Gestärkte Immunzellen für den Kampf gegen Krebs
Die Biologin Sabrina Prommersberger vom Universitätsklinikum Würzburg erhält für die nächsten drei Jahre eine Förderung der DKMS, um die CAR-T-Zelltherapie zu optimieren. Im Fokus steht das Medikament Dasatinib, welches den SLAMF7-CAR-T-Zellen eine kurze Pause vom Abräumen der Krebszellen verschafft und somit ihre Wirksamkeit erhöht.
“Leveraging dasatinib as an ON/OFF switch for SLAMF7 CAR T cells to prevent fratricide and exhaustion and augment anti-myeloma potency”. So lautet der Antrag, mit dem sich Dr. Sabrina Prommersberger vom Universitätsklinikum Würzburg (UKW) bei der Stammzellenspenderdatei DKMS um den John Hansen Research Grant beworben hat. Mit Erfolg. Das Medical Council der DKMS Stiftung Leben Spenden hat dem Projekt viel Potential eingeräumt, dem Förderziel des Forschungspreises zu entsprechen und den Kampf gegen Blutkrebs nachhaltig und wirksam voranzubringen. Sabrina Prommersberger erhält für die nächsten drei Jahre ein Preisgeld von insgesamt 240.000 Euro. Ihr Projekt ist gesichert. Sie wird den Einsatz des Medikaments Dasatinib als EIN/AUS-Schalter für SLAMF7-CAR-T-Zellen nutzen, um zu verhindern, dass die T-Zellen, die eigentlich darauf trainiert sind Krebszellen zu erkennen, frühzeitig ermüden und ihre Arbeit einstellen, bevor sie alle Krebszellen abgeräumt haben.
Immunzellen werden im Labor für Kampf gegen Krebszellen gerüstet
Die 36-jährige Biologin arbeitet seit sechs Jahren in der AG Hudecek der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des UKW. Klinikdirektor Professor Dr. Hermann Einsele gilt als Pionier in der zellulären Immuntherapie. Vor zehn Jahren holte er Professor Dr. Michael Hudecek an Bord, der sich auf dem Gebiet der CAR-T-Zell-Forschung weltweit einen Namen gemacht hat. „Die CAR-T-Zelltherapie ist eine der vielversprechendsten immuntherapeutischen Ansätze für die Behandlung von Krebserkrankungen, die das blutbildende System betreffen, in der Fachsprache hämatologischen Malignome genannt“, berichtet Sabrina Prommersberger. „Wir entnehmen aus dem Blut der Patientinnen und Patienten T-Zellen. Das sind weiße Blutkörperchen, die der Immunabwehr dienen. Damit sie auch Krebszellen erkennen und bekämpfen können, verändern wir sie gentechnologisch. Das heißt, wir statten sie im Labor mit künstlichen auf die entsprechende Krebsart zugeschnittenen Rezeptoren aus, sogenannte Chimäre Antigen Rezeptoren, kurz CAR.“ Anschließend werden die „scharf gestellten“ T-Zellen den Patienten über eine Infusion wieder zugeführt. Mithilfe des spezifischen Oberflächenmarkers können die CAR-T-Zellen die Tumorzellen im Körper aufspüren und zerstören. Das bekannteste Beispiel sind CD19-CAR-T-Zellen, die zur Behandlung von B-Zell-Leukämie und Lymphomen eingesetzt werden.
SLAMF7-CAR-T-Zellen zur Behandlung des Multiplen Myeloms
Die AG Hudecek untersucht mit inzwischen 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verschiedene CAR-T-Zellen, darunter auch solche, die den Oberflächenmarker SLAMF7 erkennen. Dieser ist auf bösartigen Knochenmarkszellen beim Multiplen Myelom zu finden. Das Multiple Myelom ist eine bösartige Erkrankung der Plasmazellen im Knochenmark. Sabrina Prommersberger und ihre Kolleginnen und Kollegen haben die SLAMF7-spezfischen CAR-T-Zellen intensiv untersucht und verbessert. Sie haben geprüft, ob sie fähig sind, Myelomzellen zu bekämpfen und ob sie schwerwiegende Nebenwirkungen hervorrufen könnten. Nach mehrjähriger präklinischer Forschung werden die SLAMF7-CAR-T-Zellen nun der klinischen CARAMBA-Studie getestet. „In der CARAMBA-Studie untersuchen wir derzeit gemeinsam mit Partnern aus sechs europäischen Ländern die Anwendung von SLAMF7-CAR-T-Zellen bei Patienten mit fortgeschrittenem Multiplen Myelom, bei denen konventionelle Therapien dieser bösartigen Erkrankung der Plasmazellen im Knochenmark ausgeschöpft sind“, erläutert Michael Hudecek, der die von der Europäischen Union im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon 2020 unterstützten Studie leitet.
Die Herausforderung: Erschöpfung der CAR-T-Zellen beim schnellen Abräumen der Krebszellen
„Mein Projekt baut auf den Erfahrungen der CARAMBA Studie und dem klinischen Einsatz von CD19-CAR-T-Zellen zur Bekämpfung von Leukämien und Lymphomen auf: Die CAR-T-Zellen sind häufig so sehr mit der Zerstörung der Krebszellen beschäftigt, dass sie sich verausgaben und nach der Verabreichung an den Patienten einen Erschöpfungszustand eintritt.“ Wie lassen sich also bessere Rahmenbedingungen für die Zellen schaffen? Der Proteinkinasehemmer Dasatinib könnte eine Lösung sein. Vorarbeiten von Dr. Katrin Mestermann aus der Arbeitsgruppe Hudecek haben gezeigt, dass das Medikament, das oft zur Behandlung einer chronischen myeloischen und akuten lymphatischen Leukämie zum Einsatz kommt, die Funktion der CAR-T-Zellen wie ein EIN/AUS-Schalter steuern kann. Den CAR-T-Zellen wird somit in regelmäßigen Abständen eine – kurze – Pause vom Abräumen der Krebszellen verschafft.
Kleine Pausen erhöhen signifikant die Gesamtwirkung von CAR-T-Zellen gegen Krebs
„Diese Pausentaste möchten und können wir dank der Förderung der DKMS nun genauer untersuchen“, sagt Sabrina Prommersberger zuversichtlich. „Zunächst einmal werden wir testen, ob die Zugabe von Dasatinib bei der Herstellung der SLAMF7-CAR-T-Zellen, ihre Qualität und Quantität beeinflusst. Anschließend werden wir in präklinischen Modellen testen, ob Dasatinib die Wirksamkeit der CAR-T-Zellen erhöht. Unterm Strich stellt sich die Frage: Kann Dasatinib das Wachstum der CAR-T-Zellen verbessern und ihre Fitness erhöhen? Und: Lässt sich der Ansatz auch auf andere CAR-T-Zellarten übertragen?“
Michael Hudecek fügt hinzu: „Die Möglichkeit, CAR-T-Zellen mit einem AN/AUS Schalter zu steuern ist ein bahnbrechendes aber auch sehr praxisnahes neues Konzept, denn die Medikamente, die wir als AN/AUS Schalter einsetzen sind klinisch verfügbar, preiswert und sehr gut verträglich. Wir hoffen sehr, dass wir durch diese Untersuchungen die CAR-T-Zell-Therapie noch wirksamer, sicherer und zugänglicher machen können.“
#WomenInScience am UKW
Sabrina Prommersberger ist Naturwissenschaftlerin mit Leib und Seele. Warum der Fränkin der translationale Forschungsansatz am Uniklinikum so gut gefällt, und wie sich ihrer Meinung nach Frauen in der Forschung besser durchsetzen können ist hier zu lesen: https://www.ukw.de/forschung-lehre/women-in-science/sabrina-prommersberger/
Über die DKMS
Die DKMS ist bekannt als weltweit größte Stammzellspenderdatei. Mit verschiedenen Forschungsprogrammen setzt sie sich aber auch dafür ein, den medizinischen Fortschritt in diesem Bereich voranzutreiben. Ein wichtiger Baustein ist dabei die Nachwuchsförderung: Die John Hansen Research Grants gehen jedes Jahr an bis zu vier talentierte Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler. Dotiert sind die Grants mit 240.000 Euro je Preisträger, verteilt auf einen Zeitraum von drei Jahren. Voraussetzung für die Bewerbung ist unter anderem ein Doktorgrad, dessen Erreichung höchstens acht Jahre zurückliegen darf. Das Forschungsgebiet des einzureichenden Projekts soll in den Bereichen Stammzelltransplantation und Zelltherapie liegen und zum Ziel haben, den Kampf gegen Blutkrebs nachhaltig und wirksam zu unterstützen und voranzubringen. Alle Anträge werden anhand eines standardisierten Kriterienkatalogs geprüft. Vier unabhängige Experten bewerten die Bewerbungen vor, anschließend folgt eine Gruppendiskussion über die in die engere Wahl gekommenen Bewerbungen durch Mitglieder des DKMS Medical Council.
Weitere Informationen:
Informationen zur CARAMBA-Studie unter https://www.caramba-cart.eu/
Links zur Pressemitteilung der DKMS: : https://mediacenter.dkms.de/medizin-und-forschung/