Hohe Fehlerquote beim Inhalieren
Krankenkasse übernimmt Kosten für Inhalationsschulungen in der Apotheke vor Ort
Richtig zu inhalieren ist gar nicht so einfach. Knapp 80 Prozent der Patientinnen und Patienten machen unbewusst mindestens einen Fehler beim Inhalieren, weiß die Apothekerkammer Niedersachsen. Deshalb haben Kinder und Erwachsene, denen ein Inhalationsgerät verordnet wurde, einen gesetzlichen Anspruch auf eine Inhalationsschulung in ihrer Apotheke vor Ort. Die Inhalationsschulung ist eine pharmazeutische Dienstleistung, die seit dem 10. Juni 2022 von der Krankenkasse bezahlt wird.
Fehlerhafte Inhalation vermeiden
Wenn falsch inhaliert wird, wirkt das Medikament entweder eingeschränkt bis gar nicht oder es treten vermeidbare Nebenwirkungen auf. Die falsche Anwendung eines cortisonhaltigen Inhalators kann beispielsweise zu Mundpilz (Soor) führen. Das Problem: Die Patientinnen und Patienten merken gar nicht, dass sie falsch inhalieren. Durch eine Schulung lernen die Patienten ihren Inhalator richtig zu bedienen, damit der Wirkstoff des Arzneimittels in der korrekten Dosis dorthin gelangt, wo er gebraucht wird. So wird sichergestellt, dass die Therapie mit dem verordneten Medikament optimal gelingt. Ohne eine Schulung inhaliert nur einer von fünf Patienten fehlerfrei. Wird die Anwendung des eigenen Inhalationsgeräts ausführlich erklärt, sinkt die Fehlerquote auf unter 30 Prozent. Das hat eine Studie mit 757 erwachsenen Patienten ergeben.
Unterschiedliche Inhalationssysteme
Es gibt eine Vielzahl von Inhalationssystemen, die nicht immer leicht zu handhaben sind. Man unterscheidet unter anderem Dosieraerosole, Dosieraerosole mit Inhalierhilfe (Spacer) und atemzugsgesteuerte Pulverinhalatoren.
Die Krankenkasse bezahlt die Inhalationsschulung
Die Inhalationsschulung ist eine von fünf neuen pharmazeutischen Dienstleistungen, die viele Patientinnen und Patienten in ihren Apotheken erhalten und von den Krankenkassen übernommen werden. Ziel ist die Verbesserung der Patientenversorgung. Die Effizienz der individuellen Arzneimitteltherapie wird optimiert. Rechtliche Grundlage der pharmazeutischen Dienstleistungen ist das 2020 in Kraft getretene Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG).
Wer genau hat Anspruch auf diese Leistung?
Alle Personen ab sechs Jahren mit einer Neuverordnung eines Inhalationsgerätes (Device) beziehungsweise bei einem Geräte- oder Devicewechsel, haben einen Anspruch auf die Inhalationsschulung in der Apotheke vor Ort. Sowohl gesetzlich als auch privat Versicherte können die Schulung bekommen. Eine Wiederholung ist alle 12 Monate möglich, wenn laut Selbstauskunft in den vergangenen 12 Monaten keine Einweisung mit praktischer Übung stattgefunden hat und die Patienten nicht in das Disease Management Programm (DMP) Asthma und COPD eingeschrieben sind.
Ausführliche Schulung direkt am Inhalationsgerät
Wer ein Rezept für einen Inhalator in der Apotheke einlöst, hat auch bisher eine Beratung erhalten, um Fehler bei der Anwendung zu vermeiden. Die Inhalationsschulung als pharmazeutische Dienstleistung ist ausführlich und läuft standardisiert nach Checklisten ab. Ein neues Inhalationsgerät wird dem Patienten in der Handhabung und Durchführung der Inhalation ausführlich erklärt, entweder direkt mit dem neu erhaltenen Inhalator oder einem „Dummy“. Auch bei Patient:innen mit Inhalationserfahrung kann das pharmazeutische Personal in der Apotheke prüfen und dokumentieren, wie sie mit dem Inhalator zurechtkommen. Im Anschluss werden Anwendungsfehler besprochen. So erhalten der Patient oder die Patientin direkt ein Feedback und kann erneut üben, bis die Anwendung richtig klappt. Insgesamt dauert die Schulung ungefähr zehn Minuten. Ob die Patienten das Erlernte auf Dauer richtig anwenden, sollte regelmäßig kontrolliert werden.
Die korrekte Inhalation
Für die Inhalation muss das Gerät genau nach Bedienungsanleitung gehalten werden. Wichtig ist eine tiefe und möglichst ruhige, entspannte Atmung. Zur Vorbereitung der Inhalation atmet man langsam und entspannt aus, keinesfalls in den Inhalator. Bei Dosieraerosolen hält man das Mundstück nach unten. Der Kopf wird leicht nach hinten geneigt, die Einatmung erfolgt während des Sprühstoßes. Ist ein Spacer vorgesetzt, wird der Sprühstoß in diesen abgegeben und anschließend zügig inhaliert. Bei atemzuggesteuerten Pulverinhalatoren muss hingegen mit einem kräftigen Atemzug zügig inhaliert werden. Nach dem Einatmen sollte der Atem für fünf bis zehn Sekunden angehalten und anschließend langsam durch die Nase oder per Lippenbremse ausgeatmet werden. Ein Ausatmen in das Gerät sollte unbedingt vermieden werden.
Direkt nach der Inhalation
Nach der Inhalation wird das Mundstück von Speichelresten gesäubert. Um Mundpilz und Entzündungen zu vermeiden, sollten Patient:innen nach der Inhalation von Cortison jedes Mal den Mund ausspülen. Noch besser ist es, eine Kleinigkeit zu essen oder ein paar Schlucke zu trinken.
Der Apothekerkammer Niedersachsen gehören rund 7.800 Mitglieder an. Die Apothekerin und der Apotheker sind fachlich unabhängige Heilberufler:innen. Der Gesetzgeber hat den selbstständigen Apotheker:innen die sichere und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln übertragen. Der Beruf erfordert ein vierjähriges Pharmaziestudium an einer Universität und ein praktisches Jahr. Dabei erwerben die Studierenden Kenntnisse in pharmazeutischer Chemie und Biologie, Technologie, Pharmakologie, Toxikologie und Klinische Pharmazie. Nach dem Staatsexamen erhalten die Apotheker:innen eine Approbation. Nur mit dieser staatlichen Zulassung können sie eine öffentliche Apotheke führen. Als Spezialist:innen für Gesundheit und Prävention beraten die Apotheker:innen die zur Ausübung der Heilkunde berechtigten Personen kompetent und unabhängig über Arzneimittel und apothekenpflichtige Medizinprodukte. Apotheker:innen begleiten Patient:innen fachlich, unterstützen menschlich und helfen so, die Therapie im Alltag umzusetzen.