COVID-19 / Erkrankung

COVID-19: Autoantikörper an Lungenversagen beteiligt

Original Titel:
Pulmonary Surfactant Proteins are Inhibited by IgA Autoantibodies in Severe COVID-19

 
Kurz & fundiert
  • Schweres COVID-19 mit Lungenversagen: Kollaps von Lungenbläschen
  • Autoimmunreaktionen gegen stabilisierende Surfactant-Proteine?
  • Analyse von Gewebs- und Blutproben
  • IgG-Autoantikörper gegen Surfactant-Proteine bei schwerem COVID-19 erhöht
  • Werte nicht erhöht bei Influenza oder bakterieller Pneumonie
  • Autoantikörper: Oberflächenspannung erhöht, womöglich mit Folge von Lungenbläschen-Kollaps
  MedWiss – Surfactant-Proteine sind wesentlich für die Stabilität der Lungenbläschen und somit für die Atmung. Wissenschaftler zeigten nun, dass Patienten mit schwerem COVID-19 Autoimmunreaktionen gegen Lungen-Proteine wie die Surfactant-Proteine bildeten. Die Autoimmunreaktionen könnten zum Kollaps von Lungenbläschen und so zum Verlust der Lungenfunktion führen.
Eine Infektion mit dem neuen Coronavirus kann zur Erkrankung COVID-19 und zu akutem Lungenversagen führen. Hinter derart schweren Verläufen stecken nach aktuellem Verständnis meist deregulierte Immunreaktionen. Dabei könnten auch Autoimmunreaktionen eine Rolle spielen. So fand eine frühere Studie Ähnlichkeiten zwischen der Aminosäuren-Struktur des Spike-Proteins des Coronavirus SARS-CoV-2 und einigen menschlichen Proteinen, die die Oberfläche von Lungenbläschen bilden (Surfactant-Proteine). Surfactant-Proteine sind wesentlich für die Stabilität der Lungenbläschen und somit für die Atmung. Wissenschaftler untersuchten nun, ob Patienten mit schwerem COVID-19 Autoimmunreaktionen gegen Lungen-Proteine wie die Surfactant-Proteine bildeten und damit womöglich die Lungenfunktion beeinträchtigten.

Spielen Autoimmunreaktionen eine Rolle beim COVID-19-Lungenversagen?

In Zusammenarbeit mit Kliniken in Deutschland und der Schweiz sammelten die Wissenschaftler Proben von gesunden Personen, Patienten mit schwerem oder mildem COVID-19 sowie von Patienten mit anderen Erkrankungen wie Influenza (Grippe) oder bakterieller Lungenentzündung. Schweres COVID-19 wurde definiert als ein Verlauf, bei dem zusätzlicher Sauerstoffbedarf bestand. Aus den Gewebs- und Blutproben ermittelten die Wissenschaftler, ob Autoantikörper (Immunglobulin A, IgA) gegen Surfactant-Proteine der Lunge gebildet worden waren. Dies untersuchten sie beispielsweise mit Hilfe von Immunfluoreszenz-Verfahren und Messungen der Oberflächenspannung. 147 Blutproben, 9 Lungengewebsproben und 36 Bronchoalveolar-Lavage-Flüssigkeitsproben wurden analysiert. IgA-Autoantikörper gegen Surfactant-Proteine B und C der Lunge waren bei Patienten mit schwerem COVID-19 erhöht im Vergleich zu Patienten mit mildem COVID-19 oder im Vergleich zu gesunden Kontrollen. Bei Patienten mit Influenza oder bakterieller Lungenentzündung fanden sich ebenfalls keine derartigen erhöhten Antikörper-Werte. Plasma oder aufgereinigte IgA-Antikörper von Patienten mit schwerem COVID-19 erhöhten die Oberflächenspannung von Testmaterial deutlich. Die Antikörper könnten somit zu einem Kollaps der Lungenbläschen beitragen.

Autoantikörper gegen Oberflächenproteine von Lungenbläschen

Die Daten dieser Untersuchung legen nahe, dass bei schwerem COVID-19 Autoantikörper gegen Proteine des Lungengewebes gebildet werden. Diese Autoantikörper könnten eine wichtige Rolle beim Kollaps der Lungenbläschen spielen und somit zum Verlust der Lungenfunktion führen. [DOI: 10.1164/rccm.202201-0011OC]

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