Melioidose: Neuer Ansatz gegen gefährliche Bakterieninfektion
Studie identifiziert ein für die Infektion zentrales Enzym
Forschende des Leibniz-HKI haben ein Enzym als neuen Ansatzpunkt gegen die gefährliche bakterielle Infektion Melioidose identifiziert. Das pathogene Bakterium Burkholderia pseudomallei nutzt es zum Bau einer molekularen Struktur, die eine entscheidende Rolle bei der Infektion spielt. Die Ergebnisse wurden in Nature Chemistry veröffentlicht.
Melioidose ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, ausgelöst durch das Bakterium Burkholderia pseudomallei. „Ohne Behandlung verläuft die Krankheit meist tödlich“, erklärt Christian Hertweck, Leiter der Abteilung Biomolekulare Chemie am Leibniz-HKI und Professor für Naturstoffchemie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. „Und selbst eine Antibiotikabehandlung zieht sich häufig über viele Monate und ist nicht immer erfolgreich, weil gängige Medikamente gegen diese Erreger nicht gut wirken.“
Seine Forschungsgruppe möchte deswegen die Infektionsmechanismen des Bakteriums besser verstehen und ist dabei auf einen möglichen neuen Ansatzpunkt zur Bekämpfung der Erkrankung gestoßen. „Wir haben ein Enzym gefunden, das eine für die Infektion zentrale molekulare Struktur synthetisiert“, erklärt Felix Trottmann, Erstautor der Studie.
Das Enzym (BurG) bildet aus einem Vorläufer-Molekül einen Cyclopropanol-Ring, eine hoch reaktive chemische Verbindung. In vorherigen Studien konnte Trottmann zeigen, dass diese Struktur von mehreren pathogenen Bakterien aus der Gattung Burkholderia gebildet wird und offenbar eine wichtige Rolle bei der Infektion spielt. Wird der Biosyntheseweg für dieses Molekül durch Mutationen ausgeschaltet, sind die Bakterien weit weniger gefährlich.
Das Forschungsteam hat außerdem in Kooperation mit Michael Groll von der TU München die 3D-Struktur des Enzyms aufgeklärt. „In einem nächsten Schritt können wir jetzt versuchen, Wirkstoffe zu designen, die das Enzym inhibieren und die Bakterien so weniger virulent machen“, erläutert Trottmann. Das Enzym kommt, soweit bekannt, nur in Bakterien vor und nicht im Menschen. „Die Hoffnung ist deshalb, die Bakterien spezifisch hemmen zu können“, so Hertweck. Das Immunsystem könnte dann leichter mit ihnen fertig werden.
Um die Biosynthese der für die Infektion zentralen molekularen Struktur zu verstehen, hatten sich die Forschenden das Gencluster angeschaut, das die dafür notwendigen DNA-Informationen enthält. Die Laborexperimente führten sie mit Burkholderia thailandensis durch, die Burkholderia pseudomallei zwar sehr ähnlich, aber wesentlich harmloser sind.
Melioidose tritt bisher hauptsächlich in Südostasien und Australien auf. Experten warnen aber, dass sich die Krankheit weiter ausbreiten könnte. So konnten etwa die US Centers for Disease Control and Prevention (CDC) die Ursache für vier Melioidose-Fälle im vergangenen Jahr, von denen zwei tödlich ausgingen, auf ein Aromaspray zurückführen. Eine nah verwandte Art, B. mallei, die ebenfalls den Cyclopropanol-Ring bildet, wurde zudem als biologische Waffe im Ersten und Zweiten Weltkrieg eingesetzt. Und auch B. pseudomallei wurde in einigen Ländern als solche erforscht.
Die Studie wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen der Sonderforschungsbereiche 1127 (ChemBioSys) und 1309 unterstützt. Zudem wurden die Forschenden über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, die Daimler und Benz Stiftung sowie den Fonds der Chemischen Industrie gefördert. Christian Hertweck setzte für die Arbeit Mittel aus dem Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis ein, mit dem er 2015 ausgezeichnet wurde.
Originalpublikation
Trottmann F, Ishida K, Ishida-Ito M, Kries H, Groll M, Hertweck C (2022). Pathogenic bacteria remodel central metabolic enzyme to build a cyclopropanol warhead. Nature Chemistry. Doi: 10.1038/s41557-022-01005-z
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Das Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut – wurde 1992 gegründet und gehört seit 2003 zur Leibniz-Gemeinschaft. Die Wissenschaftler des Leibniz-HKI befassen sich mit der Infektionsbiologie human-pathogener Pilze. Sie untersuchen die molekularen Mechanismen der Krankheitsauslösung und die Wechselwirkung mit dem menschlichen Immunsystem. Neue Naturstoffe aus Mikroorganismen werden auf ihre biologische Aktivität untersucht und für mögliche Anwendungen als Wirkstoffe zielgerichtet entwickelt.
Das Leibniz-HKI verfügt über sieben wissenschaftliche Abteilungen und vier Forschungsgruppen, deren Leiter überwiegend berufene Professoren der Friedrich-Schiller-Universität Jena sind. Hinzu kommen mehrere Nachwuchsgruppen und Querschnittseinrichtungen mit einer integrativen Funktion für das Institut. Gemeinsam mit der FSU betreibt das Leibniz-HKI die Jena Microbial Resource Collection, eine umfassende Sammlung von Mikroorganismen und Naturstoffen. Zurzeit arbeiten etwa 450 Personen am Leibniz-HKI, davon 150 Promovierende.
Das Leibniz-HKI ist Kernpartner großer Verbundvorhaben wie dem Exzellenzcluster Balance of the Microverse, der Graduiertenschule Jena School for Microbial Communication, der Sonderforschungsbereiche FungiNet (Transregio), ChemBioSys und PolyTarget, des Zentrums für Innovationskompetenz Septomics, des Leibniz-Zentrums für Photonik in der Infektionsforschung sowie von InfectControl, einem Konsortium im BMBF-Programm Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation. Das Leibniz-HKI ist zudem Nationales Referenzzentrum für invasive Pilzinfektionen.
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