Pillen und Pulver: Rund ein Drittel der Bevölkerung nimmt jede Woche Vitamine über Nahrungsergänzungsmittel ein
BfR veröffentlicht Spezial-Ausgabe des Verbrauchermonitors
Ob Tabletten, Kapseln oder Flüssigkeiten – der Markt für Vitamine in Form von Nahrungsergänzungsmitteln wächst stetig. Eine aktuelle, repräsentative Befragung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) zeigt: Ein Drittel der Bevölkerung nimmt mindestens einmal pro Woche Vitamine über Nahrungsergänzungsmittel zu sich, jede sechste Person sogar täglich. Bei einer ausgewogenen und abwechslungsreichen Ernährung erhält der Körper jedoch fast alle Vitamine in ausreichenden Mengen. „Nahrungsergänzungsmittel sind für die meisten Menschen verzichtbar,“ sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. „Wer hoch dosierte Vitamine einnimmt, ohne dass es nötig ist, riskiert eine Überversorgung und damit unerwünschte Auswirkungen auf die Gesundheit.“
Fast alle Befragten (93 Prozent) halten Vitamine für lebensnotwendig. Tatsächlich sind Vitamine unverzichtbar für die meisten körperlichen Funktionen – sie stärken beispielsweise unser Immunsystem und fördern den Aufbau von Zellen, Knochen und Zähnen. Da der Körper sie nicht oder nur unzureichend produzieren kann, müssen sie mit der Nahrung aufgenommen werden. Etwa die Hälfte der Befragten gibt an, häufig ganz bewusst auf eine ausreichende Vitaminaufnahme zu achten. Obst und Gemüse gelten dabei für fast alle als wichtigste Vitaminquellen, darauf folgen Fisch und Hülsenfrüchte. Nur knapp ein Viertel der Befragten sieht Nahrungsergänzungsmittel als eine wichtige Quelle für die Vitaminzufuhr an.
Dennoch gibt etwa ein Drittel der Befragten an, mindestens einmal pro Woche Vitamine über Nahrungsergänzungsmittel zu sich zu nehmen. Jede sechste Person greift sogar täglich darauf zurück – insbesondere auf Vitamin D, gefolgt von Vitamin B12, Vitamin C und Multivitaminpräparaten. Am häufigsten nennen die Befragten als möglichen gesundheitlichen Nutzen spontan den Ausgleich eines Mangels. Allerdings: Aus wissenschaftlicher Sicht kommt bei gesunden Menschen, die sich ausgewogen und abwechslungsreich ernähren, eine unzureichende Aufnahme von Vitaminen und eine dadurch bedingte Unterversorgung nur sehr selten vor. Nur in bestimmten Fällen wird die Einnahme von Vitaminen über Nahrungsergänzungsmittel ausdrücklich empfohlen, beispielsweise für Folsäure vor und in der frühen Schwangerschaft.
Erhoffte positive Effekte und mögliche gesundheitliche Risiken durch Vitamine in Nahrungsergänzungsmitteln nehmen die Befragten unterschiedlich wahr – je nachdem, ob sie entsprechende Produkte einnehmen oder nicht. Etwa die Hälfte der Konsumierenden, aber nur etwa jeder zehnte Nicht-Konsumierende, sieht einen hohen gesundheitlichen Nutzen in der Einnahme. Als Risiko für die Gesundheit nennen die Befragten vor allem eine mögliche Überdosierung: Unter den Nicht-Konsumierenden stufen drei von fünf (59 Prozent) die Wahrscheinlichkeit einer Überversorgung – bei täglicher Einnahme von Vitaminen über Nahrungsergänzungsmittel – als hoch ein. Bei den Konsumierenden ist der Anteil mit 42 Prozent geringer. Tatsächlich steigt das Risiko für eine Überversorgung, wenn zusätzlich zu einer ausgewogenen Ernährung hoch dosierte Vitaminpräparate eingenommen werden.
Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel und dürfen daher die Gesundheit nicht gefährden. Die Verantwortung dafür liegt grundsätzlich bei den Lebensmittelunternehmen. Nahrungsergänzungsmittel durchlaufen kein behördliches Zulassungsverfahren, in dem die gesundheitliche Unbedenklichkeit nachgewiesen werden muss. Welche Vitamine einem Nahrungsergänzungsmittel zugesetzt werden dürfen, regelt in Deutschland die nationale Verordnung über Nahrungsergänzungsmittel (NemV). Sie enthält allerdings keine rechtlich verbindlichen Höchstmengen für den Zusatz von Vitaminen. Als ein Beitrag zur Diskussion der Festsetzung EU-weit einheitlicher Regelungen können die vom BfR herausgegebenen Empfehlungen für Höchstmengen von Vitaminen in Nahrungsergänzungsmitteln dienen.
Über den BfR-Verbrauchermonitor
Ob Antibiotikaresistenzen, Mikroplastik, Salmonellen oder Aluminium in Lebensmitteln – welche gesundheitlichen Risiken sind der Bevölkerung bekannt und was beunruhigt sie? Antworten auf diese und andere Fragen liefert der BfR-Verbrauchermonitor, eine seit 2014 regelmäßig durchgeführte repräsentative Bevölkerungsbefragung. Dazu werden etwa 1.000 Personen, die in Privathaushalten in Deutschland leben, im Auftrag des BfR telefonisch interviewt. In Ergänzung dazu führt das BfR Repräsentativbefragungen zu Einzelthemen durch, die von besonderem aktuellem Interesse sind, wie zum Beispiel Tattoos, E-Zigaretten, Superfoods oder Zusatzstoffe in Lebensmitteln.
Über das BfR
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ist eine wissenschaftlich unabhängige Einrichtung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Es berät die Bundesregierung und die Bundesländer zu Fragen der Lebensmittel-, Chemikalien- und Produktsicherheit. Das BfR betreibt eigene Forschung zu Themen, die in engem Zusammenhang mit seinen Bewertungsaufgaben stehen.