Ist der Beta-Blocker Metoprolol eine mögliche Prophylaxe für episodische vestibuläre Migräne?
Original Titel:
Results and lessons learnt from a randomized controlled trial: prophylactic treatment of vestibular migraine with metoprolol (PROVEMIG).
- Ist der Beta-Blocker Metoprolol eine mögliche Prophylaxe für episodische vestibuläre Migräne?
- Randomisiert-kontrollierte Placebostudie der Phase 3 in deutschen Universitätskliniken
- Zu geringe Teilnehmerzahl erschwerte die Dateninterpretation
- Kein Unterschied in der Zahl der Schwindelattacken zwischen Metoprolol und Placebo
MedWiss – Die Behandlung der vestibulären Migräne ist in weiten Zügen vergleichbar zu der Behandlung von Migräne ohne Schwindel. Beispielsweise werden Prophylaxen gegen Schwindelmigräne eingesetzt, um weitere Anfälle zu verhindern oder ihre Häufigkeit zu reduzieren. Als mögliche Prophylaxe wurde nun der Beta-Blocker Metoprolol in einer klinischen Studie der Phase 3 im Vergleich zu einem Placebo untersucht.
Die vestibuläre Migräne ist eine der häufigsten Ursachen für wiederholte, spontane Schwindelanfälle. Die Behandlung der vestibulären Migräne ist in weiten Zügen vergleichbar zu der Behandlung von Migräne ohne Schwindel. Beispielsweise werden Prophylaxen eingesetzt, um weitere Anfälle zu verhindern oder ihre Häufigkeit zu reduzieren. Wie gut dies bei der episodischen vestibulären Migräne mit Hilfe des Beta-Blockers Metoprolol erreicht werden kann, sollte in einer klinischen Studie der Phase 3 im Vergleich zu einem Placebo untersucht werden. In dieser Studie wurden Patienten an acht teilnehmenden Universitätskliniken zufällig und im Doppelblindverfahren in zwei parallele Gruppen eingeteilt.
Ist der Beta-Blocker Metoprolol eine mögliche Prophylaxe für episodische vestibuläre Migräne?
Die Betroffenen mussten mit wahrscheinlicher oder definitiver vestibulärer Migräne diagnostiziert (nach Neuhauser-Kriterien 2001) worden sein. Je nach Gruppe sollten die Patienten über 6 Monate Metoprolol (Erhaltungsdosis von 95 mg pro Tag) oder ein Placebo erhalten. Die Wirksamkeit sollte anhand der selbstberichteten monatlichen Zahl von Schwindelanfällen in den Monaten 4 bis 6 erfolgen. Die Patienten wurden dazu gebeten, täglich ein Symptomtagebuch zu führen. Daraus wurde auch die Zahl der Migräne- und Schwindeltage ermittelt. Zusätzlich sollten mit einem Fragebogen zur Belastung durch den Schwindel (dizziness handicap inventory) und klinischen Tests weitere Hinweise auf die Wirksamkeit erfasst werden. Während der gesamten 9-monatigen Studienphase wurden zudem unerwünschte Ereignisse dokumentiert.
Geplant war eine Teilnehmerzahl von 266 Patienten im Alter von mindestens 18 Jahren. 527 mögliche Teilnehmer durchliefen ein erstes Screening, von diesen wurden 293 aufgrund der Kriterien (z. B. Diagnose oder Begleiterkrankung) ausgeschlossen, 104 wollten nicht teilnehmen. Nachdem 130 Patienten zufällig den Behandlungsgruppen zugeordnet worden waren (65 Metoprolol, 65 Placebo), musste die Studie schließlich mit ungenügender Teilnehmerzahl vorzeitig beendet werden. Ursachen dafür waren weder Verträglichkeit noch Sicherheitsbedenken.
Zu geringe Teilnehmerzahl erschwerte die Dateninterpretation
Von den jeweils 65 Teilnehmern pro Gruppe waren 49 Tagebuchdaten in der Metoprololgruppe und 42 in der Placebogruppe aus den Monaten 4–6 verwertbar. Zum Studienende konnte kein Unterschied in der Zahl der Schwindelattacken zwischen beiden Gruppen festgestellt werden. Insgesamt lag die Rate der Anfälle im Vergleich von Metoprolol und Placebo bei 0,983 (95 % Konfidenzintervall 0,902–1,071). In beiden Gruppen nahm die Zahl der Anfälle mit der Zeit signifikant ab. Diese Ergebnisse waren in allen Wirksamkeitsmaßen ähnlich. Die Behandlung wurde gut vertragen, es gab keine unerwarteten Ereignisse.
Kein Unterschied in der Zahl der Schwindelattacken zwischen Metoprolol und Placebo
Demnach konnte in dieser Studie kein Behandlungsvorteil mit Metoprolol im Vergleich zum Placebo festgestellt werden. Die Daten deuten auf einen eher kleinen Effekt des Medikaments Metoprolol auf Schwindelanfälle hin, sind allerdings aufgrund der zu geringen Teilnehmerzahl mit Vorsicht zu sehen. Die Autoren schließen, dass für die Ermittlung der prophylaktischen Wirkung mehr Vorbereitung für Entwicklung und Design einer Studie und der Interpretation relevanter Endpunkte notwendig ist. Beispielsweise sollten Patiententagebücher einfach und praktisch nutzbar sein (z. B. mit Symptomschwere-Skalen), um die Teilnahme zu fördern. Die Wissenschaftler betonen außerdem, dass in Behandlungsstudien von episodischen Syndromen wie der vestibulären Migräne die zwei Symptombereiche Schwindel und Kopfschmerz gezielt und getrennt betrachtet werden sollten, um der Komplexität der Erkrankung gerecht zu werden.
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