Bluterkrankheit – Im Notfall ist schnelle Hilfe gefragt

Apotheken vor Ort haben Notfalldepots

Wer an der Bluterkrankheit leidet, weiß, dass er sich im Alltag möglichst nicht verletzen darf. In der Fachsprache heißt die Krankheit Hämophilie, und sie zeichnet sich durch einen meist erblichen Mangel an bestimmten Gerinnungsfaktoren aus. Das Blut gerinnt deutlich langsamer als bei Gesunden, erklärt die Apothekerkammer Niedersachsen. Vorsicht ist selbst bei kleinen Verletzungen geboten und manchmal treten Blutungen auch ganz spontan ohne Verletzung auf. Grundsätzlich können sich Wunden dank der intakten Blutplättchen zwar verschließen, jedoch brechen sie aufgrund der verzögerten Blutgerinnung immer wieder leicht auf. Dank moderner Therapien ist die Erkrankung heutzutage aber in der Regel gut beherrschbar. Damit Hämophilie-Patientinnen und -Patienten im Notfall schnell geholfen wird, sollten sie sich eine Stammapotheke suchen. Diese hält einen durchschnittlichen Wochenvorrat an Hämophilie-Arzneimitteln bereit, weiß die Apothekerkammer Niedersachen.

Für Patient:innen ist ein fast normales Leben möglich

Zwar ist Hämophilie noch nicht heilbar, aber durch die heute zur Verfügung stehenden Therapieoptionen gelingt es in der Regel, dass Patient:innen ein fast normales Leben führen können. Die Lebenserwartung unterscheidet sich nicht von der eines Gesunden. Kinder mit Hämophilie gehen ganz normal in die Kita und zur Schule. Auch bei der Auswahl von Ausbildung oder Studium gibt es kaum Einschränkungen. Durch die gute Versorgung mit Gerinnungsfaktoren steht den Betroffenen mittlerweile die Teilnahme an zahlreichen Sportarten offen. Zu vermeiden sind Sportarten mit hohem Verletzungsrisiko. Empfehlenswert ist Schwimmen.

Was tun bei einer akuten Blutung?

Hier hilft die Stammapotheke von Hämophilie-Patient:innen schnell und unkompliziert weiter. Deshalb ist es sehr empfehlenswert, sich frühzeitig mit einer „Apotheke des Vertrauens“ zu verständigen. Apotheken, die Hämophilie-Patient:innen betreuen, halten einen durchschnittlichen Wochenbedarf an den regelmäßig benötigten Arzneimitteln vorrätig. Es gibt auch Apotheken, die sich im Verband der Hämophilie-Apotheken e. V. zusammengeschlossen haben und im Internet zu finden sind (www.haemophilie-apotheken.de). Außerdem ist eine Hämophilie-Notfallzentrale mit zwei Notfalldepots in Hamburg und in Berlin an 365 Tagen im Jahr zu jeder Tages- und Nachtzeit über 0800-410 71 00 zu erreichen. So ist gesichert, dass Betroffene im Notfall ihre dringend benötigten Medikamente durch das Notfalldepot erhalten.

Wenn nach vorangegangenen Blutungen in Gelenken oder Muskeln Folgeschäden wie Arthrose oder Instabilitäten aufgetreten sind, helfen spezielle Trainings- und Bewegungsprogramme zur Stärkung der Muskulatur und der Gelenke. Linderung bringen auch lokale Kühlung, das Anlegen leichter Kompressionsbinden sowie schmerzlindernde, entzündungshemmende Medikamente aus der Apotheke vor Ort.

Hilfe bei der Steigerung der Lebensqualität

Die Stammapotheke pflegt im Sinne ihrer Patient:innen die enge Zusammenarbeit mit Zentren, Ärzten und Patientenverbänden. Sie hilft bei der Führung eines Tagebuchs und empfiehlt Maßnahmen wie Kühlung oder bestimmte Pflaster. Die Apothekerinnen und Apotheker weisen in individuellen Beratungsgesprächen auf Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten oder Nahrungsmitteln hin. Beispielsweise sollten Hämophilie-Patient:innen den schmerzstillenden Wirkstoff ASS meiden, da er die Blutungsneigung erhöht. Ähnliches gilt für Präparate mit Johanniskraut, Ginkgo oder Ingwer. Auch Ernährungstipps können Hämophilie-Patient:innen in der Apotheke vor Ort erhalten. Bei einer Erkältung empfehlen die Fachteams in der Apotheke geeignete Nasensprays und Schmerzmittel.

Verbesserungen für Patient:innen mit Langzeitbehandlung

Bei einer schweren Ausprägung der Hämophilie mussten bis in die jüngste Vergangenheit zumeist alle zwei Tage Gerinnungskonzentrate intravenös verabreicht werden, was besonders von Kindern als Belastung empfunden wurde. Inzwischen gibt es Präparate, die nur einmal pro Woche oder sogar „nur“ alle zwei bis drei Wochen gespritzt werden.

Der Apothekerkammer Niedersachsen gehören rund 7.800 Mitglieder an. Die Apothekerin und der Apotheker sind fachlich unabhängige Heilberufler:innen. Der Gesetzgeber hat den selbstständigen Apotheker:innen die sichere und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln übertragen. Der Beruf erfordert ein vierjähriges Pharmaziestudium an einer Universität und ein praktisches Jahr. Dabei erwerben die Studierenden Kenntnisse in pharmazeutischer Chemie und Biologie, Technologie, Pharmakologie, Toxikologie und Klinische Pharmazie. Nach dem Staatsexamen erhalten die Apotheker:innen eine Approbation. Nur mit dieser staatlichen Zulassung können sie eine öffentliche Apotheke führen. Als Spezialist:innen für Gesundheit und Prävention beraten die Apotheker:innen die zur Ausübung der Heilkunde berechtigten Personen kompetent und unabhängig über Arzneimittel und apothekenpflichtige Medizinprodukte. Apotheker:innen begleiten Patient:innen fachlich, unterstützen menschlich und helfen so, die Therapie im Alltag umzusetzen.