Depression
Beruhigend: kein Leberproblem mit den in Europa üblichen medizinischen Checkups bei Agomelatin
Original Titel:
Risk of Acute Liver Injury in Agomelatine and Other Antidepressant Users in Four European Countries: A Cohort and Nested Case-Control Study Using Automated Health Data Sources.
MedWiss – Ist die Behandlung mit Agomelatin ein Risiko für die Leber? Ein Vergleich europäischer Behandlungsdaten mit dem Antidepressivum Citalopram verneinen dies. Experten vermuten, dass dies auch dem europäischen Risikomanagementplan zuzuschreiben ist: Ärzte könnten aufgrund des bekannten Risikos für Leberschäden das Medikament Agomelatin nur gezielt ausgewählten Patienten ohne Risikofaktoren verschreiben und stärker auf die gesunde Leberfunktionen achten.
Agomelatin ist ein Agonist für den Melatoninrezeptor, wirkt also bei diesem Rezeptor vergleichbar zu dem körpereigenen Tag-Nacht-Hormon Melatonin. Agomelatin ist aber auch als eine Art Gegenspieler (Antagonist) für einen Serotonin-Rezeptor wirksam. Die Substanz kann bei Depressionen eine wirksame Hilfe sein. Es können aber auch Leberschäden auftreten, weswegen europaweit ein Risikomanagementplan standardmäßig zur Behandlung mit Agomelatin gehört. Ähnliche die Leber schädigenden Reaktionen sind auch bei anderen Antidepressiva berichtet worden. Es gibt aber kaum Studien, mit denen diese Risiken tatsächlich genauer einzuschätzen sind. Klar ist aber, dass Antidepressiva häufig verschrieben werden und Patienten mit diesen Mitteln oft auch Begleiterkrankungen und -probleme (wie etwa das Metabolische Syndrom) entwickeln, die als Risikofaktor für eine akute Leberschädigung gelten.
Ist das antidepressive Agomelatin ein Risiko für die Leber?
Forscher untersuchten nun, wie hoch das Risiko für akute Leberschäden durch Behandlung mit verschiedenen Medikamenten ist. Dabei verglichen sie Daten aus der klinischen Praxis zu Agomelatin und anderen Antidepressiva (Fluoxetin, Paroxetin, Sertralin, Escitalopram, Mirtazapin, Venlafaxin, Duloxetin und Amitriptylin) und setzten diese in Bezug zu Citalopram als Standard. Die klinischen Daten wurden aus Dänemark, Deutschland, Spanien und Schweden zwischen 2000 und 2014 gewonnen.
Insgesamt analysierten die Experten die Daten von über 3 Millionen (3 238 495) neuen Anwendern von Antidepressiva und 74 440 Patienten, die Agomelatin verschrieben bekamen. Das Risiko, Leberschäden zu entwickeln, war demnach niedriger bei Anwendern von Agomelatin als bei Patienten, die Citalopram einnahmen (sogenannte Odds Ratio von 0,48) – selbst wenn die Daten ohne strenge Ausschlusskriterien (z. B. in Bezug auf Alkohol- oder Drogenmissbrauch) betrachtet wurden. Auch die übrigen Antidepressiva führten im Vergleich mit Citalopram nicht häufiger zu Leberproblemen.
Die Frage, ob Agomelatin ein Risiko für die Leber ist, wurde verneint
Die Forscher fanden keine erhöhten Leberrisiken bei der Anwendung von Agomelatin sowie weiteren Antidepressiva im Vergleich zum Standard Citalopram. Die Experten betonen aber, dass dabei der europäische Standard bei der Risikominimierung zu beachten ist. Die Behandlung mit Agomelatin stellt demnach kein erhöhtes Risiko für die Leber dar, da das Medikament vermutlich nur gezielt ausgewählten Patienten ohne Risikofaktoren verschrieben wird und regelmäßig die gesunde Leberfunktion überprüft wird. Weshalb Citalopram aber in dieser Studie auch im Vergleich zu anderen Antidepressiva schlechter abschnitt, werden weitere Untersuchungen ermitteln müssen.
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