Weichenstellung: Die Veränderung des Transportweges des Glukagon-Rezeptors durch die Zelle verändert seine Signalwirkung
Helmholtz Munich Forscher identifizieren einen neuen Mechanismus, der die Glukagon-Rezeptor-Signalübertragung in der Leber durch dessen veränderte Lokalisation in der Zelle beeinflusst.
Eine Gruppe von Forscher:innen des Helmholtz Munich Instituts für Diabetes und Krebs (IDC) hat eine neue Strategie entwickelt, um die Signalübertragung des Glukagon-Rezeptors in der Leber zu verändern, indem sie dessen Transport in der Zelle beeinflussen. Glukagon ist ein Peptidhormon, welches für das Glukose-Gleichgewicht und somit für die Regulierung des Blutzuckerspiegels verantwortlich ist. Der neuartige Ansatz bietet ein therapeutisches Potenzial für die Behandlung von Typ-2-Diabetes, indem die Wirkung von Glukagon auf den Glukose- und Fettstoffwechsel entkoppelt wird.
Während Hungerperioden zirkuliert das Hormon Glukagon durch den Körper, um gespeicherte Glukose und Lipide (Fette) aus der Leber freizusetzen und ihren Abbau einzuleiten. Durch diesen Prozess wird Energie bereitgestellt. Ob und wie die Nutzung der beiden Energiequellen (Glukose und Lipide) unabhängig voneinander aktiviert werden kann, war bisher nicht bekannt. In einer Studie von Revathi Sekar, Karsten Motzler und ihren Kolleg:innen, wurde nun festgestellt, dass die Verminderung des Proteins Vps37a aus der Leber die Lokalisierung des Glukagon-Rezeptors in der Zelle verändert. Dadurch wird eine erhöhte Aktivierung des Glukose-Stoffwechsels an den intrazellulären Membranen ermöglicht, ohne Lipide zu beeinflussen.
Vps37a kontrolliert den Transport des Glukagon-Rezeptors in der Zelle
Die Leber ist das wichtigste Organ, welches für die Aufrechterhaltung eines ausgeglichenen Blutzuckerspiegels während des Fastens erforderlich ist. Induziert durch externe Signale – beispielsweise durch Glukagon – setzt sie gespeicherte Glukose frei und sorgt somit für ein Gleichgewicht. Bei Typ-2-Diabetes wird dieser Stoffwechselweg jedoch überaktiviert, was dazu führt, dass die Leber trotz eines bereits hohen Blutzuckerspiegels weiterhin Glukose produziert. Dieser Zustand wird als Hyperglykämie bezeichnet. Die pharmakologische Hemmung der Glukagon-Wirkung in der Leber hat sich jedoch als schwierig erwiesen, da Glukagon nicht nur die Glukose-Produktion reguliert, sondern auch den Fettabbau in der Leber verursacht. Die Blockierung der Glukagon-Wirkung hat daher als negative Nebenwirkung, dass sich Lipide in der Leber anhäufen. Das Forscherteam um PD Dr. Anja Zeigerer, Gruppenleiterin am IDC, hat nun eine neue Strategie gefunden, um die beiden Stoffwechselwege zu trennen. Das Team schaffte es, in den intrazellulären Transport und die Signalwege des Glukagon-Rezeptors einzugreifen und belebte somit den Glukagon-Antagonismus als potenzielle Behandlung für Typ-2-Diabetes wieder.
Bedarf an neuen Behandlungsmöglichkeiten
Die Anzahl an Adipositas Krankheitsfällen und dem damit verbundenem Typ-2-Diabetes nimmt stark zu. Da jedoch nicht alle Patient:innen gleichermaßen auf die bereits vorhandenen Therapien ansprechen, sind weitere Behandlungsmöglichkeiten erforderlich. Die Studie der Erstautoren Revathi Sekar und Karsten Motzler sowie ihrer Kolleg:innen erweitert den derzeitigen Behandlungshorizont, indem sie einen eleganten Weg zur effektiven Senkung des Blutzuckerspiegels durch die Hemmung von Glukagon aufzeigt, ohne lipidbedingte Nebenwirkungen auszulösen.
Original Publikation
Sekar, Motzler et al. (2022): Vps37a Regulates Hepatic Glucose Production by Controlling Glucagon Receptor Localization to Endosomes. Cell Metabolism. https://doi.org/10.1016/j.cmet.2022.09.022