Keine Arzneimittel vom Nachbarn einnehmen
Arzneimittel sind ganz besondere Waren: Sie haben erwünschte, aber manchmal auch unerwünschte Wirkungen. Ein Arzneimittel, das für die Freundin hervorragend geeignet ist, kann einem selbst unter Umständen schaden, warnt Ursula Funke, Präsidentin der Landesapothekerkammer Hessen. Arzneimittel werden individuell vom Arzt verordnet oder in der Apotheke im Beratungsgespräch zwischen Patient und Apotheker ausgesucht und empfohlen. Dabei werden die Besonderheiten des einzelnen Menschen berücksichtigt.
Verbraucherschutz durch Haltbarkeitsdatum
Aus Verbraucherschutzgründen haben Arzneimittel ein Haltbarkeitsdatum. Nur bis zu dessen Ablauf haftet der pharmazeutische Unternehmer bei sachgerechter Lagerung für Wirksamkeit und Unbedenklichkeit. Ist dieses Datum überschritten, fällt zum einen die Haftung weg, zum anderen können Wirksamkeit und Verträglichkeit nicht mehr gewährleistet werden. Wenn ein Arzneimittel nicht sachgerecht gelagert wird, kann die Wirksamkeit bereits vor Ablauf des Haltbarkeitsdatums beeinträchtigt werden. Wirkstoffe können sich zersetzen, wenn ein kühl zu lagerndes Medikament nicht im Kühlschrank oder ein lichtempfindliches Präparat nicht vor Licht geschützt aufbewahrt wird.
Individuelle Lösungen
Mit Arzneimitteln muss besonders sorgsam und vorsichtig umgegangen werden. Jeder Patient benötigt das für ihn genau abgestimmte Arzneimittel. „Zwar haben wir derzeit in Deutschland ganz massive Lieferengpässe bei Arzneimitteln, aber ein Tausch in der Nachbarschaft, wie er vom Präsidenten der Bundesärztekammer empfohlen wird, ist aus heilberuflicher Sicht verantwortungslos und kann für den einzelnen Patienten gefährlich enden. Lassen Sie die Finger davon!“, appelliert Ursula Funke an die Patienten. In der Apotheke vor Ort wird eine Lösung gefunden, häufig in Absprache mit dem verordnenden Arzt. Ursula Funke fordert alle Erkrankten auf: „Vertrauen Sie Ihrer Apothekerin und Ihrem Apotheker, denn sie sind die Arzneimittelfachleute und helfen Ihnen auch in der derzeitigen Situation der Lieferengpässe.“
Fachleute für Arzneimittelsicherheit
Ursula Funke warnt: „Lassen Sie sich nicht verunsichern durch populistische „Empfehlungen“. Es geht um Ihre Gesundheit. Die Arzneimittelsicherheit gehört in die Hände von den Fachleuten, denen Sie vertrauen können. Damit Patienten gut geschützt sind, bestehen durch den Gesetzgeber hohe Anforderungen an Arzneimittel und an Apotheken – das ist gut und richtig!“
Apotheker verlangen ein Umdenken
Auf die Problematik der Lieferengpässe insbesondere durch die Verlagerung der Produktion nach Asien weisen die deutschen Apotheker schon seit vielen Jahren hin. Die Rabattverträge der Hersteller mit den Krankenkassen verschärfen die Situation. Der Eindruck drängt sich auf, dass für die Politik bisher nur der günstige Preis von Bedeutung ist. „Wir Apotheker verbringen tagtäglich Stunden, um diese Mangelwirtschaft zu verwalten und für jede Patientin und jeden Patienten – auch in Zusammenarbeit mit den Ärzten vor Ort – die bestmögliche Lösung zu finden. Ratschläge des Bundesärztekammerpräsidenten sind hanebüchen, sie helfen hier nicht, sondern schaden der Arzneimitteltherapiesicherheit und damit den Patienten“ erklärt Ursula Funke.