Schutz gegen CoV: Impfbereitschaft wächst durch Aufklärung
Marburger Ökonomen ermittelten, was gegen Impfmüdigkeit hilft
Will man die Impfbereitschaft fördern, so hilft es, über die Vorteile einer Impfung aufzuklären, fanden Marburger Sozialwissenschaftler heraus.
Wer mehrere Wochen lang immer wieder über die Vorteile einer Impfung gegen das Coronavirus informiert wird, geht daraufhin mit erhöhter Wahrscheinlichkeit zum Impfen. Das haben Sozialwissenschaftler der Philipps-Universität Marburg in einer aktuellen Studie herausgefunden, in der sie Strategien gegen die Impfmüdigkeit überprüfen. Die bloße Erinnerung an die ausstehende Impfung und die Richtigstellung von Falschinformationen über das Impfen allein erhöhen die Impfneigung hingegen nicht, berichten die Forscher im Fachblatt „PLOS ONE“.
Obwohl längst eine ganze Palette wirksamer und gut verträglicher Impfstoffe gegen das Coronavirus zur Verfügung stehen, verzichtet etwa ein Viertel der Menschen in der Bundesrepublik noch immer darauf, sich impfen zu lassen. Die Bundesregierung führt Informationskampagnen durch, um die Impfzurückhaltung einzudämmen. „Es gibt eine Reihe von Vorschlägen, wie man die Impfbereitschaft erhöhen kann“, erklärt der Marburger Verhaltensökonom Maximilian Burger, einer der drei Autoren des Fachaufsatzes. „Die verschiedenen Ansätze müssen jedoch auf ihre Wirksamkeit getestet werden.“
Welche Maßnahmen eignen sich am besten, das zögerliche Impfverhalten zu verändern? Wie effektiv sind die verschiedenen Ansätze zur Erhöhung der Impfbereitschaft? Um diese Fragen zu beantworten, führten Burger und seine Kollegen Mitte 2021 zunächst eine Umfrage mit 1.324 Teilnehmerinnen und Teilnehmern durch. „Dabei stellten wir fest, dass die Impfabsicht nicht zunimmt, egal, ob die bereitgestellten Informationen Impfmythen entlarven oder die Vorteile des Impfens hervorheben“, konstatiert Mitverfasser Matthias Mayer.
Darauf folgte eine Reihe von E-Mails, die die Probandinnen und Probanden an die Impfung erinnerten und ihnen praktische Informationen an die Hand gaben, wo man sich impfen lassen können. Im Herbst endete die Studie mit einer Nachbefragung, um festzustellen, ob die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sich mittlerweile haben impfen lassen. „Kommuniziert man über mehrere Wochen hinweg, welche Vorteile eine Impfung bringt, so verringert dies die Wahrscheinlichkeit, sich nicht impfen zu lassen, um 27 Prozent im Vergleich zur Kontrollgruppe“, berichtet der dritte Koautor Dr. Ivo Steimanis. Die Entlarvung von Impfmythen und -erinnerungen allein führt hingegen nicht zu einer spürbar erhöhten Impfbereitschaft.
„Einmalige Botschaften reichen möglicherweise nicht aus, um die Impfabsicht zu erhöhen“, schreiben die Autoren, „aber in der Wiederholung scheinen sie sich auf das Impfverhalten auszuwirken.“ Bei der Evaluation von impffördernden Maßnahmen seien daher langfristige Veränderungen im Blick zu behalten, nicht nur unmittelbare Effekte. Die Studie unterstreiche außerdem, wie wichtig es sei, nicht nur auf die mitgeteilten Absichten der Befragten zu achten, sondern auf deren tatsächliches Verhalten.
Dr. Ivo Steimanis arbeitet als Wissenschaftler am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Philipps-Universität in der Arbeitsgruppe „Nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen“; Maximilian Burger und Matthias Mayer fertigen dort ihre Doktorarbeiten an.
Originalpublikation: Maximilian Burger, Matthias Mayer & Ivo Steimanis: Repeated information of benefits reduces COVID-19 vaccination hesitancy: Experimental evidence from Germany, PLOS ONE 2022, DOI: https://doi.org/10.1371/journal.pone.0270666