Neue Wege zur Bewältigung von Adipositas
Erlanger Forschende untersuchten Entzündungen im Fettgewebe
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Mikrobiologischen Instituts – Klinische Mikrobiologie, Immunologie und Hygiene des Universitätsklinikums Erlangen und des Trinity College Dublin haben einen Faktor entdeckt, der möglicherweise die Entstehung der Fettleibigkeit begünstigt.
Es wurde untersucht, wie Immunzellen im Fettgewebe zusammenarbeiten und dabei Entzündungen verursachen, die wiederum zu Gewichtszunahme und Fettleibigkeit führen. Dazu wurden Entzündungsprozesse bei fettleibigen Patientinnen und Patienten mit oder ohne Typ-2-Diabetes sowie im Tiermodell untersucht. Die Arbeit des Konsortiums zeigt, wie die Regulierung von Entzündungen im Fettgewebe auch genutzt werden kann, um neue Wege zur Bewältigung von Fettleibigkeit zu finden.
Die Studie, die gerade in der führenden internationalen biomedizinischen Fachzeitschrift Science Translational Medicine erschienen ist (DOI: 10.1126/scitranslmed.abj6879), wurde federführend von Dr. Christian Schwartz, Arbeitsgruppenleiter in der Mikrobiologie des Uni-Klinikums Erlangen und früherer Fellow der European Molecular Biology Organization am Trinity College Dublin, in Kooperation mit Professor Padraic Fallon (School of Medicine des Trinity College Dublin) durchgeführt.
Adipositas ist bei Erwachsenen und bei Kindern weltweit stark verbreitet. Menschen, die an Übergewicht und Fettleibigkeit leiden, haben ein höheres Risiko, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bestimmte Arten von Krebs zu entwickeln. Wie die COVID-19-Pandemie zeigt, neigen mit SARS-CoV-2 infizierte Personen mit Adipositas auch dazu, eine schwerere Verlaufsform dieser Infektionskrankheit zu entwickeln, die dann oftmals eine intensivmedizinische Behandlung und ein erhöhtes Sterberisiko mit sich bringt. Neue Therapien sind erforderlich, um die Fettleibigkeit und die dadurch verursachten gravierenden Folgen einer erhöhten Infektionsanfälligkeit zu bekämpfen.
In ihrer Arbeit fanden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler heraus, wie bestimmte Kontroll- oder Checkpoint-Proteine Immunzellen im Fettgewebe so verändern, dass diese Entzündungsvorgänge auslösen und so Fettleibigkeit fördern. Bei Menschen mit einem Body-Mass-Index von 30 und höher (BMI > 30 kg/m²) hatten diese Veränderungen im Fettgewebe Vorhersagekraft für das Gewicht der Person. Die Forscherinnen und Forscher zeigten weiterhin, dass Mäuse, denen eines der Kontrollproteine fehlte und die eine nach westlichen Standards „fettreiche“ Diät erhielten, schneller eine Gewebeentzündung entwickelten und dabei auch rascher an Gewicht zunahmen.
„Als immunologisch-infektiologisch arbeitende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollten wir in erster Linie wissen, welche Zellen an dieser fehlgesteuerten Immunantwort beteiligt sind und zur Adipositas führen. Deshalb galt unser Interesse zunächst der Entschlüsselung des zugrunde liegenden Mechanismus. Es ist faszinierend, zu sehen, dass eine kleine Veränderung an einer von vielen Zellpopulationen im Fettgewebe solche Auswirkungen auf die Gewichtszunahme hat“, sagt Dr. Schwartz. Inwieweit diese Erkenntnisse auch zur Entwicklung neuer Therapiekonzepte bei der Adipositas eingesetzt werden können, werden zukünftige Untersuchungen zeigen.