Es gibt Hoffnung für Menschen mit Demenz

Durch systematisches tägliches Training können visuelle Denkprozesse stark verbessert werden. In einer Studie konnte nachgewiesen werden, dass durch Übungsaufgaben mit immer genau denselben zehn Dingen Vertrautheit hergestellt wurde und die Genauigkeit und Geschwindigkeit der Denkprozesse deutlich zunahm. Selbst für komplett fragmentierte Zeichnungen von Figuren und Objekten zeigten sich am Ende von fünf Tagen wiedererkennbare Schemata. Damit haben die Entwicklungspsychologin und Wissenschaftlerin Prof. Dr. Christiane Lange-Küttner und ihre Studentin Hind Bechari-Martin gezeigt, dass selbst für Patient*innen mit Alzheimer-Demenz Hoffnung auf Besserung besteht. Die Ergebnisse sind im Druck und werden in diesem Jahr (2022) in der Fachzeitschrift der American Psychological Association Psychology of Aesthetics, Creativity and the Arts sowie als Preprint veröffentlicht.

Die Studie testete die visuelle Wahrnehmungsfähigkeit von Menschen mit Alzheimer-Demenz (AD), deren Objektzeichnungen ihre typischen Konturen verloren haben. Es wurde untersucht, ob intensives Üben die mentalen Repräsentationen von Objekten in drei Aufgaben verbessern oder wiederherstellen kann: 1. Objektbenennung, 2. Objekt-in-Szene-Bestimmung und 3. Objektzeichnung. In allen drei Aufgaben wurden dieselben zehn Figuren und Dinge verwendet (itembasiertes Lernen). Zehn Teilnehmer*innen mit AD und zehn gesunde Kontrollpersonen übten an fünf aufeinanderfolgenden Tagen. Patient*innen mit AD waren zu Beginn des Trainings sehr viel schlechter als die Kontrollgruppe, aber dieser Unterschied verschwand im Laufe der fünf Tage, da Reaktionszeiten schneller wurden und die Genauigkeit zunahm. Das Leistungsniveau selbst und die Schwierigkeit der Aufgabe waren abhängig von Alter, Ausbildung und Dauer des Ruhestands, aber die Übungseffekte waren es nicht.

Die Alzheimerpatient*innen holten am schnellsten in der Objektbenennung auf und dann in der Bestimmung eines Objekts in der richtigen Umgebung. Das Zeichnen eines Objekts war am schwersten, weil feinmotorische Fähigkeiten erforderlich sind. Hier zeigte sich die dramatischste Verbesserung: Während der fünf Übungstage konnten verlorene grafische Objektkonzepte wiederauftauchen. Eine schnelle Beurteilung des räumlichen Zusammenhangs war wichtig für das Zeichnen. Noch wichtiger war die Kontinuität des täglichen Zeichnens. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die tägliche Übung auch die Feinmotorik und die Sorgfalt verbesserte, denn die Patient*innen mit Alzheimer-Demenz nahmen sich zunehmend mehr Zeit, ein wiedererkennbares Objekt zu zeichnen. Insgesamt wurden sie schneller in der Aufgabe, die Urteilskraft erforderte, und langsamer in der Aufgabe, die Sorgfalt benötigte.

Im Rahmen ihrer Forschung zur Entwicklung, Verschlechterung, Verfall, Erholung und Wiederherstellung von intellektuellen Fähigkeiten bei Menschen konnten Prof. Dr. Christiane Lange-Küttner und ihre Studentin zeigen, dass Menschen mit Alzheimer-Demenz und ihre Angehörigen dem geistigen Verfall entgegenarbeiten können.  Ein voller Trainingserfolg, der Mut macht.

Weitere Informationen
Lehrstuhl von Prof. Dr. Christiane Lange-Küttner am Institut für Psychologie der Universität Greifswald

American Psychological Association (APA) Psychology of Aesthetics, Creativity and the Arts
Preprint

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