Depression
Ab wann wird das Gesundheits-Management chronisch Erkrankter langfristig zu belastend?
Original Titel:
Is My Patient Overwhelmed?
MedWiss – Wenn Patienten von mehreren Erkrankungen betroffen sind und eventuell gleichzeitig noch Arbeit und Familie jonglieren, ist klar, dass Zeit und Energie für das eigene Krankheitsmanagement häufig knapp werden können. Forscher schätzten nun mit einer Studie die Belastung durch Behandlungen ein, die die Zeit und Energie von Patienten mit chronischen Erkrankungen über die Maßen fordern und somit nicht langfristig aufrecht zu erhalten sind. Demnach kann ein einfacher Fragebogen – oder eine simple Frage – einschätzen helfen, ob Patienten Gefahr laufen, durch ihre medizinischen Notwendigkeiten überfordert zu werden.
Chronische Erkrankungen fordern nicht nur eine kompetente medizinische Betreuung, sondern auch ein ausgeklügeltes Management durch die Betroffenen. Termine bei Therapie und Arzt, Sport- und Entspannungsprogramme, regelmäßige Einträge in Symptomtagebüchern und Medikationen, die teils zu unterschiedlichen Tageszeiten, mal vor, mal nach dem Essen, teils nur an bestimmten Wochentagen genommen werden sollen – das erfordert einigen Aufwand bei der Planung. Wenn Patienten von mehreren Erkrankungen betroffen sind und eventuell gleichzeitig noch Arbeit und Familie jonglieren, ist klar, dass die Zeit zum Krankheitsmanagement häufig knapp werden kann.
Ab wann wird das Gesundheits-Management zu belastend?
Forscher schätzten nun mit einer Studie die Belastung durch Behandlungen ein, die die Zeit und Energie von Patienten mit chronischen Erkrankungen über die Maßen fordern und somit nicht langfristig aufrecht zu erhalten sind.
Dazu ermittelten sie Daten zwischen Januar 2017 und Oktober 2018 von einer fortlaufenden digitalen Kohorte erwachsener Patienten mit chronischen Erkrankungen in Frankreich (community of patients for research, ComPaRe). Die Teilnehmer beantworteten Fragen des Fragebogens zu Belastung durch die Behandlung (treatment burden questionnaire, TBQ) und folgende Ja-/Nein-Frage: “Denken Sie an alle Dinge, die Sie tun, um für Ihre eigene Gesundheit zu sorgen. Denken Sie, Sie könnten Ihr Leben lang fortfahren, dieselbe Menge an Zeit, Energie und Geld in ihre Gesundheit zu investieren?” Darauf basierend definierten die Wissenschaftler den PASS-Wert (Patienten-akzeptabler Symptomstatus), der als die Belastung (dem TBQ-Wert) gesetzt wurde, unterhalb derer 75 % der Patienten angaben, eine tragbare, akzeptable Belastung zu haben.
Energie für das eigene Krankheitsmanagement mit dem Fragebogen abschätzen
Die Wissenschaftler analysierten Daten von 2413 Patienten. 1781 der Teilnehmer waren Frauen (73,8 %), 1248 (51,7 %) litten unter mehrere Erkrankungen. Das mittlere Alter (Median) lag bei 48 Jahren. Von diesen Patienten berichteten 38 % (917 von 2413), dass sie sich nicht imstande sahen, dasselbe Engagement im Sinne von Energie, Zeit und Geld für ihre Gesundheit für den Rest ihres Lebens aufzubringen. Der PASS-Wert für die Belastung durch den gesamten Therapieaufwand lag bei 39 % des Maximalwerts des TBQ, also dem TBQ-Wert = 59/150 (95 % Konfidenzintervall 52-64). Dreiviertel der Patienten fanden also Belastungen bis zu diesem Wert langfristig akzeptabel.
Grenzwert des langfristig Erträglichen: 39 % des maximalen TBQ-Werts
Demnach berichteten etwa 40 % der Patienten mit chronischen Erkrankungen, dass sie sich nicht in der Lage sahen, ihre aktuellen Aufwendungen an Energie, Zeit und Geld für ihre Gesundheit ein Leben lang aufzubieten. Mit dem PASS-Wert der Belastung durch die Behandlung bietet sich nun ein praktischer Messwert, mit dem einfacher eingeschätzt werden kann, ob Patienten Gefahr laufen, durch ihre medizinischen Notwendigkeiten überfordert zu werden. Auch für Betroffene bietet die simple Frage danach, ob der aktuelle Aufwand lebenslang akzeptabel scheint, einen guten Hinweis dafür, dass die aktuellen Belastungen und die gesundheitliche Perspektive mit dem behandelnden Arzt besprochen werden sollten – so könnte gemeinsam eine Lösung zur Verbesserung der Situation gefunden werden.
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