-1/PD-L1 eingesetzt werden.

„Um Melanome besser behandeln zu können, wäre es von entscheidendem Vorteil, wenn sich vor der Behandlung der Tumorerkrankung vorhersagen ließe, ob der Tumor auf die Therapie anspricht“, sagt Dr. Sabrina Cappello, Erstautorin der Publikation. Zusammen mit ihren Kolleg*innen hat sie zweidimensionale (2D) und dreidimensionale (3D) NK-Zell-basierte Zytotoxizitätsassays, Protein-Microarray-Screens, präklinische Tiermodelle und bioinformatische Analysen verwendet, um das zytotoxische Potenzial menschlicher NK-Zellen gegen Melanome zu erforschen. Darüber hinaus untersuchten die Forscher*innen patientenindividuelle Datensätze und erstellten eine „Protein-Signatur“. Diese wurde verwendet, um einen robusten Algorithmus zu entwickeln, der die Sensitivität von Melanomen gegenüber Anti-PD-1-Checkpoint-Immuntherapien vorhersagt.

„Die Ergebnisse der Studie könnten für Krebspatient*innen einen doppelten Vorteil bieten. Zum einen könnten die Untersuchungen angewendet werden, um das Ansprechen auf die bereits in der Klinik eingesetzte T-Zell-basierte Immuntherapien vorherzusagen. Zum anderen könnten Sie dazu beitragen, zukünftig NK-Zell-basierte Therapien zu entwickeln und zu optimieren“, sagt Prof. Dr. Ivan Bogeski, Professor für Molekulare Vegetative Physiologie am Institut für Herz-Kreislauf-Physiologie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG). Hier könnten, so Prof. Bogeski, proteinbasierte Microarray-Screenings und In-vitro-Zytotoxizitätsassays als Grundlage für eine personalisierte Krebstherapie der Zukunft dienen. Darüber hinaus geht er davon aus, dass diese zum Beispiel schnelle Informationen über das zytotoxische Potenzial der Immunzellen des Patienten sowie über das Proteinabundanz-/Aktivitätsmuster liefern. Letztlich könnten diese Informationen zu einer zentralen Entscheidungshilfe für personalisierte Therapien werden, so Bogeski.

Fachübergreifende Zusammenarbeit bei Hautkrebs

Die Arbeitsgruppe von Prof. Bogeski ist seit 2016 an der UMG tätig. Die Untersuchung der Rolle von NK-Zellen für die Krebstherapie ist ein Schwerpunkt seiner Arbeit. Er arbeitet dabei eng mit anderen Einrichtungen der UMG zusammen: darunter die Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, die Klinik für Gastroenterologie, gastrointestinale Onkologie und Endokrinologie, die Abteilung für Transfusionsmedizin, das Institut für Humangenetik, das Institut für Zelluläre Biochemie sowie das Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie. Auch mit dem UniversitätsKrebszentrum Göttingen, den Immunologie-Instituten der UMG und dem Deutschen Primatenzentrum – Leibniz-Institut für Primatenforschung besteht eine intensive Kooperation zu den Zukunftsaspekten NK-Zell-basierter Therapien.