CRONOS-Register am UKSH ermöglicht wichtige Erkenntnisse zu SARS-CoV-2 in der Schwangerschaft, bei Geburt und im Wochenbett

Unter Federführung von Prof. Pecks erstellte Behandlungsleitlinie veröffentlicht – CRONOS-Register liefert Daten für vielbeachtete wissenschaftliche Publikationen

Wie in allen Bereichen der Gesellschaft hat die Corona-Pandemie bei Frauen während und unmittelbar nach der Schwangerschaft zu großer Verunsicherung geführt. Das von Prof. Dr. Ulrich Pecks, Leiter der Geburtshilflichen Abteilung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel, und Professor an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), geführte CRONOS-Register konnte bereits zur Beantwortung einiger zentraler medizinischer Fragestellungen beitragen. Nun ist die aktualisierte Behandlungsleitlinie zu SARS-CoV-2 in der Schwangerschaft, bei Geburt und im Wochenbett veröffentlicht worden, die unter der Federführung von Prof. Pecks erstellt wurde. Zugleich liefern zwei neue Studien unter Beteiligung des CRONOS-Registers wichtige Erkenntnisse zu diesem Thema.

Bereits seit Beginn der Pandemie haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Forschungsnetzwerkes der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin (DGPM) begonnen, mit dem Projekt „Covid-19 Related Obstetric and Neonatal Outcome Study in Germany“ (CRONOS) strukturiert Daten zu den Auswirkungen von SARS-CoV-2 auf Schwangerschaft und Geburt zu erfassen. Das Register bündelt die Expertise der Geburtshilfe und Neonatologie in mehr als 120 deutschen Kliniken und wird durch die beiden Studienleiter Prof. Pecks und Prof. Dr. Mario Rüdiger, Direktor des Zentrums für feto-neonatale Gesundheit am Universitätsklinikum Dresden, koordiniert.

S2k-Leitlinie zu SARS-CoV-2 in der Schwangerschaft, bei Geburt und im Wochenbett

Bei geimpften schwangeren und stillenden Frauen verläuft die Erkrankung meist mit milden oder keinen Symptomen. Bei ungeimpften schwangeren Frauen besteht jedoch ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf, der auch das Neugeborene betreffen kann. Mit der nun veröffentlichten neuen S2k-Leitlinie werden die relevanten wissenschaftlichen Kenntnisse zu einer SARS-CoV-2-Infektion während Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit gebündelt, um die Versorgung der Patientinnen zu verbessern und den betreuenden Medizinerinnen und Medizinern Behandlungsempfehlungen zu geben.

Unabhängig von einer bestehenden Erkrankung wird betont, dass infektionspräventive Maßnahmen wie das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes oder das Testen und Screening auf SARS-CoV-2 für schwangere und stillende Frauen sowie Wöchnerinnen auch weiterhin wirksame Maßnahmen zur Vermeidung einer Infektion darstellen. Kommt es jedoch zu einer Infektion, kann die Behandlung in den meisten Fällen ambulant erfolgen. Auch um die Kapazitäten in den Kliniken zu entlasten, wird im Falle einer Infektion eine Hospitalisierung erst dann empfohlen, wenn die Symptome den Allgemeinzustand deutlich beeinträchtigen oder ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf zusätzlich zur Schwangerschaft vorliegt.

„Schwangere, Wöchnerinnen, stillende Mütter und ihre Neugeborenen mit einer SARS-CoV-2-Infektion bedürfen eines besonderen Umgangs, wodurch geburtshilfliche und neonatologische Abteilungen einen sehr sensiblen Bereich in Einrichtungen des Gesundheitswesens darstellen. Umso wichtiger ist diese vereinheitlichte Leitlinie, die auf 24 Monaten klinischer Erfahrung, intensiver Literaturrecherche und der Datensammlung des CRONOS-Netzwerks basiert“, sagt Prof. Pecks, der die Leitlinie im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e. V. (DGGG) und der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin e.V. (DGPM) mit Beteiligung zahlreicher weiterer Fachgesellschaften erstellt hat.

Auswirkungen von Covid-19 bei Schwangerschaftsdiabetes

Gestationsdiabetes mellitus (Schwangerschaftsdiabetes) ist eine der häufigsten Schwangerschaftskomplikationen mit einer weltweiten Prävalenz von 13,4 Prozent im Jahr 2021. Schwangere Frauen mit Covid-19 und Gestationsdiabetes mellitus werden 3,3-mal häufiger in eine Intensivstation eingewiesen als Frauen ohne Gestationsdiabetes mellitus. Forschende des UKSH und der CAU haben nun unter der Leitung von Prof. Pecks in Kooperation mit dem Diabetologen Dr. Kleinwechter untersucht, ob Schwangerschaftsdiabetes ein unabhängiger Risikofaktor für ungünstige mütterliche und fetale/neonatale Ereignisse bei schwangeren Frauen mit Covid-19 ist.
Die Auswertung der Daten des CRONOS-Registers ergab, dass der Schwangerschaftsdiabetes nicht generell mit einem ungünstigen mütterlichen Ergebnis verbunden war. Insbesondere bei übergewichtigen Frauen (BMI >25) mit insulinpflichtigem Gestationsdiabetes mellitus wurde jedoch ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19 festgestellt. Die Studie wurde aktuell im renommierten American Journal of Obstetrics & Gynecology publiziert. (https://doi.org/10.1016/j.ajog.2022.05.027)

Auswirkungen von Covid-19 bei Schwangerschaften nach künstlicher Befruchtung

Ebenfalls auf Daten des CRONOS-Registers basiert eine aktuell publizierte Studie über die Auswirkungen von Covid-19 bei Schwangerschaften, die nach Kinderwunschbehandlung entstanden sind. Die Auswertung wurde durch Forschende der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) unter Beteiligung des UKSH durchgeführt.

Die Häufigkeit von Covid-19-assoziierten unerwünschten Folgen (z.B. Lungenentzündung, Einweisung in die Intensivstation, Tod) war in der Gruppe der Frauen, die durch Kinderwunschbehandlung schwanger geworden sind, nicht anders als bei Frauen nach einer spontanen Empfängnis. Allerdings bestätigt die Studie auch, dass das Risiko für geburtshilfliche und neonatale Komplikationen bei diesen Schwangerschaften unabhängig von Covid-19 höher ist.

„Die neue Erkenntnis aus der Arbeit verschafft Sicherheit. Corona bringt kein höheres Risiko für diese Schwangerschaften als bei Frauen nach spontaner Empfängnis. Wichtig ist aber, dass die intensive medizinische Betreuung dieser Frauen gerade in der Pandemie sichergestellt sein muss“, sagt PD Dr. Sören von Otte, Leiter des Universitären Kinderwunschzentrums am Campus Kiel.

Die medizinisch unterstützte Fortpflanzung war nicht der primäre Risikofaktor für ungünstige mütterliche und neonatale Ereignisse. Faktoren wie das Alter der Schwangeren, Mehrlingsschwangerschaften oder Übergewicht (BMI >30) trugen unabhängig von der medizinisch unterstützten Fortpflanzung zu den erhöhten Risiken für ungünstige Schwangerschaftsfolgen bei. Die Studie wurde ebenfalls im American Journal of Obstetrics & Gynecology publiziert. (https://doi.org/10.1016/j.ajog.2022.04.021)