Konsequent bei der MS-Therapie bleiben: Adhärenzstudie mit Interferon-Autoinjektor
Original Titel:
Predictors of Adherence Among Patients With Multiple Sclerosis Using the BETACONNECT® Autoinjector: A Prospective Observational Cohort Study
- Wie konsequent führen MS-Patienten ihre Interferon-Therapie durch?
- Multizentrenstudie über 153 Patienten mit Autoinjektor-Behandlung
- Anhaltend hohe Compliance, kontinuierliche Abnahme von Persistenz und Adhärenz über 24 Monate
- Zufriedene Patienten, aber mit variabler Konsequenz
- Relevante Faktoren: Gesundheitswahrnehmung, Erfahrung mit der Therapie, anfänglicher Support
MedWiss – Bei Patienten mit Multipler Sklerose (MS) ist die Adhärenz bei krankheitsmodifizierenden Behandlungen besonders wichtig, um das Risiko für MS-Rückfälle zu reduzieren. Ziel der deutschen Studie war es, Prädiktoren für die Adhärenz bei Behandlung mit Interferon β-1b mit einem Autoinjektor zu ermitteln. Dabei spielten neben Injektionsstellenreaktionen auch die Behandlungshistorie, aber auch die eigene Gesundheitswahrnehmung eine Rolle. Individueller Support in gezielten Programmen könnte unterstützen, die langfristige Adhärenz zu fördern.
Bei Patienten mit Multipler Sklerose (MS) ist es besonders wichtig, die Therapie konsequent durchzuführen. Non-Adhärenz bei einer krankheitsmodifizierenden medikamentösen Therapie ist mit einem erhöhten Risiko für MS-Rückfälle assoziiert. Daher wäre es hilfreich, solche Patienten früh zu erkennen, die eher ein Risiko für Non-Adhärenz haben, um ihnen zeitnah und individuell Unterstützung anbieten zu können. Ziel der im Journal Frontiers Neurology veröffentlichten deutschen Studie BETAPREDICT war es nun, mögliche Vorhersagefaktoren für die individuelle Adhärenz von Patienten mit MS in Behandlung mit Interferon β-1b (IFNβ-1b) mit einem speziellen Autoinjektor zu ermitteln.
Wie konsequent führen MS-Patienten ihre Interferon-Therapie durch?
Die Multizentrenstudie wurde prospektiv über 24 Monate in einer Kohorte mit Patienten mit schubförmig verlaufender MS (RRMS, relapsing-remitting MS) oder klinisch isoliertem Syndrom durchgeführt. Alle Teilnehmer der Studie erhielten IFNβ-1b und nutzten den Autoinjektor. Dieser Autoinjektor zeichnet Injektionsdaten auf. Vorrangiges Ziel der Studie war die Bestimmung von Prädiktoren für die Compliance, das Durchhaltevermögen in der Therapie (Persistenz) und die Adhärenz in der Therapie nach 12 und 24 Monaten. Compliance bezeichnet dabei das Ausmaß, in dem die Behandlungsempfehlungen befolgt werden, in Bezug auf Zeitpunkt, Dosierung und Häufigkeit. Persistenz dagegen beschreibt die fortlaufende Behandlung für eine verschriebene Dauer. Adhärenz wiederum beschreibt Patienten, die sowohl compliant als auch persistent ihrer Therapie durchführen. Im zweiten Schritt wurde auch evaluiert, wie zufrieden die Patienten mit dem Autoinjektor waren, ob Schmerzen an der Injektionsstelle auftraten, wie gut der Vitamin- und Nährstoffstatus der Patienten war, sowie der klinische Verlauf und verschiedene Patienten-bezogene Ergebnismaße.
Multizentrenstudie über 153 Patienten mit Autoinjektor-Behandlung
Von 165 in die Studie aufgenommenen Patienten konnten 153 analysiert werden. Von 120 dieser Patienten lagen Autoinjektor-Daten vor. 72 Patienten brachen die Studie vor Ende ab. Im Mittel waren die Teilnehmer 42,5 Jahre alt, die meisten (n = 102; 66,7 %) waren Frauen. Die meisten Patienten (n = 145; 94,8 %) hatten RRMS, die übrigen Patienten waren mit CIS diagnostiziert. Im Schnitt waren die Patienten seit mehreren Jahren erkrankt – seit dem ersten klinischen Ereignis mit Verdacht auf MS waren im Mittel 95,5 Monate vergangen. Die Mehrzahl der Patienten (n = 114; 74,5 %) injizierten bereits IFNβ-1b. Von diesen nutzten 94,7 % bereits vor dieser Studie einen Autoinjektor.
Compliance konnte von 120 Patienten erhoben werden, Persistenz von 153 Patienten und das zusammengefasste Maß der Adhärenz von 120 Patienten. Nach 24 Monaten waren die Patienten zu 89,1 % compliant, zu 53,6 % persistent und zu 41,7 % adhärent. Die Compliance war in dieser Studie über 24 Monate hoch. Persistenz und Adhärenz nahmen dagegen kontinuierlich ab.
Anhaltend hohe Compliance, kontinuierliche Abnahme von Persistenz und Adhärenz
Die Compliance nach 12 und 24 Monaten wurde durch die Einnahme von Vitamin D-Supplementation und der Abwesenheit spezifischer Reaktionen an der Injektionsstelle. Positive Prädiktoren für die Persistenz umfassten das Alter der Patienten und die vorherige Behandlungsdauer. Die Einnahme von Vitaminen und Nährstoffen (außer Vitamin D) war dagegen ein negativer Prädiktor für die Persistenz. Positive Prädiktoren für die Adhärenz waren das Alter der Patienten und ob sie Erfahrung mit der IFNβ-1b-Behandlung hatten.
Bestimmte Faktoren im kurzen Gesundheitsfragebogen (SF-36) schienen häufiger mit konsequenter Therapie einherzugehen. So waren Patienten, die manche Einschränkungen zu Beginn der Studie angaben, nach 24 Monaten eher adhärent und persistent. Eine anfänglich positive Sicht der eigenen Gesundheit schien dagegen eher nachteilig für die konsequente Therapie zu sein. Die Teilnahme an gezielten Supportprogrammen schien vor allem in den ersten 12 Monaten förderlich zu sein.
Die Patienten waren im Schnitt sowohl zu Beginn als auch nach 24 Monaten sehr zufrieden mit dem Autoinjektor (Median: 9 von 10 Punkten).
Zufriedene Patienten, aber mit variabler Konsequenz je nach Behandlungserfahrung oder Gesundheitswahrnehmung
Verschiedene Faktoren beeinflussten demnach das Therapieverhalten der Patienten. Dazu gehörten auch Patientencharakteristika, die Behandlungshistorie, ob Reaktionen der Injektionsstelle auftraten und wie Patienten ihre eigene Gesundheit wahrnahmen. Auch Supportprogramme konnten demnach unterstützen. Die Bedeutung dieser Faktoren kann sich allerdings individuell und im Zeitverlauf der Therapie verändern. Entsprechend ist im Laufe der Behandlung auch gezielter und spezifischer Support sinnvoll, um die MS bestmöglich zu therapieren.
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